Petershagen (epd). Die Stadt Petershagen will bis zum Jahresende erste Forschungsergebnisse zur umstrittenen "Ahnenstätte Seelenfeld" vorlegen. Der Stadtrat habe die Historiker Thomas Lange und Karsten Wilke mit der Aufarbeitung von Geschichte und Gegenwart des privaten Friedhofs mit völkischen Wurzeln beauftragt, bestätigte eine Sprecherin der Kommune im Kreis Minden-Lübbecke am 9. Juli dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Projekt solle sowohl eine geschichtliche Einordnung des um 1930 errichteten Begräbnisplatzes liefern als auch eine aktuelle Bewertung der Ahnenstätte und ihres heutigen Trägervereins ermöglichen.
Der beim Dorf Seelenfeld nahe der Grenze von NRW zu Niedersachsen gelegene Privatfriedhof wurde von Anhängern der völkischen Ludendorff-Bewegung auf einem ehemaligen germanischen Hügelgräberfeld gegründet. Seit 1937 gehört die Anlage, auf der nach wie vor bestattet wird, dem "Ahnenstättenverein Niedersachsen". Ein Journalist hatte im Juni 2017 auf einem Mitgliedertreffen des Vereins auch den rechtsextremen Aktivisten Wolfram Schiedewitz ausgemacht und die Debatte über die Ahnenstätte ausgelöst.
Der freiberuflich tätige Historiker Lange aus Hille soll sich nach Angaben der Stadt Petershagen mit der Entstehungsgeschichte des Friedhofs und seiner Nutzung zur Zeit des Nationalsozialismus befassen. Er kenne sich mit der regionalen NS-Geschichte gut aus und sei unter anderem Gründungsmitglied des Vereins KZ-Gedenk- und Dokumentationstätte Porta Westfalica, sagte die Sprecherin. Wilke sei als Mitarbeiter der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Experte für die rechte Szene in Ostwestfalen-Lippe. Er solle die Ausrichtung der Ahnenstätte und ihres Trägervereins und deren Beziehungen zu anderen Organisationen von 1945 bis heute erforschen.
Recherchen des Journalisten Julian Feldmann zufolge sollen Vorstandsmitglieder der Ahnenstätte unter anderem Verbindungen zum laut Verfassungsschutz rechtsextremistischen "Bund für Gotterkenntnis" haben. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte "vereinzelte lose Kontakte" von Mitgliedern der Ahnenstätte und ihres Trägervereins "zu rechtsextremistischen, insbesondere völkischen und antisemitischen Organisationen und Einzelpersonen" bestätigt.
Auf der Grundlage der Forschungsergebnisse sollen später Handlungsempfehlungen für die Stadt Petershagen erarbeitet werden, hieß es. Kritiker hatten moniert, dass die Kommune die Ahnenstätte bisher in der Öffentlichkeit lediglich als "Friedhof der besonderen Art" dargestellt, dessen Wurzeln in der völkischen Bewegung aber nicht erwähnt habe.