Nordrhein-Westfalen ist bundesweit das erste Land, in dem die Gesamtzahl der Todesopfer der Pogromnacht der Nationalsozialisten vom 9. auf den 10. November 1938 ermittelt wird. Zusammen mit der Mahn- und Gedenkstätte in Düsseldorf lässt die NRW-Landeszentrale für politische Bildung nach Angaben vom 13. Juni derzeit in den rund 400 Städten und Gemeinden sowie den 31 Kreisen feststellen, wie viele Menschen in der Nacht umgebracht wurden, an den dabei erlittenen Verletzungen starben oder in den Selbstmord getrieben wurden. Möglicherweise könnte das Projekt nach seinem Abschluss auch auf andere Bundesländer oder aber sogar auf ganz Deutschland ausgedehnt werden.

Bislang haben sich erst rund 50 Prozent der angeschriebenen Stadt-, Gemeinde- oder Kreisarchive zurückgemeldet, sagte der Leiter der federführenden Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, Bastian Fleermann. "Fest steht aber schon jetzt, die Zahl der Mordopfer in der Pogromnacht auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes NRW ist deutlich größer als bislang angenommen", sagte die Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung, Maria Springenberg-Eich, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Alleine aus den bisher gemeldeten Städten und Gemeinden sowie den Unterlagen aus drei 1938 bestandenen Konzentrationslagern auf dem Gebiet des heutigen NRW geht laut Fleermann hervor, dass es 120 Tote gab. Die Zahl der damals reichsweit ermordeten jüdischen Menschen wird bislang auf etwa 400 geschätzt. "Diese Zahl ist viel zu untertrieben", sagte Fleermann. Er schätzt die Zahl der tatsächlichen Opfer der Pogromnacht, die lange auch als "Reichskristallnacht" bezeichnet wurde, auf 1.000 bis 1.500 Menschen, für das Gebiet des heuten Nordrhein-Westfalen auf mindestens 250.