Der Präsident des Bundesverbandes der Diakonie, Ulrich Lilie, sieht den "gravierenden Personalmangel" in der Kranken- und Altenpflege als Gefahr für die Fachkräfte und die Pflegebedürftigen. Es fehlten Zigtausende Pflegekräfte, sagte er am 5. März auf einer Fachtagung zum Leistungsdruck in der Sozialbranche in Eichstätt. Vor diesem Hintergrund sei die Ankündigung der künftigen Bundesregierung, 8.000 zusätzliche Pflegestellen schaffen zu wollen, nicht mehr als "ein Tropfen auf dem heißen Stein".

Die Personalnot bekommen die Beschäftigten nahezu täglich zu spüren, sagte der Chef des evangelischen Wohlfahrtsverbandes: Dienstpläne würden ständig umgeworfen, freie Tage könnten oft nicht genommen werden. "Ein eigentlich schöner Beruf verliert auf diese Weise an Attraktivität", sagte Lilie.

Burnout

Die Folgen seien dramatisch: In den Burnout-Statistiken stünden Pflegekräfte "ganz oben". In Studien werde aber auch ein "Cool-out" beschrieben - "ein Prozess der moralischen Desensibilisierung". Manche Pflegekräfte entwickelten einen unterkühlten Umgang mit Patienten und Pflegebedürftigen.

Die Beschäftigten reagierten auf ihre Überforderung und Überbeanspruchung mit Kündigungen. "Jede fünfte Pflegekraft steigt irgendwann aus dem Beruf aus", sagte Lilie. Auch gebe es besonders häufig den Versuch, durch einen Arbeitgeberwechsel die persönliche Situation zu verbessern. "Angesichts dieser Arbeitssituation darf sich niemand auf dem politischen Parkett an diesem Thema vorbeimogeln" erklärte der Diakoniepräsident.

Lilie sieht aber nicht nur die Politiker in der Pflicht, sondern auch die kirchlichen Einrichtungen. Klar sei, dass die Defizite nicht allein durch technische oder organisatorische Maßnahmen in den Betrieben aufgefangen werden könnten. Der Theologe und Verbandschef forderte, trotz der widrigen Umstände sollten in evangelischen Einrichtungen die "Menschlichkeit und das christliche Profil im Vordergrund stehen".