In Brandenburg ist der erste Flächentarifvertrag für die Sozialwirtschaft abgeschlossen worden. Das Vertragswerk der Paritätischen Tarifgemeinschaft als Arbeitgeberverband und der Gewerkschaft Verdi bringe für die betroffenen Beschäftigten deutliche Verbesserungen und sofortige Entgelterhöhungen im dreistelligen Bereich, sagte Verdi-Verhandlungsführer Ralf Franke am 21. Februar bei der Vorstellung des Vertragswerks in Potsdam. Die Monatsentgelte der Beschäftigten, darunter überwiegend Frauen, stiegen zum Teil um mehrere hundert Euro.

Der Tarifvertrag gelte rückwirkend ab Jahresbeginn für zunächst rund 2.000 Beschäftigte bei vier Sozialträgern in Bernau, Senftenberg, Spremberg und Teltow, hieß es. Geplant sei zudem, dass nach Abschluss der noch laufenden Pflegesatzverhandlungen auch der brandenburgische Landesverband der Volkssolidarität sowie weitere Unternehmen und Verbände der Volkssolidarität in die Tarifbindung eintreten. Damit könne der Tarifvertrag bis zum Jahresende für mindestens 4.000 Beschäftigte verbindlich werden, sagte Sebastian Jeschke, Verhandlungsführer der Arbeitgeber.

Der Tarifvertrag wurde den Angaben zufolge nach 21 Monaten Verhandlungen mit 17 Verhandlungsrunden abgeschlossen und läuft bis mindestens Ende 2020. Er gilt unter anderem für die Pflege, die Behindertenbetreuung, Kita-Personal und Sozialarbeiter in der Kinder- und Jugendhilfe bei den beteiligten Sozialträgern. Die Entgelte für Kita-Erzieherinnen in Vollzeit liegen damit jetzt je nach Beschäftigungszeit zwischen rund 2.600 und rund 3.600 Euro brutto im Monat, für Pflegefachkräfte zwischen rund 2.500 und gut 3.000 Euro und für Pflegehelfer zwischen knapp 2.000 und knapp 2.500 Euro brutto im Monat.

Die Entgelte werden laut Tarifvertrag zum Januar 2020 um 3,29 Prozent, in der Kinder- und Jugendhilfe und im Kita-Bereich um mindestens 3,02 Prozent erhöht. Die Arbeitszeit wird auf durchschnittlich 40 Stunden in der Woche festgelegt sowie ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Tagen und ein Weihnachtsgeld in Höhe von 65 Prozent eines Monatsentgelts eingeführt.

Ziel sei, möglichst viele weitere Sozialträger bei paritätischen Landesverbänden dazu zu bringen, sich an dem Tarifwerk zu beteiligen, sagte Jeschke. Vorbild sei Sachsen-Anhalt. Dort gelte bereits seit vielen Jahren ein entsprechender Flächentarifvertrag, der zum "Leitwerk für die Sozialwirtschaft" im Bundesland geworden sei. Dass sich in Brandenburg zunächst nur wenige Anbieter beteiligen, liege daran, dass die Sozialträger zunächst die Refinanzierung der mit dem Tarifwerk steigenden Ausgaben durch die Kostenträger wie Krankenkassen durchsetzen müssten, betonte Jeschke: "Das ist der große Pferdefuß." Das Verfahren bis zu einer abschließenden Entscheidung über die Kostenerstattung könne sich mitunter Jahre hinziehen.

Der Tarifvertrag gelte zwar zunächst nur für rund zehn Prozent der etwa 20.000 Beschäftigten von mehr als 300 unabhängigen Sozialträgern im brandenburgischen Landesverband des Paritätischen, sagte der Vorstandsvorsitzende Andreas Kaczynski. Dies sei jedoch "für den Einstieg in die Tarifbindung ein sehr gutes Ergebnis". Damit liege nun ein Tarifwerk für die Sozialwirtschaft vor, das "in Brandenburg Maßstäbe setzt".

In der freien Wohlfahrtspflege, zu der unter anderem auch die evangelische Diakonie und die katholische Caritas gehören, seien in Brandenburg knapp 70.000 Menschen beschäftigt, sagte Kaczynski. Hinzu kämen zahlreiche Beschäftigte privater Anbieter. Ein allgemeinverbindlicher Pflege-Tarifvertrag, der Mindeststandards für die gesamte Pflegebranche festschreiben würde, sei in Brandenburg weiter nicht in Sicht. Hintergrund seien vor allem Widerstände der privaten Pflege-Anbieter.