Dem Entwurf eines überarbeiteten Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen hat die rot-rot-grüne Landesregierung am 19. Februar zugestimmt. Damit sei ein weiterer großer Schritt auf dem Weg zu einer gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben gelungen, sagte Sozialministerin Heike Werner (Linke) nach der Kabinettssitzung. Die Regelungen, die sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergeben, würden nun auf Landesebene umgesetzt. Der Gesetzentwurf werde dem Landtag zur weiteren Beratung zugeleitet, so die Ministerin.

Als Neuerungen führte sie die Streichung des Finanzvorbehalts für die Kommunen an, die sich so - etwa mit dem Hinweis auf die schlechte Kassenlage - der Erfüllung der Verpflichtungen nach dem bisherigen Gesetz entziehen konnten. Mit 700.000 Euro im Jahr will die Sozialministerin nun Anreize dafür setzen, dass auf kommunaler Ebene mehr hauptamtliche Behindertenbeauftragte beschäftigt werden.

Zudem gelte mit der Annahme des neuen Gesetzestextes eine Berichtspflicht über den Stand der Barrierefreiheit öffentlich genutzter Gebäude. Der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen soll nicht mehr durch den Ministerpräsidenten berufen, sondern in geheimer Wahl im Landtag gewählt werden. Nicht zuletzt würden die Rechte der Menschen mit Behinderungen und ihrer Selbstbetroffenenverbände im Landesbeirat gestärkt, dem zum Beispiel die kommunalen Spitzenverbände oder die Landesregierung nur noch mit beratender Stimme angehören sollen. Auch werde ein Verbandsklagerecht eingeführt, kündigte Werner an.

Sie räumte einen langen zeitlichen Anlauf für das Gesetzesvorhaben ein. Die UN-Behindertenrechtskonvention war bereits 2006 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen beschlossen und 2009 von Deutschland ratifiziert worden. Das habe zum einen daran gelegen, dass sich die Vorgängerregierung aus CDU und SPD nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen konnte, erklärte die Linken-Politikerin. Ein erster Arbeitsentwurf der Gesetzesnovelle sei von Rot-Rot-Grün an 72 Vereine, Verbände und Institutionen von Menschen mit Behinderungen und die Träger der öffentlichen Verwaltung verschickt worden. Über deren Antworten mit Anregungen und Vorschlägen seien dann noch einmal zwei Jahre ins Land gegangen.

In Thüringen ist aus Sicht des Sozialministeriums derzeit von etwa 380.000 Menschen mit amtlich festgestellten Behinderungen auszugehen. Davon lebten ungefähr 229.100 schwerbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von 50 bis 100 Prozent und weitere 150.900 mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 20 bis 40 Prozent (Stand 2018), so die Landesbehörde.