Der Leiter der Leipziger Stasi-Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke", Tobias Hollitzer, warnt vor einer thematischen Beliebigkeit des Leipziger Lichtfestes. Mit Blick auf das 30. Jubiläum der friedlichen Revolution in diesem Jahr sagte der frühere DDR-Bürgerrechtler dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Ich kann nicht alles, was irgendwie mit Demokratie oder demokratischem Zusammenleben zu tun hat, in das Lichtfest und in die Erinnerung an die friedliche Revolution packen." In Leipzig wird seit einigen Jahren um die thematische Ausrichtung der zentralen Gedenkveranstaltung am 9. Oktober gestritten.

Das Lichtfest erinnert seit 2009 im Verbund mit einem Friedensgebet und einer Rede zur Demokratie alljährlich an die entscheidende Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989. Damals zogen von der Leipziger Nikolaikirche aus mehr als 70.000 Menschen über den Innenstadtring und protestierten friedlich gegen das SED-Regime. Das Datum gilt als wichtige Wegmarke der friedlichen Revolution. Wenige Wochen später fiel die Mauer.

Kritiker haben zuletzt wiederholt eine thematische Überfrachtung des Festes und eine Verwässerung durch Bezüge zu aktuellen politischen Themen kritisiert. Dazu sagte Hollitzer dem epd: "Wir müssen nicht die Weltwirtschaft auf den Augustusplatz holen und auch nicht die Verantwortung für die ehemaligen Kolonialgebiete." Das seien "alles wichtige Dinge, über die wir nachdenken sollten, keine Frage. Aber nicht an diesem Tag und an diesem Ort", erklärte Hollitzer.

"Es geht um die Einmaligkeit des Ereignisses"

Auch dürfe man den 9. Oktober nicht zum Anlass nehmen, "um aktuelle politische Botschaften unters Volk zu bringen oder die Ereignisse von vor 30 Jahren ins Heute zu ziehen", sagte Hollitzer weiter. Wenn zum Beispiel "Legida"-Gegendemonstranten bei Sitzblockaden argumentierten, sie machten doch heute dasselbe wie die Demonstranten von 1989 und gingen auf die Straße, obwohl der Staat dies verboten habe, "dann ist bei der Vermittlung der Ereignisse von damals irgendetwas ganz grundsätzlich schiefgelaufen", sagte Hollitzer.

Es sei ein "riesengroßer Unterschied", ob sich jemand teilweise unter Inkaufnahme von Gefahren für die eigene Gesundheit und Biografie gegen eine Diktatur und für Demokratie einsetze, oder ob er heute "die damals erstrittene Freiheit und die demokratischen Grundrechte" nutze, fügte Hollitzer hinzu. Beim Erinnern müsse daher das Geschehen aus dem Herbst 1989 weiter klar im Fokus stehen: "Es geht um die Einmaligkeit des Ereignisses der friedlichen Revolution. Es geht darum, sich immer wieder deutlich zu machen, was damals, friedlich, möglich gewesen ist."