Zum weltweiten Tag der Pressefreiheit an diesem Donnerstag haben Verbände zur Freilassung inhaftierter Journalisten und Autoren in der Türkei aufgerufen. Trotz der Haftentlassung von Asli Erdogan und Deniz Yücel habe sich die Situation für Kultur- und Medienschaffende nicht verbessert, erklärten der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, das PEN-Zentrum Deutschland und "Reporter ohne Grenzen" am 2. Mai in Frankfurt. Die Meinungsfreiheit sei nach wir vor akut bedroht, wie zahlreiche neue Inhaftierungen und Urteile zeigten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte: "Die Pressefreiheit in der Türkei liegt seit fast zwei Jahren in Ketten."

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) wies unterdessen auf Einschränkungen für Journalisten in Ländern der EU hin und forderte die europäischen Regierungen zur Achtung der Pressefreiheit auf. In der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit der Organisation "Reporter ohne Grenzen" hätten sich einige EU-Mitgliedstaaten teilweise gravierend verschlechtert, erklärte Grütters am Mittwoch in Berlin: "Das erfüllt mich mit tiefer Sorge." Ähnlich besorgt äußerte sich die Deutsche Unesco-Kommission über die Entwicklung in der EU.

In der Türkei seien massive und unrechtmäßige Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit seit Ausrufung des Ausnahmezustands im Juli 2016 an der Tagesordnung, sagte Amnesty-Expertin Janine Uhlmannsiek am Mittwoch. Mehr als 180 Medienhäuser habe die Regierung schließen lassen, mehr als 120 Journalistinnen und Journalisten befänden sich in Haft und Tausende Medienschaffende hätten ihren Job verloren.

Der Börsenverein sowie die Schriftsteller- und Journalistenvereinigungen verwiesen in diesem Zusammenhang unter anderem auf die teils langen Haftstrafen für Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet", die erst in der vergangenen Woche "auf Basis haltloser Vorwürfe" ergangen seien, sowie auf den Haftbefehl gegen den deutsch-türkischen Mitarbeiter der linken Nachrichtenagentur Etha, Adil Demirci. Die Anklagen gegen die deutschen Journalisten Deniz Yücel und Mesale Tolu bestünden weiter, hieß es. Viele wichtige Vertreter der türkischen Kulturszene seien in Haft, wie etwa der Verleger und Förderer zivilgesellschaftlicher Initiativen Osman Kavala, aber auch der Ehrenvorsitzende von Amnesty International in der Türkei, Taner Kilic.

Auch in anderen Teilen der Welt sei die Meinungs,- Presse- und Informationsfreiheit eingeschränkt, etwa in China, Saudi-Arabien, Ägypten oder auch in Ungarn und Polen, erklärten die Verbände. Sie forderten die Bundesregierung und die EU-Kommission auf, sich stärker für Opfer staatlicher Willkür einzusetzen und konsequent Position zu beziehen, für die "Freiheit des Wortes": "Sie ist ein Menschenrecht und nicht verhandelbar."

Grütters erklärte, die Freiheit kritischer öffentlicher Stimmen sei ein sicherer Gradmesser für den Zustand einer Demokratie. Jede Regierung, die sich der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verpflichte, müsse "alles für einen freien und unabhängigen Journalismus tun, um glaubwürdig zu sein", sagte die Kulturstaatsministerin. Dazu gehöre, die Staatsferne der Medien zu respektieren sowie ihre publizistische Unabhängigkeit und gute Arbeitsbedingungen von Journalisten zu gewährleisten.

Nach Analysen von "Reporter ohne Grenzen" hat sich die Pressefreiheit im vergangenen Jahr im weltweiten Vergleich in Europa am gravierendsten verschlechtert. Journalisten seien dort zunehmend medienfeindlicher Hetze durch Regierungen oder führende Politiker ausgesetzt, hieß es vergangene Woche bei der Vorstellung der Rangliste der Pressefreiheit Als Beispiele wurden Serbien, Malta, Tschechien und die Slowakei genannt. Auch in Ungarn und Polen betrachtet die Organisation die Lage mit Sorge.

Das Vorstandmitglied der deutschen Unesco-Kommission, Wolfgang Schulz, erklärte, Machtverschiebungen könnten die Pressefreiheit auch in Ländern bedrohen, in denen sie eigentlich verfassungsrechtlich garantiert sei. Dies sei auch innerhalb der EU zu beobachten und sei "eine gefährliche Entwicklung für die Demokratie in unserer Staatengemeinschaft".