Berlin (epd). Von besserer Planung bis hin zur Rücksicht auf die örtliche Kultur: Die Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan“ gibt in ihrem Abschlussbericht zahlreiche Empfehlungen, damit Auslandseinsätze der Bundeswehr künftig erfolgreicher sind. Es bedürfe „einer ausformulierten Strategie, die klare, überprüfbare und realistische Ziele benennt“, heißt es in dem am 27. Januar in Berlin veröffentlichten Dokument.

Dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan von Anfang 2002 bis Mitte 2021 stellt die Kommission ein vernichtendes Zeugnis aus: Deutschland und seine internationalen Partner seien „in Afghanistan strategisch gescheitert“. Unter anderem habe eine „realistisch umsetzbare kohärente Strategie“ gefehlt, es habe zu wenig Personal gegeben, die Absprachen seien unzureichend gewesen.

Grünen-Obfrau: Empfehlungen „nur der Anfang“

Für ein erfolgreiches Auslandsengagement seien „eine fortlaufende Abstimmung und Kooperation auf nationaler Ebene zwischen den Ressorts und dem Parlament, aber auch auf internationaler Ebene“ wesentlich, heißt es im Abschlussbericht. Die Einsätze sollten zudem von einer klaren Kommunikation der Bundesregierung an die deutsche Öffentlichkeit begleitet werden.

Wie schon in ihrem Zwischenbericht kritisiert die Kommission auch in ihrem Abschlussdokument unzureichende Kenntnisse der deutschen Stellen über die Verhältnisse in Afghanistan. „Die mangelnde Einbeziehung von lokalen Gegebenheiten“ habe zur Konfliktverschärfung beigetragen. „Um ein solches Risiko künftig signifikant zu senken, sind kulturelle Sensibilität und ein informiertes Konfliktverständnis von Anbeginn für das Handeln vor Ort erforderlich.“

Die SPD-Obfrau in der Kommission, Derya Türk-Nachbaur, erklärte, nachhaltiger Frieden entstehe, „wenn die Menschen vor Ort einbezogen werden, Diplomatie und Hilfsorganisationen Hand in Hand arbeiten und wir die Realitäten des Landes respektieren“. Grünen-Obfrau Schahina Gambir (Grüne) erklärte, die Empfehlungen seien „nur der Anfang. Jetzt gilt es, sie in konkrete Politik zu übersetzen.“ Gambir fügte hinzu: „So wie wir in Afghanistan gescheitert sind, dürfen wir nie wieder scheitern.“

Bericht: Auch künftig Verantwortung übernehmen

Insgesamt enthält der Abschlussbericht 72 Empfehlungen. Dabei macht die Kommission deutlich, dass ein Rückzug Deutschlands aus dem internationalen Engagement keine Alternative sei: „Nach Einschätzung der Enquete-Kommission sollte neben der Landes- und Bündnisverteidigung auch die Beteiligung an möglichen künftigen internationalen Einsätzen weiter hohe Bedeutung haben“, heißt es in dem Bericht. „Die internationale Staatengemeinschaft erwartet von Deutschland, auch künftig Verantwortung zu übernehmen.“

Die Kommission war aufgrund des Auseinanderbrechens der Ampel-Regierung unter Zeitdruck geraten und musste ihre Arbeit schneller als geplant abschließen. Dem im Sommer 2022 vom Bundestag eingesetzten Gremium gehörten elf Abgeordnete und ebenso viele Sachverständige an. Sie befragten Experten und frühere Verantwortungsträger aus Bundesregierungen und Bundeswehr. Mit den Vorgängen rund um den Bundeswehr-Abzug im Sommer 2021 befasst sich ein Untersuchungsausschuss des Bundestags.