Paris, Berlin (epd). Die Industrieländer haben im vergangenen Jahr so viel Geld für die öffentliche Entwicklungshilfe ausgegeben wie nie zuvor. Wie die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am 11. April in Paris mitteilte, stieg die Entwicklungshilfe der Geberländer im Jahr 2023 auf 223,7 Milliarden US-Dollar. 2022 lag die Summe bei 211 Milliarden US-Dollar.

OECD-Generalsekretär Mathias Cormann zufolge lagen die internationalen Entwicklungsgelder damit fünf Jahre in Folge auf einem Rekordhoch. Den erneuten Anstieg führt die Organisation auf die stark gestiegene Entwicklungshilfe für die Ukraine seit dem russischen Angriffskrieg sowie mehr Ausgaben für die humanitäre Unterstützung für Entwicklungsländer zurück.

Insgesamt entsprach die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) rund 0,37 Prozent des Bruttonationaleinkommens der Geberländer. Damit wurde das UN-Ziel, mindestens 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, abermals weit verfehlt.

Flüchtlingshilfe im Inland wird mitgezählt

Norwegen, Luxemburg, Schweden, Dänemark und Deutschland erreichten das sogenannte 0,7-Prozent-Ziel laut den vorläufigen Daten der OECD. Deutschland schaffte dies mit einem Anteil von 0,79 Prozent zum fünften Mal. Allerdings erreichte Deutschland das Ziel in der Vergangenheit häufig nur, weil die Flüchtlingshilfe im Inland mitgezählt werden darf.

Die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland machen dem Bundesentwicklungsministerium (BMZ) zufolge knapp 20 Prozent der deutschen Gelder aus. Nach Abzug der Flüchtlingshilfe im Inland läge die ODA-Quote für 2023 nach Angaben des BMZ bei 0,64 Prozent.

Oxfam bezeichnete diese Aufstellung als einen „Rechentrick“. Aufgrund der hohen eingerechneten Ausgaben für Flüchtlinge im eigenen Land sei Deutschland „der größte Einzelempfänger seiner eigenen Leistungen“, kritisierte die Entwicklungsorganisation. Oxfam warnte vor weiteren Kürzungen im deutschen Entwicklungsetat.

Deutschland weltweit zweitgrößtes Geberland

Insgesamt hat sich Deutschland 2023 nach Angaben des BMZ 33,9 Milliarden Euro als ODA-Ausgaben anrechnen lassen. Rund 37 Prozent dieser Mittel kamen aus dem Haushalt des Bundesentwicklungsministeriums. Auch aus den Etats des Auswärtigen Amtes (13 Prozent), des Bundeswirtschaftsministeriums (2 Prozent) und anderer Ministerien fließen Gelder in die deutsche ODA.

In absoluten Zahlen blieb Deutschland nach den USA der zweitgrößte Geber, gefolgt von Japan, Großbritannien und Frankreich. Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, die 0,79 Prozent seien zwar viel Geld, aber auch eine „kluge Investition in die Zukunft“ für ein Land, das 50 Prozent seiner Wirtschaftsleistung mit dem Export verdiene. Die schwierige Weltlage erfordere derzeit mehr, nicht weniger internationale Zusammenarbeit, betonte Schulze.

In die ODA-Quote eingerechnet werden öffentliche Gelder, die für die Unterstützung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung armer Länder ausgegeben werden - und in dem Zusammenhang auch an internationale Organisationen fließen können.