Nordhorn (epd). Sein Markenzeichen war das ruhige und bedächtige Auftreten mit nahezu druckreif gesprochenen Sätzen. Der ehemalige Landessuperintendent der Evangelisch-reformierten Kirche, Walter Herrenbrück, verstand sich selbst als „Lotse und Vermittler“. 17 Jahre war der in Leer geborene Ostfriese leitender Theologe seiner Kirche. Am 19. November ist Herrenbrück im Alter von 82 Jahren in seiner Wahlheimat Nordhorn in der niedersächsischen Grafschaft Bentheim gestorben.

Theologie studierte Herrenbrück in Heidelberg, Bonn und Göttingen. Nach seiner Zeit als Gemeindepastor in Uelsen (Grafschaft Bentheim) war er Studiendirektor im Predigerseminar Wuppertal-Elberfeld und prägte als theologischer Lehrer eine ganze Generation von Pastorinnen und Pastoren. Seit November 1987 und bis April 2004 stand er an der Spitze der reformierten Kirche mit ihren 143 Gemeinden zwischen Ostfriesland und dem Allgäu, zu denen heute 165.000 Mitglieder zählen. Und das mit Tradition: Von 1951 bis 1963 hatte schon einmal ein Walter Herrenbrück das Amt inne - sein Vater.

Humorvoll und bescheiden

Herrenbrück sei ein warmherziger Zuhörer und kluger Ratgeber gewesen, dabei humorvoll, feinsinnig und bescheiden, würdigte die reformierte Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden den Theologen. Auch wenn es gerade diese noble wie verbindliche Art war, die ihm innerhalb und außerhalb der reformierten Kirche Respekt und Dankbarkeit einbrachte - Herrenbrück ging einem notwendigen Streit nicht aus dem Weg. „Das macht mir Spaß. Nicht nachgeben und trotzdem Probleme im Dialog lösen“, sagte er kurz vor seinem Ruhestand im April 2004.

Tatsächlich gab es viele Diskussionen in einer Zeit, die schon damals von Umbrüchen geprägt war. So war Herrenbrück der letzte Landessuperintendent seiner Kirche. Im Zuge einer Kirchenreform wurde das Amt abgeschafft. Der leitende Theologe oder die leitende Theologin heißt seither Kirchenpräsident oder Kirchenpräsidentin und hat mehr Kompetenzen.

Seine Qualitäten als Lotse und Vermittler bewies Herrenbrück in Gesprächen mit den Gemeinden, in der Kirchenleitung, in zahlreichen Gremien und nicht zuletzt im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), dem er von 1994 bis 2003 angehörte. Dort war er Beauftragter für Kriegsdienstverweigerung und Zivildienst. Erst 2012 gab er sein letztes Ehrenamt als Vorsitzender der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) ab, das er seit 2006 innehatte.

„Engagierter, friedensbewegter Mensch“

„Er war ein begnadeter Brückenbauer, ein engagierter friedensbewegter Mensch“, sagt der Bremer Günter Knebel, der lange Zeit Geschäftsführer der EAK gewesen ist. Herrenbrück sei „nie laut, aber auch nicht still, sondern immer konstruktiv wegweisend“ gewesen: „Erinnern an Kriegsgefahr und die Notwendigkeit, zu deren Abwehr Strukturen für wirksame Friedensarbeit aufzubauen, das hatte sich Walter Herrenbrück zur Ruhestandsaufgabe gemacht.“

Zum Streiten gehört das Zuhören: Herrenbrück war in Gesprächen wie im Privaten ein leidenschaftlicher Zuhörer. Das galt für Menschen genauso wie für die Musik. Jüngere werden wohl mit der Technik nichts mehr anfangen können, aber die Älteren wissen noch, was ein „Walkman“ ist, den Herrenbrück oft bei sich hatte und auf dem er gerne Kassetten mit Werken von Johann Sebastian Bach einlegte. Und auch sonst blieb er im Ruhestand aktiv, beispielsweise auf Radtouren - im Kreise seiner Familie mit seiner Frau, seinen Kindern und Enkelkindern.