Frankfurt a.M. (epd). Unter dem Druck der Corona-Pandemie wurden die Impfstoffe innerhalb weniger Monate entwickelt. Fast genauso schnell kursierten Gerüchte, die Impfungen machten unfruchtbar oder veränderten das Erbgut. Auch unter Migranten und Geflüchteten sind solche Falschinformationen verbreitet, sagt Katharina Küsgen, die beide Gruppen als Sozialarbeiterin für das Diakoniewerk Gelsenkirchen und Wattenscheid betreut. „Wie in der Allgemeinbevölkerung sind auch da die wildesten Gerüchte im Umlauf.“ Nur sei es für Migranten und Geflüchtete, die nicht gut Deutsch sprechen, schwieriger, an seriöse Informationen zu gelangen.

Dieser Informationsmangel führt dazu, dass ein Großteil von ihnen verunsichert ist. „Wir nehmen eine gewisse Impfskepsis wahr, die aber bei uns allen zu irgendeinem Zeitpunkt da war, weil die Entwicklung der Impfstoffe für unser Verständnis ja auch sehr schnell ging“, sagt Küsgen. Eine fehlende Impfbereitschaft sieht sie bei der Mehrheit der Migranten und Geflüchteten nicht. Wenn sie mit ihnen über die Impfungen spreche und dabei auch erzähle, dass sie selbst schon geimpft ist, könne sie die meisten Sorgen ausräumen.

Sprachbarrieren

Auch Peggy Patzig, die ein Migrationsberatungszentrum der Caritas in Berlin leitet, zeigt sich optimistisch. Sie geht davon aus, dass sich der Großteil der Migranten impfen lassen wird, sobald sie dazu die Möglichkeit bekommen. Wann immer ihre Mitarbeitenden die Männer und Frauen auf die Impfungen angesprochen haben, hätten sich diese impfbereit gezeigt. Erst kürzlich seien Migranten in die Beratungsstelle in Marzahn-Hellersdorf gekommen, um zu fragen, wo sie sich schon jetzt impfen lassen könnten. In den Medien ihrer Herkunftsländer hätten sie gehört, dass sich in Deutschland jeder impfen lassen kann, schildert Patzig.

Der Zugang zu Informationen zum Thema Corona und Impfungen sei für Menschen mit Sprachbarrieren problematisch. Migranten und Geflüchtete informieren sich laut Patzig größtenteils über soziale Medien und Nachrichtenkanäle aus ihren Herkunftsländern. Zum Teil gebe es dort aber noch keine Impfangebote und keine Informationen zur Aufklärung, sagt Timmo Scherenberg vom hessischen Flüchtlingsrat. Experten forderten unlängst, sich in speziellen Impfkampagnen gezielt an Menschen mit Einwanderergeschichte und Fluchterfahrung zu richten. Doch wie müssen die aussehen?

Die Bundesregierung setzt unter anderem auf soziale Medien und fremdsprachige Radiosender. Wie Integrationsstaatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) mitteilte, sollen die Impf-Regelungen zielgruppengerecht in 23 Sprachen verbreitet werden.

Kampf gegen Gerüchte

In Bremen schickt der Senat seit März Fachkräfte in Stadtviertel, in denen der Anteil von Migranten und Geflüchteten überdurchschnittlich hoch ist. Von den elf Fachkräften haben acht selbst Einwanderergeschichte. Sie informieren die Anwohner über Impfungen, Quarantänemaßnahmen und Testungen auf Bulgarisch, Englisch, Russisch, Türkisch und dem in Ghana gesprochenen Twi. In Bremerhaven weisen Imame in Predigten auf das Impfangebot hin, wie die Stadt mitteilte.

Auch die Sozialeinrichtungen, in denen Küsgen und Patzig arbeiten, sind gute Möglichkeiten, niederschwellig über die Impfungen zu informieren. Beide Frauen redeten ohnehin in den Beratungsgesprächen immer auch über Corona und dabei auch gegen Gerüchte an. „Uns kommt eine Brücken- oder Vermittlerfunktion zu“, sagt Küsgen. Sie wünscht sich, dass auch prominente Fußballspieler mit Migrationshintergrund wie Leroy Sané oder Ilkay Gündogan fürs Impfen werben. „Denen glaubt man, denen vertraut man und dann macht man das.“