Kirchentag

Kirchentag endet mit Aufruf zu Veränderung




Abschlussgottesdienst auf dem Hauptmarkt
epd-bild/Tim Wegner
Klimakrise, Krieg, Demokratie unter Druck: Mit dem Aufruf, sich mutig und zuversichtlich den aktuellen Herausforderungen zu stellen, ist am Sonntag der evangelische Kirchentag zu Ende gegangen. "Nicht warten, sondern machen", hieß es zum Abschluss.

Nürnberg (epd). Mit Appellen zu mehr Mut für Veränderungen angesichts der aktuellen Krisen ist am Sonntag der evangelische Kirchentag in Nürnberg zu Ende gegangen. „Nicht warten, sondern machen“, sagte Kirchentagspräsident Thomas de Maizière im Abschlussgottesdienst auf dem Nürnberger Hauptmarkt. Der Pastor Quinton Ceasar forderte in seiner Predigt mehr Engagement gegen Klimawandel und Rassismus sowie für gesellschaftlichen Zusammenhalt.

25.000 Menschen kamen nach Angaben des Kirchentags bei sonnigem Wetter in die Nürnberger Altstadt, um einen der beiden Abschlussgottesdienste zu besuchen. Insgesamt wurden für das fünftägige Protestantentreffen nach Angaben der Veranstalter 70.000 Tages- und Dauerkarten verkauft.

„Leben in Zeiten erschütterter Gewissheiten“

Das waren weniger Teilnehmer als bei den Großtreffen vor der Corona-Pandemie. Dennoch zeigten sich die Veranstalter zufrieden angesichts voller Messehallen, Kirchen und dichtem Gedränge in der Innenstadt. Die Menschen seien dankbar gewesen für etwas, „das es selten gibt in unserem Land: Gemeinsam singen und beten und dann hinterher politisch diskutieren“, sagte de Maizière vor Journalisten. Für einige Open-Air-Veranstaltungen wie Gottesdienste und Konzerte brauchte man kein Ticket.

Seit Mittwoch fanden beim Kirchentag Diskussionen zu aktuellen politischen Themen statt. Zu Gast waren unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) diskutierte mit einer Vertreterin der Klimabewegung „Letzte Generation“.

„Wir leben in Zeiten erschütterter Gewissheiten“, sagte de Maizière im Abschlussgottesdienst und verwies unter anderem auf die Stichworte Schöpfung, Frieden, Verteilungsgerechtigkeit, Künstliche Intelligenz und Anfechtungen der Demokratie. Die Zeiten seien schwierig, trotzdem müsse man zuversichtlich sein, sagte der frühere Bundesverteidigungs- und -innenminister.

„Wir sind alle die 'Letzte Generation'“

Abschlussprediger Ceasar formulierte Ungeduld angesichts der Herausforderungen: „Wir können nicht mehr warten“, sagte er. Wenn Jesus sage „Jetzt ist die Zeit“, rufe er zur Veränderung auf, „zu mutigen Entscheidungen, die wirklich Veränderung bewirken“, sagte der Pastor in Anspielung auf die Kirchentagslosung „Jetzt ist die Zeit“. Ceasar forderte Solidarität mit angefeindeten Homosexuellen, Flüchtlingen und Klimaaktivisten. „Wir sind alle die 'Letzte Generation'“, sagte er unter großem Applaus der Besucherinnen und Besucher.

Neben kontroversen Diskussionen über Klimaschutzmaßnahmen, die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine und die geplanten Verschärfungen im europäischen Asylrecht gab es im Programm zahlreiche spirituelle und kulturelle Veranstaltungen, die viele Interessierte anzogen. Mehr als 2.000 Punkte umfasste das Programm.

Der Deutsche Evangelischer Kirchentag findet in der Regel alle zwei Jahre an einem anderen Ort statt. 2025 wird die Stadt Hannover Gastgeberin für die 39. Auflage des Christentreffens sein.



"Die großen Themen sind da"




Besucherinnen und Besucher des Abschlussgottesdienstes
epd-bild/Thomas Lohnes
Ukraine-Krieg, Klimakrise und Zukunftsangst - all das wurde auf dem Kirchentag in Nürnberg verhandelt. Auch wenn der Kirchentag weniger Teilnehmer zählt als in Vor-Pandemiezeiten, bleibt seine Rolle als Debattenort wichtig.

Nürnberg (epd). Posaunenchöre und spontane Chor-Performances in vollen U-Bahnen, Menschen mit grün-gelben Kirchentagsschals und Papphocker in Messehallen - all das gehört zu jedem Kirchentag. Das war beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg nicht anders, dem ersten nach Ende der Corona-Pandemie. Auch die „großen Themen“ sind da, sagt Kirchentagspräsident Thomas de Maizière. Außerhalb wie innerhalb des am Sonntag beendeten Protestantentreffens sind das: Ukraine-Krieg, Klimakrise, Kirche im Umbruch durch sinkende Mitgliederzahlen.

Dass deutlich weniger Tickets als zu vorigen Kirchentagen verkauft wurden, ist in Nürnberg kaum zu spüren. Die Plätze, Kirchenbänke und Messehallen sind trotzdem voll und die Stimmung sei sehr gut, ist allerorten zu hören. Der Kirchentag wird trotz geringerer Teilnehmerzahlen als Debattenforum gebraucht.

„Führen Diskussionen, die sonst nicht stattfinden“

„Wir führen Diskussionen, die sonst nicht stattfinden“, sagt Kirchentagspräsident de Maizière. Und das mit großem Respekt, wenngleich auch mal gepfiffen werde, fügt er hinzu. Wo sonst kommen im Zeitalter der Digitalisierung Zehntausende Menschen über fünf Tage in einer Stadt zusammen, aus ganz Deutschland, aus allen Altersgruppen, politischen Richtungen und sozialen Milieus, um über die drängenden Themen zu sprechen?

Erstmals sitzt etwa Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit einer Vertreterin der „Letzten Generation“ auf einer öffentlichen Bühne, daneben Ex-Siemens-Chef Joe Kaeser. Habeck ist das erste Regierungsmitglied, das öffentlich mit einer Vertreterin der umstrittenen Organisation diskutiert. Auch die Klimaaktivsten sind nach Nürnberg gekommen, um den Bahnhofsvorplatz lahmzulegen - unter ihnen sind Kirchenmitglieder und Kirchentagsteilnehmer. Damit ist Nürnberg mittendrin.

Nicht nur kommen der Manager eines Riesen-Konzerns, Spitzenpolitiker und außerparlamentarische Opposition untereinander ins Gespräch, sondern sie treffen dank Publikumsbeteiligung auch auf Lieschen Müller und Otto Schmidt aus Castrop-Rauxel. „Wir wollen den zivilisierten Dialog mit allen, die an einem Ziel interessiert sind und nicht an Ausgrenzung“, sagt die Kirchentagsgeneralsekretärin Kristin Jahn.

Zustimmung für Waffenlieferungen

Das funktioniert auch beim Thema Krieg und Frieden, bei dem die evangelische Kirche selbst gespalten ist. Beim Kirchentag diskutiert der oberste Soldat der Bundeswehr, Generalinspekteur Carsten Breuer, mit zwei evangelischen Bischöfen, darunter dem Friedensbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Friedrich Kramer. Breuer sagt - getreu dem Kirchentagsmotto „Jetzt ist die Zeit“ - die Zeit sei jetzt, um Verantwortung zu übernehmen, denen zu helfen, die „unsere Hilfe jetzt brauchen“. Damit meint er auch Waffenlieferungen zur Verteidigung der von Russland überfallenen Ukraine. Kramer hingegen fordert, die Waffen sofort schweigen zu lassen, damit das Töten ein Ende habe.

In den 80er Jahren, in denen sich die Friedensbewegten auf dem Kirchentag sammelten, hätte es vermutlich Proteste gegen einen Bundeswehr-Generalinspekteur auf dem Podium gegeben. Heutzutage ist unter den Kirchentagsbesuchern die Zustimmung für Hilfe für die Ukraine auch durch Waffen zu spüren. Die alten Gewissheiten sind verschwunden und schaffen Raum für neue Argumente.

Kirchentag in „tiefem Reformprozess“

Der Kirchentag wandelt sich. Die Teilnehmer werden weniger und älter. Der Kirchentag sei derzeit in einem „tiefen Reformprozess“, sagt de Maizière. Im Herbst will das Kirchentagspräsidium daher eine neue Kirchentagsordnung beschließen. Die Änderungen werde man nicht in einem „Big Bang“ umsetzen, sie werden aber schon Folgen für die kommenden Kirchentage in Hannover 2025 und Düsseldorf 2027 haben.

Von Franziska Hein (epd)


"Dieses Gemeinschaftsding treibt mich an"




Besucherinnen einer Bibelarbeit beim Kirchentag
epd-bild/Tim Wegner
Es waren fünf emotionale Tage mit ernsten Debatten über die Krisen der Gegenwart. Und doch stand atmosphärisch für viele Gäste des evangelischen Kirchentages in Nürnberg vor allem eines im Vordergrund: Von Angesicht zu Angesicht zusammenkommen.

Nürnberg (epd). Die großen gesellschaftlichen Debatten der Gegenwart wurden in der Vergangenheit bei den evangelischen Kirchentagen schon immer leidenschaftlich verhandelt. Aber selten war wohl die Schere zwischen Kriegen und Krisen einerseits und dem Bedürfnis nach Gemeinschaft und schlicht Party größer als beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag, der nach fünf Tagen am Sonntag in Nürnberg zu Ende ging. Atmosphärisch zeigten 70.000 Kirchentagsgäste, die mit ihren grün-gelben Schals vielerorts die Farben des diesjährigen Protestantentreffens in die Frankenmetropole brachten: Beides geht - Party und Debatte, Feiern und Streiten.

Nach Jahren der Pandemie und allenfalls digitalen Treffen war in Nürnberg vor allem die Lust der Menschen an Gemeinschaft in Präsenz, am Austausch von Angesicht zu Angesicht spürbar. Vor allem, um in schwierigen Zeiten Kraft und Hoffnung zu schöpfen. Der Kirchentag unter der biblischen Losung „Jetzt ist die Zeit“ selbst sei ein Hoffnungszeichen, erklärte dazu passend bei einer Bibelarbeit der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Jerry Pillay. Er sei sprachlos, wie vielen Menschen er hier begegnet sei, die „viele gute Werke“ tun.

Bewegende Freundlichkeit

Vor Ort waren es mehr als 4.000 Helferinnen und Helfer, die es bei meist sommerlichen Temperaturen überhaupt erst möglich machten, dass der Kirchentag ein Programm mit rund 2.000 Veranstaltungen stemmen konnte. Zu ihnen gehörte Hilian Gaß, der sich im südbayerischen Landkreis Miesbach in der evangelischen Jugend engagiert. Für den 24-Jährigen war der Kirchentag in Nürnberg eine Premiere. „Die Leute waren sehr freundlich, haben immer nett gegrüßt, niemand hat uns angepöbelt“, schwärmte er im Rückblick. Ein Teil der großen Kirchentags-Community zu sein, das habe trotz eng getakteter Einsatzzeiten Spaß gemacht: „Dieses Gemeinschaftsding treibt mich an.“

Ähnlich hat es Kirchentagspräsident Thomas de Maizière erlebt. „Die Freundlichkeit der Menschen mit und ohne Schal ist bewegend“, bilanzierte er. Beeindruckt haben ihn auch volle Kirchen und überfüllte Plätze etwa bei den Großkonzerten, die Zehntausende in ihren Bann zogen: mal rockig, poppig, jazzig, mal mit klassischer Musik wie am Samstagabend mit dem Kyiv Symphony Orchestra, das nach Nürnberg gekommen war - ein Gänsehautmoment: Die Gäste in der Meistersingerhalle begrüßten das Weltklasseorchester aus der Ukraine, das als Botschafter seiner Kultur derzeit im Exil im thüringischen Gera lebt und arbeitet, mit einem lang anhaltenden warmen Applaus.

„Man kommt leicht in Kontakt“

Auch der Abschlussgottesdienst am Sonntag unter strahlend blauem Himmel und begleitet vom blitzenden Blech von Bläserinnen und Bläsern auf dem Nürnberger Hauptmarkt war so ein Gänsehautmoment. Der freundliche Grundton in den Begegnungen zog sich in den Tagen zuvor aber auch durch die Debatten. Dem Kirchentag sei es gelungen, für Menschen wie für Themen einen vertrauensvollen Rahmen zu schaffen, in dem respektvoll miteinander diskutiert und gerungen worden sei, betonte der frühere Bundesminister de Maizière.

Natürlich war es auch Politprominenz wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die die Massen elektrisierte und für volle Hallen sorgten. Aber „vor allem die Gemeinschaft“ ziehe sie immer wieder an, betonte Ursula aus dem oberbayerischen Tutzing. An der großen Zahl bunter Schals beispielsweise aus Stuttgart, Dresden und Hamburg an ihrem Rucksack war zu erkennen, dass die 75-Jährige zu den Stammgästen des evangelischen Laientreffens gehört. „Die Menschen hier sind zugänglich, man kommt leicht in Kontakt“, beschrieb sie ihr Wohlgefühl.

Wie allerdings die Zukunft des Kirchentages aussieht, das ist auch angesichts sinkender Teilnehmendenzahlen nicht klar. Ursula aus Tutzing jedenfalls meinte, sie gehe beschenkt nach Hause. Auf die Frage, ob das Protestantentreffen eine Zukunft habe, sagte sie: „Ich hoffe von ganzem Herzen.“ Sie freute sich über die Botschaft, dass der 39. Deutsche Evangelische Kirchentag vom 30. April bis zum 4. Mai 2025 in Hannover gefeiert werden soll.

Von Dieter Sell (epd)


"Die Stadt hat vibriert"




Beim Abschlussgottesdienst
epd-bild/Thomas Lohnes
Bei gleißender Sonne erleben am Sonntagmorgen auf dem Nürnberger Hauptmarkt 18.000 Menschen einen von Musik geprägten Gottesdienst. Der Prediger hat eine klare christliche und politische Botschaft.

Nürnberg (epd). „Genial, mutig, authentisch“: Josefine von Beschwitz ist begeistert von der Predigt von Pastor Quinton Ceasar beim Schlussgottesdienst des evangelischen Kirchentags in Nürnberg. „Er war gar nicht salbungsvoll, sondern anpackend.“ Viel Applaus bekommt der gebürtige Südafrikaner als er ruft, „wir sind alle die 'Letzte Generation'“. 18.000 Kirchentagsbesucher sind auf den Hauptmarkt gekommen, vermutlich Hunderttausende erleben den Gottesdienst an den Bildschirmen.

Für queere Personen, behinderte und Menschen anderer Hautfarbe oder geringen Einkommens sei es Zeit, ihren Platz einzufordern. „Denn es ist auch die Zeit für das Ende der Geduld“, nimmt der Prediger das Kirchentagsmotto „Jetzt ist die Zeit“ wieder auf: „Wir sind hier. Wir sind viele. Wir sind nie wieder leiser.“

„Freundlich und achtsam“

Ingrid Piel (57) und Tiona Piel (17) aus Wachtberg sind wie viele andere Besucherinnen und Besucher bewegt von der Stimmung. „Ich fand es einen sehr schönen Abschluss. Mir ist jetzt sehr heiß und ich bin ein bisschen traurig, dass es zu Ende ist“, sagt Tiona. „Die Stadt hat vibriert“, meint Marlies Becker aus Bielefeld-Bethel.

Wie in den vergangenen Tagen haben sich zum Kirchentagsabschluss wieder viele die grün-gelben Kirchentagsschals um die Köpfe gewickelt, um sich vor der Sonne zu schützen, die schon am Vormittag herunterbrennt. Sonnencremes werden unter den Gästen herumgereicht. „Es ist so eine familiäre Atmosphäre, freundlich und achtsam“, sagt Marlies Bruning aus Düsseldorf. Sie sei so froh, den Schlussgottesdienst noch erlebt zu haben und nicht vorher nach Hause gefahren zu sein.

„Warum ist das nicht immer so“, ruft Kirchentagspräsident Thomas de Maizière in seinem Schlusswort von der Bühne. Respektvoll, konzentriert, hörend, sachkundig, „im guten Sinne kontrovers“ sei der Kirchentag gewesen. „Wenn es gelingt, die harten und streitigen Themen auf diese Weise zu bearbeiten, dann hätte der Kirchentag unserem Land gedient.“ Ingrid Piel aus Wachtberg stellt fest: „Es ist Aufbruchsstimmung.“

„Ihr werdet Hannover lieben“

Bewegt sind die Menschen nicht nur von den Worten, sondern auch der Musik, die den Abschlussgottesdienst prägt. Annegret Petersen aus Castrop-Rauxel war zunächst skeptisch, ob so viel alte Musik ihr gefallen würde: „Aber das hat ja am Ende dann doch ziemlich gut geklappt.“ „Ich freue mich auf Hannover“, sagt nach dem Gottesdienst Melanie Vrablik aus dem Lahn-Kreis. Von der Empore der Frauenkirche am Hauptmarkt hängt nun ein meterlanges Transparent: „Ihr werdet Hannover lieben“ steht darauf. Der nächste Kirchentag findet 2025 in der niedersächsischen Landeshauptstadt statt.

Ruhig und friedlich strömen die Gottesdienstbesucher am Ende in alle Himmelsrichtungen vom Hauptmarkt. Die Mitglieder des Posaunenchors Diepholz mit ihren Instrumentenkoffern treffen in der Burgstraße gleich wieder die erste Flusskreuzfahrten-Stadtführung. Wie es Pfarrerin Sabrina Wilkenshof zum Abschluss des Gottesdienstes sagte: „Jetzt ist die Zeit für Alltag: normal, chaotisch, gesegnet“.

Von Jutta Olschewski (epd)


Kirchentags-Prediger Ceasar: Unsere Geduld ist am Ende




Pastor Quinton Ceasar beim Schlussgottesdienst
epd-bild/Thomas Lohnes

Nürnberg (epd). Zum Abschluss des evangelischen Kirchentages in Nürnberg hat Pastor Quinton Ceasar angesichts der Krisen der Welt vor Tatenlosigkeit und Zögerlichkeit gewarnt. „Wir können nicht mehr warten“, sagte der Theologe am Sonntag vor 20.000 Besuchern des Abschlussgottesdienstes auf dem Hauptmarkt: „Nicht bis morgen oder nächste Woche.“ Wenn Jesus sage „Jetzt ist die Zeit!“ dann „ruft er zur Veränderung auf, zu mutigen Entscheidungen, die wirklich Veränderung bewirken“, erklärte der aus Südafrika stammende Influencer unter großem Applaus.

Jetzt sei die Zeit, zu sagen: „Wir sind alle die 'Letzte Generation'“, betonte Ceasar. Er rief die Menschen zur Entscheidung auf: „Ja, es gibt sie, die entscheidenden Momente.“ Und jeder könne entscheiden zwischen richtig und falsch. Ceasar ist Pastor in Wiesmoor bei Aurich in Niedersachsen. Der fünftägige Kirchentag in Nürnberg stand unter dem Leitwort „Jetzt ist die Zeit“.

„Zeit für das Ende der Geduld“

Es sei auch die „Zeit für das Ende der Geduld“, fügte Ceasar hinzu:. „Jetzt ist die Zeit, um uns an die befreiende Liebe von Jesus zu kleben“, nicht an Worte, an Institutionen, Traditionen und Macht oder Herkunft. Jetzt sei die Zeit, sich für die Rechte von Behinderten und gegen die Diskriminierung von Homosexuellen einzusetzen.

Gott sei immer auf der Seite derer, die am Rand stehen und nicht gesehen werden. Ceasar: „Und wenn Gott da ist, dann ist da auch unser Platz. Gott ist parteiisch.“ Er rief zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer auf. Alle Menschen hätten Privilegien, die sie für mehr Gerechtigkeit einsetzen können.



De Maizière: "Wir sind glücklich"




Thomas de Maizière beim Abschlussgottesdienst
epd-bild/Thomas Lohnes

Nürnberg (epd). Kirchentagspräsident Thomas de Maizière hat sich sehr zufrieden mit dem 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg gezeigt. „Wir haben einen wunderbaren Kirchentag erlebt“, sagte de Maizière am Sonntag zum Ende des Protestantentreffens vor Journalisten. „Wir sind glücklich. Der Kirchentag lebt.“

Insgesamt haben 70.000 Menschen den Kirchentag mit einem Ticket besucht, wie der kaufmännische Vorstand des Kirchentags, Stephan Menzel, mitteilte. Rechne man Besucher der Konzerte oder des „Abends der Begegnung“ mit 130.000 Menschen hinzu, seien es wesentlich mehr Besucher gewesen.

„Herzen offen, Verstand klar“

De Maizière sagte: „Die Stimmung war gelöst, die Herzen offen, der Verstand klar.“ Die Menschen seien dankbar gewesen für etwas, das es selten gebe in Deutschland: „Gemeinsam singen und beten und dann hinterher politisch diskutieren.“ Krieg, Klima, Gefahren für die Demokratie, Menschenrechte - man habe sich den drängenden Zeitfragen gestellt.

Der Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König (CSU) sprach vom „Sommermärchen 2023 des Glaubens“. Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sagte, beim Kirchentag habe er die „Kirche der Zukunft“ erlebt. Der Kirchentag sei eine „Krafttankstelle“ für den weiteren Weg nicht nur der Kirche, sondern auch der Gesellschaft.



De Maizière: Kirchentag kann Vorbild für Streitkultur sein



Nürnberg (epd). Kirchentagspräsident Thomas de Maizière hat die Diskussionskultur bei dem Protestantentreffen gelobt. „Respektvoll, konzentriert, hörend, sachkundig, im guten Sinne kontrovers“, sagte der frühere Bundesminister am Sonntag im Abschlussgottesdienst in Nürnberg. Das sei selten im Land der Fall. „Wenn es gelingt, die harten und streitigen Themen auf diese Weise zu bearbeiten, dann hätte der Kirchentag unserem Land gedient“, betonte er.

„Wir leben in Zeiten erschütterter Gewissheiten“, sagte de Maizière. Dazu zählten etwa die Themen Frieden, Weltordnung, Schöpfung und Verteilungsgerechtigkeit. „Die Zeiten sind schwierig“, unterstrich er. „Trotzdem oder gerade deswegen sind wir zuversichtlich.“ Zusammensein heiße, Verantwortung für die Welt zu übernehmen: „Nicht warten, sondern machen.“

Dank an Helferinnen und Helfer

Der Kirchentagspräsident dankte zum Abschluss des fünftägigen Laientreffens auch den mehr als 4.000 Helferinnen und Helfern: „Kirchentag ist nur möglich mit euch und eurem Wissen, eurer Leidenschaft.“ An Polizei, Stadt, Feuerwehr, Landeskirche, Land und die Hauptamtlichen gerichtet, sagte der frühere Bundesminister für Verteidigung und für Inneres: „Es hat selten auf dem Kirchentag so gut geklappt wie hier.“



Abschluss des Kirchentags in Leichter Sprache



Nürnberg (epd). Mit einem Freiluft-Gottesdienst in Leichter Sprache hat der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag in Nürnberg Abschied von seinen Besuchern mit Behinderungen und von Familien genommen. Auf dem Kornmarkt sagte der Münchener Pfarrer und Blogger Alexander Brandl am Sonntag, Christinnen und Christen müssten Einspruch erheben, wenn Menschen an der Entfaltung ihres Lebens gehindert werden.

Niemand solle verdrängt werden, unterstrich Brandl: „Es ist Gottes Markt der Lebens-Möglichkeiten. Nicht alle finden wir gut. Aber alle sollen dazugehören.“ Nach Angaben des Kirchentags besuchten rund 7.000 Menschen diesen Gottesdienst.



Staffelübergabe beim Kirchentag: Auf Nürnberg folgt Hannover




Staffelübergabe mit den Landesbischöfen Bedford-Strohm (Bayern) und Meister (Hannover).
epd-bild/Lothar Veit/EMA

Nürnberg (epd). Stabübergabe beim Protestantentreffen: Die Gastgeber des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Nürnberg haben am Samstag in der fränkischen Metropole ein symbolisches Staffelholz an die Gastgeber des nächsten Kirchentages in Hannover weitergereicht. Das Großereignis wird vom 30. April bis zum 4. Mai 2025 dort stattfinden.

„Die Vorfreude wächst“, sagte die künftige Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund. Die frühere thüringische Umweltministerin (Grüne) zog ein positives Fazit des aktuellen Treffens in Franken, das am Sonntag nach fünf Tagen zu Ende geht: „Der Kirchentag ist wieder richtig da, und das werden wir für immer mit Nürnberg verbinden.“

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister sagte, das Vorbereitungsteam sei schon voller Energie, Begeisterung und ungewöhnlicher Ideen. Die Stadt wirbt für den Kirchentag 2025 mit dem Slogan #hannoverlieben. Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm ergänzte, für das Gelingen des Protestantentreffens sei die mentale und spirituelle Dynamik entscheidend: „Wenn du innerlich dafür brennst, kannst du alles schaffen.“

Rückkehr zu den Wurzeln

Hannovers Bürgermeister Thomas Klapproth (CDU) erläuterte, beim Kirchentag 2025 werde der interreligiöse Austausch eine zentrale Rolle spielen: „Mit dem Ziel, dass Verständnis füreinander entsteht.“ In der Stadt gebe es seit 20 Jahren das bundesweit erste „Haus der Religionen“.

Mit dem Treffen in Hannover kehrt der Kirchentag zu seinen Wurzeln zurück: 1949 fand der erste Kirchentag in der niedersächsischen Landeshauptstadt statt. Insgesamt wird das Großereignis zum fünften Mal an der Leine gastieren.



Erstmals Gottesdienst an zerstörter Nürnberger Hauptsynagoge




Rabbiner Steven Langnas beim jüdischen Gottesdienst auf dem Hans-Sachs-Platz.
epd-bild/Tim Wegner

Nürnberg (epd). Zum ersten Mal seit der Zerstörung der Hauptsynagoge am Nürnberger Hans-Sachs-Platz haben Juden dort wieder einen Gottesdienst gefeiert. Am Samstagabend beging die Jüdische Kultusgemeinde dort den Gottesdienst gemeinsam mit Besucherinnen und Besuchern des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentags. Die Nürnberger Hauptsynagoge war im August 1938 von den Nationalsozialisten abgerissen worden.

Zu den Teilnehmenden des Gottesdiensten am Samstag gehörten unter anderen Kirchentagspräsident Thomas de Maizière und die Generalsekretärin des Kirchentages, Kristin Jahn. Jahn hatte die Einladung der Kultusgemeinde zur gemeinsamen Feier als „Geschenk an die Stadt und den Kirchentag“ gewürdigt.



Band "Füenf" übertrifft Spendenziel für Kindersoldaten




Konzert mit der Band "Die Füenf" auf dem Hauptmarkt.
epd-bild/Thomas Lohnes

Nürnberg (epd). Die Band „Füenf“ hat weit mehr Spenden für das Kinder-Hilfsprojekt „Gitarren statt Gewehre“ gesammelt als geplant. Wie die A-cappella-Gruppe am Samstagabend beim Kirchentags-Konzert in Nürnberg bekanntgab, kamen für das Projekt von „Brot für die Welt“ 110.000 Euro zusammen,10.000 mehr als sich die Band mit ihrem Spendenaufruf beim Kirchentag 2015 in Stuttgart zum Ziel gesetzt hatte. Bei dem Konzert auf dem Nürnberger Hauptmarkt kamen laut Polizei rund 6.000 Menschen zusammen.

Mit dem Geld sollen Kindersoldaten und Straßenkinder im Kongo die Chance erhalten, eine Berufsausbildung im Instrumentenbau zu erhalten. Die „Füenf“ kündigten an, bei ihrer Abschiedstour bis September 2024 weitere 40.000 Euro sammeln zu wollen.

Das Konzert war eine der letzten Großveranstaltungen des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentags. Das Christentreffen geht am Sonntag mit zwei Freiluft-Gottesdiensten in der Nürnberger Innenstadt zu Ende.




Podien

Baerbock und Gauck werben für Unterstützung der Ukraine




Außenministerin Baerbock und Altbundespräsident Gauck
epd-bild/Friedrich Stark
Der russische Krieg gegen die Ukraine ist eines der Hauptthemen des Kirchentags in Nürnberg. Am Samstag sprachen Außenministerin Baerbock und Altbundespräsident Gauck über Kritik an deutschen Waffenlieferungen - und wiesen sie entschieden zurück.

Nürnberg (epd). Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Altbundespräsident Joachim Gauck haben um Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine geworben. Würde man als Weltgemeinschaft schweigend ignorieren, dass ein Mitglied des UN-Sicherheitsrats den Weltfrieden gefährde, „wäre das eine Einladung an alle Autokraten auf der Welt“, sagte Baerbock am Samstag beim evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Um den Weltfrieden in anderen Regionen zu sichern, sei es deswegen essenziell, „dass man Farbe bekennt“, sagte sie. Natürlich müsse man den Überfallenen helfen. „Was denn sonst?“, fragte Gauck.

Baerbock und Gauck saßen gemeinsam auf einem Podium, bei dem es um außenpolitisches Handeln in der „Zeitenwende“ ging. Beide verteidigten auch die militärische Unterstützung der Ukraine durch deutsche Waffenlieferungen. Solange die Ukraine deutsche Unterstützung benötige bei der Durchsetzung ihres Rechts, in Frieden und Freiheit zu leben, „solange werden wir sie unterstützen“, sagte Baerbock. Gleichzeitig räumte sie ein Hadern mit Entscheidungen für Waffenlieferungen ein. Ethische Verantwortung bedeute aber immer, nicht nur zu bedenken, was die Konsequenzen von Handeln sind, „sondern auch meines Nichthandelns“.

„Moralisch und politisch nicht überzeugend“

Der evangelische Theologe Gauck begründete seine Position auch mit seiner Glaubensüberzeugung und wendete sich gegen Stimmen aus der evangelischen Kirche, die Waffenlieferungen mit Verweis auf die deutsche Geschichte ablehnen. Für ihn sei das „moralisch und politisch nicht überzeugend“, sagte er. Es sei „ganz klar erkennbar, wer ist der Verursacher und wer ist das Opfer“. Die Unterstützung für die Ukraine damit zu vergleichen, „was Kaiser Wilhelm und Hitler getan haben“, sei „geschichtsvergessen und geradezu perfide“, sagte Gauck.

„Christsein verbindet sich auch mit dem Beistand für Opfer“, sagte der Altbundespräsident und ergänzte: „Das ist das, was ich gelernt habe aus unserer Geschichte.“

Beide ernteten für ihre Aussagen viel Applaus. Zwischen- oder Protestrufe gegen die Waffenlieferungen, wie es sie bei anderen Veranstaltungen des Kirchentags zum Thema gegeben hatte, gab es nicht.

Vom Publikum wurde Baerbock nach ihrem eigenen Glauben gefragt. Sie sei wegen der vermittelten Werte Mitglied der evangelischen Kirche, glaube aber nicht an Gott, sagte Baerbock. Gauck dagegen bekannte seinen christlichen Glauben. „Der Glaube hat mich davor bewahrt, vor den Herrn der Welt meine Knie zu beugen. Ich beugte sie vor einer anderen Instanz“, sagte er.



Baerbock: EU-Asylreform birgt Chance auf Verbesserung für Flüchtlinge




Annalena Baerbock
epd-bild/Friedrich Stark

Nürnberg (epd). Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die europäischen Reformpläne im Asylsystem gegen Kritik auch aus ihrer eigenen Partei verteidigt. Sie glaube, dass es mit dieser gemeinsamen europäischen Lösung „für die Mehrheit der Geflüchteten die Chance gibt, dass es besser wird“, sagte Baerbock am Samstag beim evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Gleichzeitig sprach sie von einer „schwierigen Entscheidung“ und von den „sicherlich schwersten politischen Tagen“, diese Abwägung zu treffen.

Baerbock ging dabei auch auf die umstrittenen Grenzverfahren ein, die einige Länder gefordert hatten, um der unter anderem von Deutschland geforderten solidarischen Verteilung zuzustimmen. „Ich halte diese Grenzverfahren für falsch, aber hätten wir gesagt, wir werden darüber gar nicht verhandeln, hätten wir nicht die Möglichkeit gehabt, überhaupt in die Verteilung zu gehen“, sagte Baerbock. Hätte Deutschland mit Nein gestimmt, hätte sich die jetzige Situation nach ihrer Überzeugung eher verschlechtert, sagte Baerbock und verwies auf die seit 2015 an einigen Stellen wieder eingeführten Kontrollen an den Binnengrenzen und menschenunwürdige Zustände in Flüchtlingslagern wie im griechischen Moria.

Kritik an vorgeschalteten Grenzverfahren

Die Innenministerinnen und Innenminister der EU-Staaten hatten sich am Donnerstag nach jahrelangen Verhandlungen über eine Reform des europäischen Asylsystems geeinigt. Es sieht einen verbindlichen Mechanismus mit dem Ziel einer gerechteren Verteilung Schutzsuchender auf alle EU-Staaten vor.

Die geplante Reform enthält aber auch Asylrechtsverschärfungen. Insbesondere die geplanten Grenzverfahren, die Asylverfahren vorgeschaltet werden sollen, um Menschen ohne Schutzberechtigung schnell wieder zurückschicken zu können, sorgen für Kritik.



Wunsch nach "Ökumene der Herzen" zwischen Russland und Ukraine



Nürnberg (epd). Der Vorsitzende des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, hat seine Hoffnung bekräftigt, in dem vom Krieg befeuerten ukrainischen Kirchenstreit noch in diesem Jahr vermitteln zu können. Ziel des Weltkirchenrats sei es, Vertreter der beiden verfeindeten orthodoxen Kirchen in der Ukraine sowie der russisch-orthodoxen Kirche an einen Runden Tisch zu bringen, erläuterte der Theologe am Samstag beim evangelischen Kirchentag in Nürnberg.

Der bayerische Landesbischof Bedford-Strohm sprach bei einem Podium zur im vergangenen September bei der ÖRK-Vollversammlung ausgerufenen „Ökumene der Herzen“. Dieses Ziel müsse in der Ukraine Konsequenzen haben: „Meine Hoffnung ist, dass die Kirchen selbst in einem so schwierigen Konflikt wie in der Ukraine und mit Russland an dieser Stelle weiterkommen als die Welt und die Politik.“ Die Ukrainer hätten bereits Offenheit signalisiert. Der Moskauer Patriarch Kyrill stimme sich derzeit mit seinen Gremien ab.



Pfarrerin: Queere Menschen sollen sichere Orte in der Kirche haben



Nürnberg (epd). Die evangelische Hochschulpfarrerin Kerstin Söderblom hat beim Deutschen Evangelischen Kirchentag am Samstag in Nürnberg von der evangelischen Kirche gefordert, „queersensible Seelsorge“ zu stärken und sichtbarer zu machen. Bis heute würden immer noch queere Menschen in Gemeinden Hilfe suchen, die mit Verletzungen und Mobbing Erfahrungen gemacht hätten, sagte die Mainzer Pfarrerin bei einem Podium im „Zentrum Geschlechterwelten und Regenbogen“. „Es muss deutlich werden, dass sie bei uns sichere Orte bekommen“, sagte Söderblom.

Die evangelische Kirche sei nicht so weit, dass queere Menschen an die Türen der Pfarrämter klopfen könnten, sagte die Influencerin, Videobloggerin und Pfarrerin Ellen Radtke. Menschen hätten dort „krasse“ Erfahrungen gemacht. „Der Satz 'Alle sind willkommen' ist eine der größten Lügen der evangelischen Kirche“, sagte Radtke.

Auf alltägliche Diskriminierungen achten

Pfarrerin Mareike Gintzel aus Witten, LGBTQ+-Beauftragte ihres Dekanats, appellierte an die Zuhörerinnen und Zuhörer, in den Gemeinden auf alltägliche Diskriminierungen etwa bei Formularen oder Teilnehmerlisten zu achten.

Gintzel kritisierte, dass es in verschiedenen Landeskirchen Pfarrerinnen und Pfarrer ablehnen dürfen, homosexuelle Paare zu trauen, wenn sie eine solche kirchliche Handlung nicht mit ihrem Bibelverständnis vereinbaren könnten. Solche Gewissensvorbehalte gehörten auf den Prüfstand, forderte Ellen Radtke: „Das fügt anderen Menschen Verletzungen zu und führt diese Menschen weit weg von Gott.“




Worte des Kirchentags

"Sofa-Bellizismus" und "Zeit für Waffen" - Zitate vom Kirchentag



Nürnberg (epd). Über Sofa-Bellizismus, Beistand für den klammen 1. FC Nürnberg und einen bibelfesten Kanzler - Zitate vom 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg, der unter der Losung „Jetzt ist die Zeit“ stand:

„Wir wollen im besten Sinne die Stadt erobern. Nürnberg soll uns kennenlernen.“ - Kirchentagspräsident Thomas de Maizière vor der Eröffnung

„Man geht hier anders miteinander um als sonst im harten politischen Geschäft.“ - Kirchentagspräsident Thomas de Maizière zur Debattenkultur auf dem Protestantentreffen

„Auch ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ich einmal sagen würde: Neben all den anderen Anstrengungen, es ist auch Zeit für Waffen.“ - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Blick auf die Kirchentagslosung „Jetzt ist die Zeit“ und den russischen Angriffskrieg

„Krieg ist eine Bestie, die keiner kontrollieren kann. Der Krieg ist das Böse.“ - Der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Friedrich Kramer

„Es gibt einen Sofa-Pazifismus, aber auch einen Sofa-Bellizismus. Beides macht sich die Sache zu einfach.“ - Der Kirchentagspräsident und frühere Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière zur Diskussion um deutsche Waffenlieferungen

„Ich zähle zu den wenigen Deutschen, die das Alte und das Neue Testament gelesen haben.“ - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der selbst aus der evangelischen Kirche ausgetreten ist

„Irren ist menschlich, aber irren können ist evangelisch.“ - Der rheinische Präses Thorsten Latzel zur protestantischen Sicht auf menschliche Schwächen

„Der Glaube hat mich davor bewahrt, vor den Herrn der Welt meine Knie zu beugen. Ich beugte sie vor einer anderen Instanz.“ - Altbundespräsident Joachim Gauck über das eigene Gewissen und seinen Glauben

„Jeder ist seines Glückes Schmied, aber nicht jeder Schmied hat Glück.“ - Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) beim Podium „Wege aus der Armut“ über das Scheitern Einzelner auf dem Arbeitsmarkt

„Wir sind alle die 'Letzte Generation'.“ - Der aus Südafrika stammende niedersächsische Pfarrer Quinton Ceasar

„Wir werden unsere Freiheit nicht mehr daran beurteilen, wie hoch der Tachometer gehen darf, sondern danach, ob wir uns schöpfungsverträglich fortbewegen.“ - Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm

„Manchmal wache ich morgens auf und sage: 'Herr, gib mir Geduld - aber sofort!'“ - Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) über Kritik am Reformtempo in der Ampel und die eigene Ungeduld

„Am meisten würde ich mich freuen, wenn Jesus mal die Deutsche Bischofskonferenz besuchen würde. Auf diese Gespräche wäre ich gespannt.“ - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei seiner Eröffnungsrede

„Meine ersten Gedanken waren: 30 Jahre in der Politik und zu was werde ich eingeladen? Zu einer 'FuckUp-Night'. Direkt danach kam die Nachricht von Thomas de Maizière, ich soll die Mail bitte nicht in den Papierkorb stecken.“ - Die frühere saarländische Ministerpräsidentin und Ex-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bei einer Veranstaltung des Kirchentags zum Thema Scheitern

„Mir war schon immer die Option für die Armen wichtig.“ - Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, warum er weiterhin zum Fußball-Zweitligisten 1. FC Nürnberg hält

„Man lässt keine Kinder und Familien vor den Toren stehen - punkt.“ - Der Beauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Flüchtlingsfragen, der Berliner Bischof Christian Stäblein, zum Asylkompromiss der EU-Innenminister

„Faktisch halten wir uns das Leid vom Leibe. Und das dürfen wir nicht.“ - Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zu von den EU-Innenministern geplanten Einrichtungen für Asylsuchende an der Außengrenze

„Wir waren hier die Migranten, die Ausländer, die Armen. So viel Geld hatten meine Eltern nicht, da irgendwas entgegenzubringen. Aber auf dem Fußballplatz war ich einfach nur Neven.“ - Der frühere Ex-Profifußballer Neven Subotic zur verbindenden Rolle von Sport

„Da brauchen wir schon eine neue Erzählung und können nicht mehr sagen: Lasst uns das mit den alten Rezepten von Ludwig Erhard einfach tapfer weiter probieren.“ - Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, zur Frage nach der künftigen Finanzierung eines guten Lebens

„Er ist ein süßes Gift, welches die Mehrheit von jeder Verantwortung freispricht, solange anderen alle Schuld aufgeladen werden kann.“ - Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, über Antisemitismus