Kirchentag

Kontroversen zu Krieg und Klima beim Kirchentag




Kirchentagspräsident de Maizière und Wirtschaftsminister Habeck
epd-bild/Thomas Lohnes
Wie ist Frieden in der Ukraine zu erreichen? Wie die Klimakatastrophe noch abwenden? Der evangelische Kirchentag hat am Freitag über die drängenden Krisen der Zeit debattiert.

Nürnberg (epd). Der Krieg in der Ukraine und das Ringen um gesellschaftlichen Zusammenhalt beim Klimaschutz haben am Freitag die Diskussionen auf dem evangelischen Kirchentag in Nürnberg geprägt. Die Debatten waren kontrovers: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lieferte sich einen Schlagabtausch mit der Klimaaktivistin Carla Hinrichs von der „Letzten Generation“. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, traf auf den Friedensbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Friedrich Kramer, der die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnt.

Der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag mit rund 2.000 Veranstaltungen an fünf Tagen in Nürnberg und Fürth geht am Sonntag zu Ende. Für Samstag werden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erwartet.

„Protest verhindert Mehrheit für Klimaschutz“

Vizekanzler Habeck wiederholte seine Kritik an den Verkehrsblockaden der „Letzten Generation“. „Dieser Protest verhindert eine Mehrheit für Klimaschutz und treibt die Leute weg“, sagte Habeck. Die Aktionen seien unspezifisch, träfen alle und damit „in Wahrheit niemanden“, sagte er. „Damit verpufft er und macht Leute nur zornig und ärgerlich“, sagte der Grünen-Politiker.

Hinrichs hielt Habeck entgegen: „Seit wann bewertet die Regierung den Protest gegen sich selber als richtig oder falsch?“ Ihre Bewegung habe sich zur Aufgabe gemacht, „Feueralarm“ zu sein wie bei einem Hochhaus, das im Keller brennt. Der Alarm sei laut und nervig, aber niemand würde im Nachhinein sagen, dass er falsch gewesen sei, sagte Hinrichs. Vertreterinnen und Vertreter der „Letzten Generation“ hatten am Freitagvormittag auch eine Stunde lang den Straßenverkehr am Hauptbahnhof in Nürnberg.

Habeck und Hinrichs ernteten für ihre Positionen viel Applaus in der voll besetzten Messehalle, die rund 4.500 Menschen fasst. Hinrichs bekam für ihr Eingangsstatement sogar stehende Ovationen. Vertreter der „Letzten Generation“ hatten bereits Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) getroffen, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Habeck war das erste Regierungsmitglied, das öffentlich mit einer Vertreterin der Organisation diskutierte.

Mehr Applaus für Giegold als für Kramer

Vertreter von Bundeswehr, Bundesregierung und evangelischer Kirche stritten am Freitagnachmittag bei dem Protestantentreffen zudem über die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Der Staatssekretär im für Rüstungsexporte zuständigen Bundeswirtschaftsministerium, Sven Giegold (Grüne), sagte, keine Waffen zu liefern, hieße, anderen die Sicherung der nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten Friedensordnung zu überlassen. „Wir als Christinnen und Christen sind verpflichtet, auf eine Kultur der Gewaltlosigkeit hinzuwirken“, sagte Giegold, der auch Mitglied im Kirchentagspräsidium ist. Im konkreten Fall sei es aber richtig, die Opfer zu unterstützen.

Giegold erhielt in der voll besetzten Messehalle mit 5.000 Plätzen vom Kirchentagspublikum deutlich stärkeren Applaus als der EKD-Friedensbeauftragte Kramer, der seine Ablehnung der Waffenlieferungen mit dem Aufruf Jesu zu Gewaltlosigkeit, aber auch mit der deutschen Geschichte begründete. Die Ukraine verteidige sich „völlig zu Recht“, Deutschland habe aber aufgrund seiner Geschichte auch eine „Blutschuld“ gegenüber Russland.

„Weltkrieg wäre nicht am Verhandlungstisch zu Ende gegangen“

Kramers Position ist auch innerhalb der evangelischen Kirche umstritten. Die badische Bischöfin Heike Springhart erinnerte auf dem Podium daran, dass auch der Zweite Weltkrieg durch militärische Hilfe beendet wurde. Er „wäre nicht am Verhandlungstisch zu Ende gegangen“, sagte sie.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Breuer, sagte, wenn die westlichen Staaten nicht mit Waffenlieferungen unterstützt hätten, „wäre der Krieg vermutlich zu Ende“. Die Ukraine gäbe es dann aber nicht mehr, und die Menschen wären unter dem Joch Russlands. „Der Krieg wäre vorbei, das Leiden für die Menschen ginge weiter“, sagte Breuer, der ebenfalls die Waffenlieferungen verteidigte.



Mit Mut gegen Zukunftsangst




Kerzen beim Abend der Begegnung
epd-bild/Thomas Lohnes
Krieg und Krisen stehen im Fokus der inhaltlichen Debatten auf dem Kirchentag. Das Forum will auch Lösungen für die Zukunft anbieten. Doch das ist gar nicht so einfach.

Nürnberg (epd). Ein Lichtermeer ziert jeden Abend einen Platz in der Nürnberger Innenstadt. Zum Abendsegen kamen allein am ersten Abend 30.000 Menschen - viele halten dünne Wachskerzen in der Hand, die in der Dunkelheit für meditative Stimmung sorgen. „Meine Zuflucht, Gott, bist du“, singen die Menschen und erholen sich von den aufregenden Debatten des Tages.

Abends friedliches Beisammensein - tagsüber ist der Kirchentag, der am Freitag die Halbzeit erreicht, von den Kriegen und Krisen der Gegenwart geprägt. Krise ist derzeit fast überall: ein russischer Angriffskrieg mitten in Europa, die Klimakrise, die Demokratiekrise - und nicht zuletzt auch die Kirchenkrise in einer säkularen Gesellschaft.

Von Neonazis drangsaliert

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ruft den Menschen bei seiner Bibelarbeit zu, in einer Zeit voller Konflikte brauche es „trotzigen Mut“, damit man in die Zukunft Vertrauen haben könne. Der Kirchentag will aber nicht nur Probleme beschreiben, sondern auch Lösungen aufzeigen.

Doch das ist gar nicht einfach, wie sich etwa bei der Podiumsdiskussion zur Frage „Ist die Demokratie krisenfest?“ zeigt. Es sprechen unter anderem der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, und der Wittenberger Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos). Harbarth sagt eingangs, es brauche eine stärkere „Kultur der Freude“ für die Demokratie.

Kurz darauf erzählt der junge Aktivist Jakob Springfeld, Jahrgang 2002 aus Halle, wie er und seine Freunde unter den Augen von Polizisten nach einer ihrer Aktionen von Neonazis drangsaliert wurden. Dabei habe er große Angst empfunden, berichtet Springfeld, der sich gegen Antifaschismus und für Klimagerechtigkeit einsetzt. Mit seinem Statement zeigt er, dass Freude an der Demokratie auf der Straße schnell umschlägt in körperliche Angst und das gerade bei denen, die sich für eine bessere Zukunft einsetzen.

Zukunftsangst

Ausdruck einer eher abstrakten Zukunftsangst sind die Aktionen der „Letzten Generation“, die am Freitag den Nürnberger Bahnhofsvorplatz lahmlegen. Am späten Vormittag kleben sich acht Aktivsten, darunter bekennende Christen und Kirchentagsteilnehmer, auf zwei Straßen rund um den Vorplatz. Es handele sich um eine symbolische Aktion, sagt die Sprecherin der „Letzten Generation“, Aimée van Baalen, dem epd.

Aus Perspektive der Aktivsten hilft nur ein radikaler politischer Wandel, um die Klimakatastrophe noch aufzuhalten. Dass es auch damit nicht im Handumdrehen klappt, zeigt Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) auf dem Podium „Wer hat's verbockt?“, wo er auf Clara Hinrichs von der „Letzten Generation“ trifft. Frage man die Menschen in Deutschland, ob die Regierung für mehr erneuerbare Energie im Heizungsbereich sorgen solle, sage eine Mehrheit ja. Frage man, ob fossil betriebene Heizungen verboten werden sollen, sage eine Mehrheit nein. Beim konkreten Weg müssten Menschen mitgenommen werden. Er hoffe, dass man in Deutschland „vielleicht wieder auf einem Weg der Lösungsorientierung“ sei, sagte der Minister. Hinrichs fordert als mögliche Lösung einen Bürgerrat, der einen Plan erstellen solle, wie man aus dieser Krise herauskomme.

Soziologin: öffentlichen Druck erhöhen

Dass selbst unter Klimaschützern teils unversöhnlich um den richtigen Weg aus der Krise gestritten wird, macht Habeck klar. Er verurteilt die Aktion der „Letzten Generation“ auf dem Bahnhofsvorplatz. Allgemein sagt er zu den Aktionen der „Letzten Generation“, dieser Protest verhindere eine Mehrheit für Klimaschutz und treibe die Leute weg.

Die Hamburger Soziologin Anita Engels, ebenfalls Teil des Podiums, gibt den Aktivisten hingegen recht. Nur durch massiven Druck - von der Öffentlichkeit auf die Politik, von der Politik auf die Unternehmen - oder „noch besser“ durch rechtliche Vorgaben könnten Fortschritte bei Klimagerechtigkeit und -schutz erreicht werden, sagt sie. Es gelte, den öffentlichen Druck zu erhöhen, auch die Kirchen hätten hier eine große Verantwortung.

Von Franziska Hein (epd)


Beim Kirchentag: "Letzte Generation" blockiert Verkehr in Nürnberg




Aktion der "Letzten Generation" vor dem Hauptbahnhof
epd-bild/Karsten Frerichs
Die Klimakrise ist Schwerpunktthema beim evangelischen Kirchentag: Die "Letzte Generation" nahm das am Freitag zum Anlass für eine Blockadeaktion: Aktivisten klebten sich vor dem Nürnberger Bahnhof fest.

Nürnberg (epd). Blockadeaktion der „Letzten Generation“ während des evangelischen Kirchentages: Klimaaktivsten haben am Freitagvormittag den Straßenverkehr vor dem Nürnberger Hauptbahnhof zum Erliegen gebracht. Insgesamt acht Demonstranten klebten sich an zwei Stellen auf der Straße fest, wie die Polizei mitteilte. Die mit Warnwesten bekleideten Blockierer hielten Plakate mit Slogans wie „Nein zur Zerstörung der Lebensgrundlagen, ja zum Gesellschaftsrat Klima“ und „Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle“ hoch. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kritisierte den Protest als kontraproduktiv.

Die Sprecherin der „Letzten Generation“, Aimée van Baalen, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), zu den Protestierenden gehörten auch Teilnehmer des Kirchentages. „Das ist eine symbolische Aktion zum Kirchentag“, erklärte sie. Weitere Aktionen seien nicht geplant.

Trennschleifer und Presslufthammer

Die Polizei löste die Blockade nach Angaben eines Sprechers nach etwa einer Stunde auf, der Verkehr floss kurz darauf wieder störungsfrei. Um die Aktivisten von der Straße zu lösen, musste die Polizei in zwei Fällen einen Trennschleifer und einen Presslufthammer einsetzen.

Wirtschaftsminister Habeck, der am Vormittag an einem Kirchentagspodium zur Klimakrise teilnahm, äußerte Unverständnis über die Aktion. „Dieser Protest verhindert eine Mehrheit für Klimaschutz und treibt die Leute weg“, sagte der Vize-Kanzler. Er teile die Argumente der Aktivisten nicht: „Die Gesellschaft spaltet sich, dann wollen wir Teil der Spaltung sein. Das ist doch falsch.“

Die Klimakrise ist eines der zentralen Themen bei dem fünftägigen Protestantentreffen in Nürnberg. Für den Freitagnachmittag war eine Menschenkette für Klimagerechtigkeit in der Innenstadt geplant. In zahlreichen Diskussionsrunden geht es um den Kampf gegen die Erderwärmumg.

Der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag dauert noch bis Sonntag. Bei dem Treffen unter der Losung „Jetzt ist die Zeit“ stehen rund 2.000 Veranstaltungen auf dem Programm.



Menschenkette für Klimaschutz kürzer als geplant




Menschenkette für mehr Klimaschutz
epd-bild/Thomas Lohnes

Nürnberg (epd). Rund 500 Menschen haben unter dem Motto „Jetzt ist die Zeit! Für echten Klimaschutz und Energiewende!“ am Freitagnachmittag eine Menschenkette durch Nürnberg gebildet. In Ergänzung des Kirchentagsmottos riefen sie dabei „Jetzt ist die Zeit für Klimaschutz“. Die Teilnehmenden verbanden sich mit Kirchentagsschals zu einer Schlange von der Sebalduskirche im Zentrum bis zum etwa zwei Kilometer entfernten Verkehrsknotenpunkt Plärrer, wie eine Polizeisprecherin mitteilte.

Die Veranstalter hatten mit einer Kette bis zum Frankenschnellweg gerechnet, die dann über fünf Kilometer lang gewesen wäre. "Es ist anders gekommen, aber ich freue mich über jeden, der da war, sagte die Organisatorin, die Nürnberger Dekanats-Umwelt-Pfarrerin Ute Böhne, dem Evangelischen Pressedienst (epd) .

„Enorme gesellschaftliche Kraftanstrengung“

„Wir halten Klimaschutz für die existenziell wichtigste Aufgabe der Regierung und der gesamten Zivilgesellschaft“, sagte Böhne. Weil aber zu wenig passiere, habe man ein „starkes Zeichen“ vom Kirchentag aussenden wollen. Es sei nötig, schnell die CO2-Emissionen stark zu senken. Dafür brauche es eine „enorme gesellschaftliche Kraftanstrengung“ in Deutschland und weltweit.



Kirchentag fordert Umsetzung des Pariser Klimavertrags



Nürnberg (epd). Eine Resolution des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Nürnberg hat die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens aus dem Jahre 2015 gefordert. Der Text wurde am Freitag mit fast 100 Prozent der Stimmen während einer Podiumsveranstaltung mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angenommen. Eingebracht hatte die Resolution die Initiative Ökumenischer Pilgerweg für Klimagerechtigkeit.

Der Pariser Klimavertrag sei ein Meilenstein der internationalen Klimapolitik. Allerdings breite sich wegen der schleppenden Umsetzung Enttäuschung und Frustration aus, sagte Initiativen-Sprecher Christian Seidel. Eine weitere Forderung lautete, das deutsche Klimaschutzgesetz nicht zu verwässern. Auch die Sektoren Verkehr und Gebäude müssten ihren Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemissionen erbringen. Andernfalls stehe die Glaubwürdigkeit der Politik auf dem Spiel.

500 Anwesende nötig

Nach Angaben der Kirchentagsorganisatoren müssen mindestens 500 Menschen bei einer Veranstaltung anwesend sein, damit eine Resolution abgestimmt werden kann. Seit 1979 gebe es das Instrument der Resolution bei Kirchentagen, erläuterte der Kommunikationsvorstand des Kirchentags, Mario Zeißig.



Hirschhausen: Müssen uns retten




Eckart von Hirschhausen am Donnerstagabend auf dem Kirchentag.
epd-bild/Thomas Lohnes

Nürnberg (epd). Mit eindringlichen Worten hat der Kabarettist Eckart von Hirschhausen die Teilnehmer des evangelischen Kirchentages ermutigt, mit dem Klimaschutz ernstzumachen. „Wir sind die letzten Menschen, die noch etwas ändern können. Deshalb haben wir eine historische Verantwortung“, sagte von Hirschhausen bei einer „Klima-Entdeckungsreise“ am Donnerstagabend in Nürnberg. Nach Angaben der Veranstalter besuchten mehr als 4.300 Gäste die Bühnenshow.

Von Hirschhausen trat auch als Gründer seiner Stiftung „Gesunde Erde - Gesunde Menschen“ auf. Gast war James Bhagwan, Pfarrer aus Suva, der Hauptstadt der Fischdis. Auf der Bühne sprachen außerdem Vertreter der Hilfswerke Brot für die Welt und Misereor.

Bürgerinnen und Bürger glaubten oft, dass sie bei der Klimawende wenige Mitstreiter hätten, sagte von Hirschauen: „Die Mehrheit weiß oft nicht, dass sie die Mehrheit ist. Für den Sieg der Dummen reicht es oft, dass die Schlauen schweigen.“ Doch Schweigen sei keine Option: „Es geht nicht darum, dass wir das Klima retten, sondern dass wir uns retten.“



Flüchtlingsbischof kritisiert EU-Asylkompromiss




Christian Stäblein (Archivbild)
epd-bild/Heike Lyding

Nürnberg (epd). EKD-Flüchtlingsbischof Christian Stäblein hat den Asylkompromiss der EU-Innenminister mit deutlichen Worten kritisiert. „Man lässt keine Kinder und Familien vor den Toren stehen - punkt“, sagte der Berliner Bischof am Freitag am Rande des evangelischen Kirchentages in Nürnberg dem Evangelischem Pressedienst (epd). Der Beauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Flüchtlingsfragen fügte hinzu: „Wir können nicht ernsthaft eine Situation wollen, wo Familien an den Grenzen stehen gelassen werden.“

Stäblein zeigte sich enttäuscht, dass sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei den Beratungen der EU-Innenminister und -ministerinnen am Vortag in Luxemburg mit ihren Forderungen nach Ausnahmen für Minderjährige und deren Familienangehörige nicht durchsetzen konnte. Der EKD-Flüchtlingsbeauftragte appellierte an die EU-Parlamentarier, im Zuge des anstehenden Gesetzesverfahrens „Mut zu einer humanen Flüchtlingspolitik“ zu zeigen und den Schutz der Hilfebedürftigen zu stärken. Dies sei „im Namen der Menschenwürde“ unabdingbar.

Die EU-Innenminister hatten sich am Donnerstag in Luxemburg nach langen Verhandlungen auf eine Verschärfung des Asylrechts verständigt. Ein zentraler Punkt ist die Einführung von Grenzverfahren an der EU-Außengrenze. Diese sollen den Asylverfahren vorgeschaltet werden. Dabei wird zunächst formal geprüft, ob Schutzsuchende einen Asylantrag stellen dürfen. Sie müssen so lange in den Erstaufnahme-Lagern bleiben. Deutschland, Irland, Luxemburg und Portugal dringen weiter auf Ausnahmen für Minderjährige und ihre Familienangehörigen.

Verständnis für Kommunen

Die Vorschläge der EU-Innenminister sollen die Zahl der Asylbewerber mit geringen Bleibechancen reduzieren und Abschiebungen vereinfachen. Daneben soll ein Solidaritätsmechanismus eine fairere Verteilung von Schutzsuchenden innerhalb der EU ermöglichen.

Stäblein zeigte Verständnis für die Sorgen der Kommunen, angesichts hoher Flüchtlingszahlen an die Grenze ihrer Aufnahmekapazitäten und Integrationsmöglichkeiten zu kommen. Diese Fragen müssten ernst genommen werden, dürften aber nicht mit humanitären Fragen verknüpft werden. Stäblein verwies in diesem Zusammenhang auf den weitgehend erfolglosen Gipfel von Bund und Ländern zu dieser Frage von Mitte Mai. In der Diskussion den Fokus auf eine schnellere und effizientere Abschiebung von Schutzsuchenden ohne Asylanspruch zu legen, sei insgesamt „ein falscher Zungenschlag“, sagte Stäblein. Im Vordergrund müssten das Recht auf Asyl und eine humane Migrationspolitik stehen.

epd-Gespräch: Jens Büttner


Friedensbeauftragter: Nicht in alte Freund-Feind-Schemen verfallen



Nürnberg (epd). Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Friedrich Kramer, hat mit Blick auf den Ukraine-Krieg vor dem Rückfall in überwunden geglaubte Denkmuster gewarnt. „Es braucht Nüchternheit, um nicht in einfache Freund-Feind, Ja-Nein-Schemen zu verfallen“, sagte der mitteldeutsche Landesbischof am Freitag in Nürnberg in der Lorenzkirche in einem Friedensgottesdienst auf dem 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag. Die derzeitige Weltordnung verbiete den Krieg, daher müsse man der Logik des Krieges widersprechen.

„Wir leben in einer Zeit, in der den Kirchen der Wind scharf ins Gesicht weht“, fügte der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland hinzu. Der Glaube selbst scheine unzeitgemäß. „Jetzt sprechen die Waffen. Sollen die Kirchen dazu schweigen oder Ja zu Waffen sagen?“, sagte Kramer. Er warnte vor einfachen Antworten. „Was ist die Wahrheit, wenn es sehr komplex und kompliziert wird?“

Plädoyer für gewaltlose Konfliktbewältigung

Die evangelische Kirche debattiert seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 kontrovers über ihre Haltung zu Krieg und Frieden. Während die eine Seite Waffenlieferungen aus pazifistischen Gründen ablehnt, halten andere die militärische Hilfe für ethisch geboten. Kramer hatte wiederholt seine Zweifel an Waffenlieferungen für die Ukraine geäußert, auch wenn diese zur Selbstverteidigung berechtigt seien.

Christen müssten sich mehr für gewaltlose Konfliktbewältigung einsetzen, auch wenn dies oft als naiv bewertet werde, betonte Kramer: „Wer zur Unzeit von Gerechtigkeit spricht, wer zur Unzeit die Bewahrung der Schöpfung einfordert, wer zur Unzeit vom Frieden redet, wer in schlechten Zeiten eine gute Botschaft verkündet, der muss mit Widerstand, Spott und Verachtung rechnen.“

Der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag mit rund 2.000 Veranstaltungen an fünf Tagen geht am Sonntag zu Ende.



Alles aus der Maschine




"Alexa, starte den Gottesdienst!" beim Kirchentag
epd-bild/Friedrich Stark
Das hat der evangelische Kirchentag noch nicht erlebt: Besucherinnen und Besucher feiern einen Gottesdienst, der in allen Teilen digital erzeugt wurde. Im Altarraum Avatare statt Menschen. Die Reaktionen sind geteilt.

Nürnberg, Fürth (epd). Keine Orgel, kein Chor. Scheinwerfer statt Kerzen, Videoleinwand statt Kreuz - und kein Mensch im Altarraum: In Fürth bei Nürnberg feiert der evangelische Kirchentag am Freitag Deutschlands ersten Gottesdienst, der in Ablauf und Texten komplett auf Künstlicher Intelligenz (KI) beruht. Mehr als 400 Besucherinnen und Besucher sind bei der Premiere in der voll besetzten evangelischen St.-Paul-Kirche dabei. Sie hören nicht nur Gebete und eine Predigt, die von ChatGPT erstellt wurde. Auch die Musik ist eine KI-Komposition. Auf der Videoleinwand tauchen vor grünem Hintergrund Avatare auf, die Menschen nachempfunden sind. Ein Experiment.

„Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen“, führt eine maschinengenerierte weibliche Stimme reichlich emotionslos in den etwa 40-minütigen Gottesdienst unter dem Motto „Alexa, starte den Gottesdienst“ ein. Und lässt dann gleich dozierend folgen: „Möge unsere gemeinsame Zeit fruchtbar, anregend und vor allem sinnvoll sein.“

Quelle „Best-of-Kollektiv“

Das hofft auch der Wiener Theologe Jonas Simmerlein. Er hat das Projekt initiiert und forscht zum Thema Gottesdienst und KI. Dafür hat er das KI-Programm ChatGPT im Internet vorhandene Daten aus aller Welt auslesen und kombinieren lassen. Woher genau die Inhalte kommen, ist nicht klar. Bei einer anschließenden Podiumsdiskussion nennt Simmerlein als Quelle mit Augenzwinkern ein „Best-of-Kollektiv“.

Die KI jedenfalls sagt Dinge, die in den Ohren der Zuhörenden positiv ankommen könnten. „Liebe Gemeinde, es ist mir eine Freude, als erste KI vor Ihnen zu stehen und zu Ihnen zu predigen“, spricht ein Avatar, diesmal ein junger Mann mit schwarzer Hautfarbe. Im weiteren Verlauf empfiehlt er, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen, um wachsen zu können und KI ethisch-verantwortungsvoll einzusetzen. „Möge die Weisheit meines Glaubens dabei helfen, eine gerechtere Welt für alle zu bauen“, sagt die Maschine. Das Publikum reagiert mit Lachen.

„Fahrstuhlmusik“

Die im Anschluss auch digital übermittelten Rückmeldungen aus dem Kreis der Besuchenden sind überwiegend kritisch: Zu unpersönlich, zu emotionslos, keine Bewegung im Altarraum, keine Atmosphäre, die Musik „wie im Fahrstuhl“.

„Die Gebetssprache ein einziges Geschwätz, der Ablauf ohne Dramaturgie, die wunderbare Kunst des Sprechens geht verloren, der Glaube funktionalisiert mit Aussagen wie 'du musst, du sollst'“, kritisiert Melitta Müller-Hansen, Rundfunkbeauftragte der bayerischen Landeskirche. Außerdem fragt sie: „Spricht die KI im Namen Gottes?“ Und zu der emotionslosen Stimmlage der Avatare sagt sie: „Die Kehle ist die Seele.“

Doch es gibt auch positive Stimmen. Es sei ein Experiment mit Potenzial, lobt beispielsweise die Theologin und Technikanthropologin Anna Puzio. Der Gottesdienst sei „eine coole Sache“. Und der hölzerne Auftritt der Avatare? „Die werden sich verändern“, davon ist sie überzeugt.

„Da kommt was auf uns zu“

Immer wieder geht es in den Reaktionen auf dem Podium und im Kirchenschiff um die Frage, wie die KI reguliert werden kann, wo es Grenzen geben soll und muss. Doch ohnehin sieht der als „Zeremonienmeister“ vorgestellte Projektleiter Simmerlein die KI zunächst in einer assistierenden Rolle. Der Sprachchat könnte als Predigtassistent fungieren: „Die Predigt ist ein Geschehen zwischen Prediger und Gemeinde - und das merken wir.“

Auch Stefan aus dem südhessischen Langen hat während des Gottesdienstes mehrfach mit dem Kopf geschüttelt. Aber der 61-jährige Kirchentagsgast ist auch fest überzeugt: „Das ist ein Prototyp. Da kommt was auf uns zu.“

Von Dieter Sell (epd)


Beten mit Blick auf NS-Bauten?



Der Kirchentag setzt sich mit der NS-Vergangenheit seiner Gastgeberstadt auseinander: Führungen und Hörstationen ordnen den Veranstaltungsort geschichtlich ein. Das Programm stößt auf großes Interesse.

Nürnberg (epd). Ein sonniger Morgen beim evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Der Zeltplatz auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände erwacht. Die ersten Toilettengänge - auch ein Umgang mit Nürnbergs NS-Vergangenheit. „Man kann das ausblenden“, sagt Simon (23). Dennoch wurde es ihm mit Blick auf die NS-Bauten vorhin beim Zähneputzen „irgendwie mulmig“. Die Nähe zur Messe, direkt an Hitlers „Großer Straße“, findet er allerdings gut. Schließlich gibt es hier viele Kirchentagstermine. Camperin Mareike (30) hat kein Problem mit der Kulisse, im Gegenteil: „Der Kirchentag zeigt: Man kann Gemeinschaft leben auch ohne Radikalisierung.“

Ulrich Eigenbrod, Jahrgang 1939, empfindet das Übernachten mit seinem Camper auf dem Stellplatz direkt am Zeppelinfeld als hochemotional und beklemmend. Unweit vom Ort, an dem Hitler von einer Tribüne „seinen Schwachsinn hinunterbrüllte“, wie es Eigenbrod formuliert, sammelt sich jetzt ein kleines Grüppchen. Sie warten auf Barbara Braun vom Verein „Geschichte für Alle“. Sie wird detailliert und im regen Austausch mit der Gruppe über das Gelände informieren: über die Blutfahnenweihe auf dem Luitpoldhain, über die religiöse Überhöhung der Reichsparteitage und über die nie fertiggestellte Kongresshalle.

„Demokratische Besetzung des Orts“

Nürnberg lässt die bestehenden NS-Bauten nicht verfallen. Sie werden auch nicht rekonstruiert, sondern in ihrer Gestalt erhalten. Das erklärt Matthias Braun der nächsten Gruppe. Der Historiker begleitet seitens der Stadt die „demokratische Besetzung, die Öffnung und Profanisierung“ des Orts, wie er sagt. Zur Führung sind so viele gekommen, dass die Gruppe aufgeteilt werden muss. Acht Führungen zur Nürnberger NS-Zeit, ihrer Vorgeschichte, Aufarbeitung und den Nachwirkungen stehen auf dem offiziellen Kirchentagsprogramm. Sie starten an verschiedenen Stellen, verteilt in der Stadt. Die Startpunkte markieren Stelen, an denen per QR-Code auch Audioinformationen abgerufen werden können.

„Gedenken heute“ nennen die Veranstalter die Reihe, die sich wie ein roter Faden durchs Programm zieht. „Wir sind keine geschichtslose Veranstaltung“, sagt Stefanie Rentsch, verantwortlich für das gesellschaftspolitische Programm beim Kirchentag: „Der Kirchentag ist aus dem Wissen um die Schoah und das Versagen von Kirche und Gesellschaft erwachsen.“ Nürnberg sei die Stadt der Reichsparteitage, der Rassengesetze, aber auch die Stadt der Nürnberger Prozesse und der NSU-Morde - „daran müssen wir erinnern“.

Ergänzend zu den Führungen gibt es auch Hörstationen an den Mahnmalen für NS-Zwangsarbeiter, die ermordeten Sinti und Roma und die NSU-Opfer. Große Beachtung finden die Hörstationen allerdings nicht. Von den wenigen Neugierigen, die versuchen, die Geschichten aufzurufen, scheitern viele an der Technik.

Synagoge digital rekonstruiert

Im kleinen Begegnungspavillon „Tacheles“ auf dem Hans-Sachs-Platz mitten in der Altstadt funktioniert die Technik. Mit einer VR-Brille können Besucher die Synagoge, die bis 1938 hier stand, wieder „begehen“. Darauf weist Martin Brons hin. Der Pfarrer der Altstadtkirche St. Sebald informiert bei einer Führung über mittelalterliche, judenfeindliche Darstellungen. Ein Thema, das interessiert. Trotz heftigem Gewitter und Hagelschauer harrt die Gruppe im Pavillon aus und nutzt die Wartezeit, um über den Umgang mit Nürnbergs Geschichte ins Gespräch zu kommen.

1979, als der Kirchentag zum ersten Mal in Nürnberg zu Gast war, war die Aufarbeitung der NS-Zeit bereits ein Schwerpunkt des Programms. Damals mit Diskussionen und Vorträgen. Rentschs Ansatz ist ein anderer: „Wir wollen nicht von oben herab sprechen, sondern akustische Stolpersteine schaffen, Geschichte erlebbar machen, mit allen Sinnen. Wo sind schlimme Dinge passiert? Wo gab es Zerstörung? An den Orten können die Menschen ins Gespräch kommen.“

Von Annette Link (epd)



Podien

Habeck diskutiert mit "Letzter Generation"




Carla Hinrichs und Robert Habeck
epd-bild/Thomas Lohnes
Verkehrsminister Wissing hat sich mit ihnen hinter verschlossener Tür getroffen. Wirtschaftsminister Habeck liefert sich beim Kirchentag öffentlich einen Schlagabtausch mit einer Vertreterin der "Letzten Generation". Beide Seiten bekommen Applaus.

Nürnberg (epd). Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich beim evangelischen Kirchentag in Nürnberg einen Schlagabtausch mit einer Vertreterin der Klimabewegung „Letzten Generation“ geliefert. Auf einem Podium mit der Sprecherin der Bewegung, Carla Hinrichs, erneuerte er am Freitag seine Kritik an deren Verkehrsblockadeaktionen. „Dieser Protest verhindert eine Mehrheit für Klimaschutz und treibt die Leute weg“, sagte Habeck. Die Aktionen seien unspezifisch, träfen alle und damit „in Wahrheit niemanden“, sagte er. „Damit verpufft er und macht Leute nur zornig und ärgerlich“, sagte Habeck.

Hinrichs hielt Habeck entgegen: „Seit wann bewertet die Regierung den Protest gegen sich selber als richtig oder falsch?“ Ihre Bewegung habe sich zur Aufgabe gemacht, „Feueralarm“ zu sein wie bei einem Hochhaus, das im Keller brennt. Der Alarm sei laut und nervig, aber niemand würde im Nachhinein sagen, dass er falsch gewesen sei, sagte Hinrichs.

Vertreterinnen und Vertreter der „Letzten Generation“ blockierten am Freitag auch den Straßenverkehr am Hauptbahnhof in Nürnberg, was Habeck angesichts des Kirchentags kritisierte: „Was können die denn dafür“, sagte er mit Blick auf die Teilnehmer des Christentreffens.

Ovationen für Hinrichs

Beide Seiten ernteten für ihre Positionen viel Applaus in der voll besetzten Halle auf dem Messegelände, die rund 4.500 Besucherinnen und Besucher fasst. Hinrichs bekam für ihr Eingangsstatement sogar stehende Ovationen. Vertreter der „Letzten Generation“ hatten bereits Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) getroffen, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Habeck ist das erste Regierungsmitglied, das öffentlich mit einer Vertreterin der umstrittenen Organisation diskutierte.

Der Minister erntete Applaus für seinen Vorwurf, die „Letzte Generation“ trage zur Spaltung bei. „Politisch teile ich das Argument nicht: Die Gesellschaft spaltet sich, dann wollen wir Teil der Spaltung sein. Das ist doch falsch“, sagte er. Er warnte zudem vor der Instrumentalisierung apokalyptischer Szenarien, um Forderungen nach mehr Klimaschutz Nachdruck zu verleihen. Negativnachrichten und Schreckensszenarien „werden immer im Wettbewerb mit dem nächsten Populismus stehen“, sagte der Minister. Die Überbietung des Negativen, „getriggert durch soziale Medien, Likes und Tweets“, führe nicht dazu, dass die Gesellschaft an Verbesserung, Hoffnung und Zuversicht arbeite.

„Regierungen haben es verbockt“

Hinrichs unterstrich die Forderung der „Letzten Generation“ nach einem Gesellschaftsrat. Die Regierungen der vergangenen 40 Jahre hätten es „verbockt“, genug zur Abwendung der Erderwärmung zu unternehmen, sagte sie. Ihr fehle das Vertrauen, dass der aktuellen Regierung dies „in diesem System“ gelinge.

Die Vorständin der Dachorganisation Klima-Allianz, Christiane Averbeck, kritisierte indirekt ebenfalls die Aktionen der „Letzten Generation“. Ihre Mitgliedsorganisationen beschäftigten sich schon lange mit dem Thema und erreichten 25 Millionen Menschen. Die dort Engagierten „haben eigentlich keine Böcke darauf“, sich in den Medien nur darüber auszutauschen, ob die Proteste der „Letzten Generation“ legitim sind oder nicht.



Habeck: Heizungsgesetz hat Vorläufer aus der Kirche



Nürnberg (epd). Vor dem Hintergrund des erhitzten politischen Streits um das Heizungsgesetz hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die evangelische Kirche für ihre Vorbildfunktion gelobt. „Das Gesetz hat einen Vorläufer“, sagte Habeck am Freitag beim evangelischen Kirchentag und verwies auf die im vergangenen Jahr von der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beschlossenen Klimaschutzrichtlinie, die für den eigenen Bereich fossile Heizquellen in Zukunft verbietet.

„Im Grunde haben wir nur übersetzt, was die Kirchen gemacht haben“, sagte Habeck und fügte mit einem Schmunzeln hinzu: „Jetzt kann ich es ja verraten.“ Er dankte der evangelischen Kirche, dass sie bei dem Thema selbst entschieden vorangehe.

Seit Oktober 2022 gilt für die EKD und die 20 Landeskirchen die Richtlinie, die zum Ziel hat, bis 2045 Gebäude und Einrichtungen klimaneutral zu betreiben. Sie legt Umsetzungsschritte unter anderem bei der Energieversorgung, für Dienstreisen und Kantinen fest.

Verzicht auf fossile Brennstoffe

Zu Heizungen heißt es dort, dass auf fossile Brennstoffe künftig zu verzichten sei. Beim Einbau von Heizungsanlagen sollen klimaverträgliche Technologien genutzt werden, etwa Wärmepumpen, Solarthermie oder Photovoltaikanlagen.

Die Ampel-Koalition hat eine ähnliche Regelung vereinbart, deren konkrete Umsetzung zwischen den Parteien aber noch heftig umstritten ist. Habeck will erreichen, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird.



Staatssekretär verteidigt Waffenlieferungen: Applaus beim Kirchentag




Podium mit Carsten Breuer, Sven Giegold, Heike Springhart und Friedrich Kramer (v.l.), in der Mitte Moderatorin Meinhardt.
epd-bild/Thomas Lohnes

Nürnberg (epd). Vertreter von Bundeswehr, Bundesregierung und Kirche haben am Freitag beim Kirchentag in Nürnberg kontrovers über die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine debattiert. Der Staatssekretär im für Rüstungsexporte zuständigen Bundeswirtschaftsministerium, Sven Giegold (Grüne), sagte, dies nicht zu tun hieße, anderen die Sicherung der nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten Friedensordnung zu überlassen. „Wir als Christinnen und Christen sind verpflichtet, auf eine Kultur der Gewaltlosigkeit hinzuwirken“, sagte Giegold, der auch Mitglied im Kirchentagspräsidium ist. Im konkreten Fall sei es aber richtig, die Opfer zu unterstützen.

Giegold erhielt in der voll besetzten Messehalle mit 5.000 Plätzen vom Kirchentagspublikum deutlich größeren Applaus als der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Friedrich Kramer, der seine Ablehnung der Waffenlieferungen erneuerte. Der mitteldeutsche Bischof begründete dies mit dem Aufruf Jesu zu Gewaltlosigkeit, aber auch mit der deutschen Geschichte. Die Ukraine verteidige sich „völlig zu Recht“, Deutschland habe aber auf Grund seiner Geschichte auch eine „Blutschuld“ gegenüber Russland. Kramer erhielt nur vereinzelt Applaus vom Kirchentagspublikum, das früher eng mit der Friedensbewegung verbunden war.

Kramers Position in der Kirche umstritten

Kramers Position ist auch innerhalb der evangelischen Kirche umstritten. Die badische Bischöfin Heike Springhart erinnerte auf dem Podium daran, dass auch der Zweite Weltkrieg durch militärische Hilfe beendet wurde. Er „wäre nicht am Verhandlungstisch zu Ende gegangen“, sagte Springhart.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, sagte, wenn die westlichen Staaten nicht mit Waffenlieferungen unterstützt hätten, „wäre der Krieg vermutlich zu Ende“. Die Ukraine gäbe es dann aber nicht mehr und die Menschen wären unter dem Joch Russlands. „Der Krieg wäre vorbei, das Leiden für die Menschen ginge weiter“, sagte Breuer, der ebenfalls die Waffenlieferungen verteidigte.



Beauftragter Klein: Mehr auf Betroffene von Antisemitismus hören



Antisemitismus grassiert laut Zentralratspräsident Josef Schuster "so offen wie schon lange nicht mehr". Die Forscherin Marina Chernivsky stellt fest: Viele Deutsche nehmen ihn aber nicht wahr. Der Beauftrage Felix Klein fordert mehr Sichtbarkeit.

Nürnberg (epd). Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, fordert, sich in der Diskussion um Judenfeindlichkeit mehr in die Lage der Betroffenen hineinzuversetzen. Es werde oftmals gar nicht geglaubt, was Jüdinnen und Juden schilderten, sagte Klein am Freitag beim evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Stattdessen hörten sie Aussagen wie „Juden sind so empfindlich“, „das kann ich gar nicht glauben“ oder „ich finde das gar nicht so schlimm“.

Deswegen müsse ähnlich wie bei einer Krankheit Antisemitismus diagnostiziert und sichtbar gemacht werden, betonte der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus. Es gehe auch darum, klar zu machen, wie sich Antisemitismus im Alltag unterhalb der Strafbarkeitsgrenze äußere.

Antisemitismus gibt es laut der Psychologin Marina Chernivsky „nicht nur in der brachialen Form, nicht nur am radikalen Rand, sondern im Alltag, im Nahbereich“. „Gibt es noch eine Gewaltform, die so oft infrage gestellt wird?“, sagte die Leiterin des unter anderem zu Antisemitismus forschenden und beratenden Kompetenzzentrums Prävention und Empowerment. In ihrer Forschung sei der häufigste Satz: „Ich wusste nicht, dass es das gibt.“

„So offen wie schon lange nicht mehr“

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erläuterte, dass Antisemitismus in seinen verschiedensten Ausprägungen mittlerweile „so offen wie schon lange nicht mehr“ grassiere. Er entstehe aus einer diffusen Unzufriedenheit, kanalisiere diese und gebe Menschen eine Projektionsfläche für ihre Frustration. „Er ist ein süßes Gift, welches die Mehrheit von jeder Verantwortung freispricht, solange anderen alle Schuld aufgeladen werden kann“, betonte er.

Jüdische Kulturschaffende nähmen zurzeit eine zunehmende Ausgrenzung im Kulturbetrieb wahr, ergänzte Schuster. Ein Boykottaufruf, der sich faktisch gegen Juden richte, solle von niemanden toleriert werden, betonte er mit Blick auf die sogenannte BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions). „Kritik an der israelischen Regierungspolitik ist absolut legitim“, sagte Schuster. Die schärfsten Kritiker seien vermutlich in Israel selbst. Doch die BDS-Bewegung suggeriere, dass durch die Zerstörung des Staates Israel alle Probleme gelöst werden könnten. Das sei keine Diskussionsgrundlage.

Schuster forderte jeden Einzelnen auf, sich auch im privaten Umfeld klar gegen Antisemitismus zu äußern. „Sagen Sie etwas, auch wenn es nicht immer angenehm ist“, mahnte er. Wer Antisemitismus ignoriere, trage zu dessen Bestehen bei.



Forscher sieht Missbrauch der Religionsfreiheit durch Autokraten



Nürnberg (epd). Der Politikwissenschaftler Heiner Bielefeldt hat einen Missbrauch des Rechts auf Religionsfreiheit durch autokratisch regierte Staaten kritisiert. „Da gibt es falsche Freunde, die es darauf anlegen, aus Religionsfreiheit etwas ganz anderes zu machen“, sagte Bielefeldt am Freitag beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Als Beispiel nannte er Russland, das sich gegenwärtig als Schutzmacht der Christen im Nahen Osten inszeniere. Dabei werde die Religionsfreiheit zum Teil zu einer „Bastion des Antiliberalismus und Antigenderismus“ stilisiert.

Auf diese Weise werde sie aus dem Bezugssystem der Menschenrechte herausgelöst, sagte Bielefeldt, der als Professor an der Universität Erlangen lehrt. Beides gehöre aber untrennbar zusammen. Kern der Religionsfreiheit sei das Recht jedes Menschen, eine eigene Überzeugung zu haben. Geschützt sei die „Freiheit bei der Sinnsuche“.

Schwabe: Religionsfreiheit im Ausland ansprechen

Der Beauftragte der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Frank Schwabe (SPD), plädierte in der Diskussion dafür, dass die Bundesregierung bei allen Besuchen im Ausland die dortige Situation der Religionsfreiheit und Menschenrechte ansprechen sollte. Dies sei wichtig für die Menschen, die wegen ihrer Überzeugungen unterdrückt würden oder im Gefängnis säßen: „Das ist das Minimum dessen, was wir außenpolitisch tun können.“ Andernfalls bestätige die Regierung das Vorgehen der dortigen Machthaber.



Lammert: Integration und Migration nicht verknüpfen



Nürnberg (epd). Für den früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) ist die Frage nach Integration zu stark mit dem Begriff Migration verknüpft. Es sei auffällig, wie stark die Integrationsfrage mit der Migrationsfrage verbunden werde, sagte Lammert am Freitag beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg.

Für ihn sei die Frage nach Integration die Frage nach dem Zusammenhalt in der Gesellschaft und den Bedingungen, unter denen dieser zustande komme. Diese Debatte werde aber erst geführt, seitdem über Migration diskutiert werde, sagte Lammert: „Dieser Zusammenhang besteht aber nicht.“

Jemand, der nie zugewandert ist, könne trotzdem kaum in die Gesellschaft integriert sein, genauso wie jemand, der zugewandert ist, kaum Probleme bei der Integration haben könne, betonte Lammert. „Ich frage mich, wenn man allen Bio-Deutschen einmal im Jahr den Einbürgerungstest abverlangen würde, wie viele dann durchfallen würden“, fügte er hinzu. Lammert war am Freitag als Redner zu Gast bei einem Podium zur Frage „Wo geht's zur deutschen Leitkultur?“.



Expertin: Wohnungswirtschaft soll Sanierungen bezahlen



Nürnberg (epd). Die Stadtplanungs-Expertin Lisa Vollmer fordert, dass die Wohnungswirtschaft die Kosten für die energetische Sanierung von Mietwohnungen voll übernimmt. Auf dem evangelischen Kirchentag in Nürnberg sprach sich die Wissenschaftlerin vom Weimarer Institut für Europäische Urbanistik am Freitag dafür aus, „dass die private Wohnungswirtschaft, die hohe Gewinne macht, die Sanierungen allein bezahlt und die Mieter nicht belastet werden“.

Sie verwies darauf, dass die derzeitigen Gesetze Vermietern keinen Anreiz böten, ihre Gebäude zu dämmen und die Heizungen auszutauschen, denn die Heizkosten zahlten ja die Mieter. Die wiederum seien auch nicht begeistert von den Sanierungen, denn nach Abschluss der Arbeiten steige ihre Miete um bis zu acht Prozent.

Sanierungsquote zu niedrig

Vollmer betonte, dass nicht der Neubau entscheidend dafür sei, die bundesdeutschen Klimaziele einzuhalten, sondern die energetische Sanierung der Millionen von Altbauten. Ihren Angaben nach sind 80 Prozent der Wohngebäude hierzulande älter als 30 Jahre.

Nur ein Prozent der Bestandswohnungen würden derzeit pro Jahr energetisch saniert, erläuterte Vollmer. Nötig sei aber eine Quote von vier Prozent, was derzeit angesichts von hohen Kreditzinsen, Fachkräftemangel und hohen Baukosten kaum möglich sei. So gerieten die Klimaziele zwangsläufig ins Hintertreffen.




Bibelarbeiten

Bischöfin Fehrs: Betroffene bei Vergebung nicht allein lassen



Nürnberg (epd). Für die stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirsten Fehrs, ist es wichtig, dass Betroffene beim Vergeben nicht allein gelassen werden. „Wenn man sagt 'Vergib doch!', delegiert man es wieder an die betroffenen Menschen“, sagte die Hamburger Bischöfin am Freitag bei einer gemeinsamen Bibelarbeit mit dem Schauspieler und Autor Samuel Koch beim evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Ähnlich gehe es Josef in einer biblischen Erzählung, als er über Boten aufgefordert wird, seinen Brüdern zu vergeben, die ihn zuvor in die Sklaverei verkauft hatten (1. Mose 50, 15-21).

Fehrs berichtet, dass sie in der Nordkirche mit mehr als 200 Betroffenen sexualisierter Gewalt im Raum der Kirche in Kontakt stehe. „Das ist jedes Mal bedrückend und löst in mir eine Erschütterung aus, was in der Kirche möglich war, und dass sich niemand schützend vor diese Kinder gestellt hat“, sagte sie. Deshalb wolle sie alles dafür tun, dass das Trauma aufgearbeitet werde und so etwas nicht wieder passiere.



Bischof Meister warnt vor "Kultur der Lüge"



Nürnberg (epd). Der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover hat vor einer „Kultur der Lüge“ in der Politik und im öffentlichen Leben gewarnt. Beim evangelischen Kirchentag in Nürnberg rief er Bürger, Politiker und Medienschaffende am Freitag zu einem „Ringen um die Wahrheit“ auf. „Inflationäre Lüge führt zur Verschleierung der Wahrheit zugunsten parteilicher Ideologie“, warnte er.

Für eine funktionierende Demokratie sei Wahrheit unverzichtbar, betonte der Bischof laut Redemanuskript. Meister ist auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).

Beispiel Putins „Spezialoperation“

In der globalen Politik gehörten Lügen heute bereits zur gewöhnlichen Rede, sagte der Bischof. Als Beispiel nannte er den Einmarsch Russlands in die Ukraine, der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin als „Spezialoperation“ und nicht als Krieg bezeichnet werde. In einer Demokratie könne eine „Kultur der Lüge“ zu einem substanziellen Problem werden. Gute Politik müsse auf Fakten beruhen, um nicht zu falschen oder schädlichen Entscheidungen zu kommen, betonte Meister.

Zudem stehe die politische Lüge quer zu demokratischen Kernelementen wie Vertrauen, Kontrolle und Transparenz. In der repräsentativen Demokratie müssten die Bürgerinnen und Bürger den Volksvertretern vertrauen können.



Kirchentagspräsident de Maizière: Widersprüche aushalten



Nürnberg (epd). Kirchentagspräsident Thomas de Maizière hat dazu aufgerufen, andere Positionen als die eigene zuzulassen, etwa bei Fragen des Genderns oder der Corona-Impfung. „Widersprüche auszuhalten macht Zusammenleben oft erst möglich“, sagte die Maizière in einer Bibelarbeit am Freitag beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg.

Der ehemalige Bundesminister legte die Josefsgeschichte des Alten Testaments aus. Auch diese Geschichte bleibe oft im Ungefähren, sagte er. Im Text stehe beispielsweise nicht, dass Josef seinen Brüdern, die ihn als Sklaven nach Ägypten verkauft hatten, tatsächlich vergeben habe, auch wenn er sie freundlich aufgenommen habe.

„Leben ist ambivalent“

„In unserem digitalen Zeitalter scheinen wir nur aus Null und Eins zu bestehen“, sagte de Maizière. „Wir wollen alles eindeutig haben.“ Aber das Leben sei nun einmal ambivalent. Im Zulassen von Unbestimmtheit liege die Chance auf ein gutes Zusammenleben, auch wenn man verschiedener Meinung sei, folgerte der Kirchentagspräsident.



Astronom Falcke: Reflektiert mit Macht umgehen



Nürnberg (epd). Der Astronom und Buchautor Heino Falcke hat Bürger und Politiker zu einem heilsamen und reflektierten Umgang mit Macht aufgerufen. Jeder wisse, dass Macht Menschen verändern und korrumpieren könne, sagte Falcke am Freitag beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Der Verzicht auf Macht sei jedoch auch keine Option: „Macht macht etwas. Macht kann verändern“, betonte er unter anderem mit Blick auf die friedliche Revolution in der DDR. „Ohnmacht ist nicht heiliger als Macht.“

Veränderung müsse auch manchmal von oben geschehen, sagte der Radioastronom in einer Bibelauslegung. „Man muss sich auch mal die Finger schmutzig machen, wenn man irgendetwas tun möchte. Und das geht nicht immer mit der reinen Lehre.“ Zu einem positiven Umgang mit Macht gehöre Weisheit und im besten Fall das Bewusstsein, dass Gott über aller menschlichen Macht stehe, betonte der Wissenschaftler: „Denn aus Gottes Perspektive sind alle Menschen gleich.“

Schwarzes Loch fotografiert

Der Radioastronom ist Professor an der Universität Nijmegen in den Niederlanden. Vor vier Jahren gelang es ihm und seinem Team, mithilfe eines weltumspannenden Netzwerks von Radioteleskopen ein zentrales Schwarzes Loch im Weltall zu fotografieren. Falcke ist ein entfernter Verwandter des früheren evangelischen Propstes Heino Falcke (94) aus Erfurt.



Söder: Vergebung ist Basis des Friedens



Nürnberg (epd). Der Beschluss der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER), ihren Hauptsitz von London nach München zu verlegen, ist für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) „ein beeindruckendes Zeichen der Vergebung“. Die Konferenz habe sich bei ihm für die Menschen bedankt, die jüdisches Leben in München wieder möglich machten, sagte Söder am Freitag bei einer Bibelarbeit auf dem 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. „Ein Vergeben im Herzen ist die Basis für den Frieden in der Zukunft“, erklärte Söder.

Die CER hatte Anfang Mai mitgeteilt, ihre Aktivitäten künftig in einem vom Freistaat Bayern geförderten „Zentrum für Jüdisches Leben“ zur Ausbildung von Rabbinern und Rebbetzin (Rabbinerfrauen) deutlich zu erweitern.

Querdenkern vergeben

„Vergebung sollte ein Grundprinzip des menschlichen Lebens sein“, stellte Söder fest. Er erinnerte an die Zeit der Corona-Pandemie, nach der er selbst auch habe vergeben müssen. Er habe denen vergeben, die sich aufgeregt hätten und denen, „die furchtbar quergedacht“ haben. Am meisten hätten ihn aber die Menschen geärgert, die nicht aus Rücksicht für Schwache und Kranke ihre Freiheit einschränken wollten, sagte der Ministerpräsident.



Hirschhausen fordert Fleischverzicht gegen den Welthunger



Nürnberg (epd). Der Kabarettist Eckart von Hirschhausen hat sich dafür ausgesprochen, zur Bekämpfung des Welthungers auf Fleisch zu verzichten. „Zu viele Kalorien gehen in Tiere, um aus Getreide Fleisch zu machen“, sagte er am Freitag in einer Bibelarbeit zur Josefsgeschichte im Alten Testament beim evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Mit auf dem Podium waren die Präsidentin von "Brot für die Welt, Dagmar Pruin, und der Hauptgeschäftsführer von Misereor, Pirmin Spiegel.

„Wenn wir die Nutztierhaltung in Europa halbieren, hätten wir schlagartig so viel mehr Getreide zu essen“, sagte Hirschhausen weiter. Er selbst ernähre sich weder vegetarisch noch vegan. Dabei spreche gesundheitlich einiges für weniger Fleischkonsum, betonte der Mediziner. Dieser Verzicht sei auch „ein Verzicht auf Herzinfarkt und Schlaganfall“.

Pruin: Es wird ausreichend Nahrung produziert

Pruin gab zu bedenken, dass weltweit prinzipiell schon jetzt genügend Nahrung produziert werde. „Wir haben das Zweieinhalbfache an Kalorien, um alle satt zu bekommen“, sagte die evangelische Theologin. Der Hunger entstehe auch dadurch, dass in Krisen wie die der des Ukrainekrieges mit Grundnahrungsmitteln spekuliert werde.

Misereor-Chef Spiegel stimmte zu. Europa dürfe die Länder des globalen Süden nicht in Abhängigkeit halten. Vielmehr sei Europa auf diese Länder angewiesen, um eine Lösung für den Ukrainekrieg zu finden. Spiegel erinnerte daran, dass rund 40 Staaten im Februar einer Resolution der UN-Vollversammlung nicht zugestimmt hatten, die den Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine fordert.




Rotes Sofa

Hirschhausen: Kirche nutzt Einfluss nicht genug



Nürnberg (epd). Der Kabarettist Eckart von Hirschhausen hat die Kirchen zu mehr Anstrengung bei der Bekämpfung der Erderhitzung aufgefordert. „Die Hebel, die wir haben, werden nicht ausreichend genutzt“, sagte er am Freitag auf dem „Roten Sofa“ der Kirchenpresse beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Immer noch seien kircheneigene Dächer ohne Solaranlagen, immer noch werde Land verpachtet, auf dem anschließend Böden zerstört würden, sagte von Hirschhausen.

Auch bei der Geldanlage hätten die Kirchen viele noch ungenutzte Einflussmöglichkeiten. Bei den anstehenden Veränderungen brauche es eine positive Erzählung, erklärte der Kabarettist. In Zeiten des Wirtschaftswunders habe die Einstellung vorgeherrscht, dass man selbst gar nicht all das genießen könne, was man aufbaue, sondern erst spätere Generationen. „So einen Spirit brauchen wir jetzt auch wieder“, sagte er. „Ich möchte von der Welt abtreten mit dem Gefühl: Ich habe es versucht“, fügte Hirschhausen hinzu.



Ex-Siemens-Chef Kaeser erhofft sich neues Wirtschaftswunder




Joe Kaeser
epd-bild/Thomas Lohnes

Nürnberg (epd). Der ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser erhofft sich angesichts der neuen globalen Polarität zwischen den USA und China ein neues deutsches Wirtschaftswunder wie in den 50er und 60er Jahren. „Wir können das - durch Innovation und mit einer sozialökologischen Marktwirtschaft“, sagte Kaeser am Freitag auf dem „Roten Sofa“ der Kirchenpresse beim 38. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Der Manager ist derzeit Aufsichtsratsvorsitzender von Siemens Energy und Daimler Truck.

„Die große Herausforderung Amerikas in den kommenden 30er Jahren wird das südchinesische Meer sein“, betonte Kaeser. In dieser Lage sei das vornehmliche Interesse der USA nicht, dass Europa mitkomme, wenn es sich nicht richtig organisiere: „Da darf man nicht naiv sein.“ Daher sei es jetzt wichtig, dass die EU ein funktionsfähiges Europa baue, um China und den USA selbstbewusst gegenübertreten zu können.

„Demokratien in der Minderheit“

Kaeser wandte sich dagegen, die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China davon abhängig zu machen, ob es demokratische Werte achte. „Das ist illusorisch. Die 1,4 Milliarden Menschen dort werden sich nicht umstellen.“ Hinzukomme: „Die Demokratien unserer Prägung sind in der Minderheit, und es werden jedes Jahr weniger Menschen.“ Deutschland und Europa dürften sich davon jedoch nicht entmutigen lassen, sondern müssten ihr Schicksal beherzt in die Hand nehmen.



BR-Intendantin erwartet steigende Reichweite bei unter 50-Jährigen



Nürnberg (epd). BR-Intendantin Katja Wildermuth rechnet bis 2028 wieder mit steigender Reichweite in der jüngeren Zielgruppe. „Wir werden einen starken Zulauf der Userinnen und Usern in der Gruppe unter 50 haben“, sagte sie am Freitag beim evangelischen Kirchentag auf dem „Roten Sofa“ der Kirchenpresse. Sie räumte ein, dass „wir natürlich noch ein Ungleichgewicht beim Programm für über 50-jährige und unter 50-jährige haben. Aber wir haben ganz tolle Kollegen im Haus, die super Ideen haben und da sind wir gerade dran.“

Auf welche Sendungen des Bayerischen Rundfunks (BR) für ältere Menschen sie dafür verzichten würde, wollte Wildermuth nicht sagen. „Aber wir legen das alles auf den Prüfstand und wir sind auch dabei, innerhalb der ARD zu schauen, dass wir kooperativer und komplementärer arbeiten, im technischen Bereich, im Verwaltungsbereich und im inhaltlichen Bereich, damit wir wieder mehr Power in die ARD bekommen“, sagte Wildermuth weiter.

Sparkurs angemahnt

Laut AGF Videoforschung in Zusammenarbeit mit GfK hatten alle dritten ARD-Programme im Monat Mai 2023 einen Marktanteil von 7,9 Prozent in der Zielgruppe von 14 bis 49 Jahren, bei einem Monatsanteil von insgesamt 13,2 Prozent. Bayerns oberster Rechnungshof hatte den BR im Herbst 2022 erneut zu einem verschärften Sparkurs aufgefordert.

Wildermuth ist seit 1. Februar 2021 Intendantin des BR. Sie ist die erste Frau an der Spitze des Senders.