Nürnberg (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum Auftakt des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentags in Nürnberg die deutschen Waffenlieferungen in die Ukraine verteidigt. „Auch ich hätte mir nicht vorstellen können, dass ich einmal sagen würde, neben all den anderen Anstrengungen: Es ist auch Zeit für Waffen“, sagte Steinmeier am Mittwoch auf dem Hauptmarkt der fränkischen Stadt mit Blick auf die Kirchentagslosung „Jetzt ist die Zeit“.

Die evangelische Kirche debattiert seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine im Februar 2022 kontrovers über ihre Haltung zu Krieg und Frieden. Während die eine Seite Waffenlieferungen an die Ukraine aus pazifistischen Gründen komplett ablehnt, halten andere die militärische Unterstützung für ethisch geboten. Steinmeier selbst gehörte dem Kirchentagspräsidium an. Bevor er Bundespräsident wurde, war er sogar als Kirchentagspräsident vorgesehen.

„Tiefes Dilemma“

Der Krieg in der Ukraine stürze Christen in ein tiefes Dilemma, räumte Steinmeier ein: Müsse nicht gerade Christinnen und Christen die Frage quälen, wie es mit dem Glauben, mit dem christlichen Friedensgebot vereinbar sei, wenn Waffen in ein Kriegsgebiet geliefert werden? Müssten nicht gerade Christen alles Menschenmögliche tun, um das Leiden nicht noch weiter zu verlängern, fragte das Staatsoberhaupt vor rund 20.000 Kirchentagsbesuchern auf dem Hauptmarkt.

Die Europäer haben Steinmeier zufolge nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges die Lehre gezogen: „Nie wieder!“ Nie wieder bedeute, dass es in Europa keinen verbrecherischen Angriffskrieg mehr geben dürfe, sagte das Staatsoberhaupt. Nie wieder bedeute heute, „dass wir einem Land zur Seite stehen, in dem ein brutaler Aggressor schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen lässt, wehrlose Zivilisten angreift und tötet, ihre Häuser zerbomben und Kinder verschleppen lässt“.