sozial-Branche

Pflege

Gastbeitrag

Bitteres Aus: Hilfsprojekt für Pflegeazubis endet




Claudia Kröll
epd-bild/IN VIA
Trotz Fachkräftemangel endet in Nordrhein-Westfalen ein Unterstützungsprojekt für Pflegeauszubildende. In ihrem Gastbeitrag für epd sozial beschreibt Claudia Kröll von IN VIA, dass "PfAu - Pflegeauszubildende unterstützen" Ausbildungsabbrüche verhindern konnte.

Am 30. April 2025 ging das Modellprojekt „PfAu - Pflegeauszubildende unterstützen“ nach zwei intensiven Jahren zu Ende. Was bleibt, ist ein klares Fazit: Die gezielte sozialpädagogische Begleitung von Auszubildenden in der Pflegefachassistenz wirkt. Sie trägt messbar dazu bei, Ausbildungsabbrüche zu vermeiden, stärkt die persönliche und berufliche Entwicklung der Teilnehmenden und schafft langfristige Perspektiven für einen Berufszweig, der mit einem akuten Fachkräftemangel kämpft. Umso unverständlicher ist es, dass dieses nachweislich erfolgreiche Modellprojekt nun ohne Anschlussfinanzierung ausläuft.

Pflege: Systemrelevant - aber Ausbildung gefährdet

Der Mangel an qualifiziertem Personal in der Pflege ist seit Jahren ein zentrales Problem im deutschen Gesundheitswesen. Während viele politische und fachliche Diskussionen sich darauf konzentrieren, wie mehr Menschen für Pflegeberufe gewonnen werden können, bleibt eine andere Frage oft unbeantwortet: Wie können diejenigen, die sich für diesen Beruf entscheiden, auch erfolgreich durch die Ausbildung begleitet werden?

Gerade in der einjährigen Ausbildung zur Pflegefachassistenz ist die Abbruchquote hoch. Die Gründe dafür sind vielfältig: Fehlende soziale und fachliche Unterstützung, Überforderung in der Praxis, Sprachbarrieren oder persönliche Belastungen - all das kann dazu führen, dass Auszubildende aufgeben, bevor sie überhaupt im Beruf ankommen. Strukturelle Unterstützungsangebote speziell für diese Zielgruppe existieren bislang kaum - jedenfalls nicht in einem Umfang, der dem tatsächlichen Bedarf gerecht würde.

Während in der dreijährigen Pflegeausbildung mit Programmen wie „AsaFlex“ Förderansätze erprobt werden, fehlen vergleichbare Konzepte für die kürzere Pflegefachassistenz nahezu vollständig. Dabei ist gerade diese Ausbildung für viele junge Menschen mit Förderbedarf oder Migrationsgeschichte oft der erste realistische Zugang zu einer beruflichen Perspektive im Pflegebereich.

Das Projekt PfAu: Ein Modell mit Wirkung

Hier setzte das Projekt „PfAu - Pflegeauszubildende unterstützen“ an. Es wurde von IN VIA Köln gemeinsam mit vier Pflegeschulen in Köln und Bonn entwickelt und realisiert. Ziel war es, Auszubildende in der Pflegefachassistenz über alle Phasen ihrer Ausbildung hinweg sozialpädagogisch zu begleiten - individuell, praxisnah und ressourcenorientiert. Das Unterstützungsmodell von PfAu umfasste sechs aufeinander abgestimmte Bausteine:

1. Systemisches Casemanagement als niedrigschwellige Einzelberatung

2. Coaching in den Praxisphasen zur Reflexion und Stabilisierung

3. Lernbegleitung in Kleingruppen zur fachlichen Stärkung und Prüfungsvorbereitung

4. Module zum Thema „Lernen lernen“ vermitteln grundlegende Lernstrategien

5. Berufliche Identitätsentwicklung zur Stärkung der Motivation

6. Unterrichtsbegleitung mit Blick auf didaktische Barrieren oder Sprachschwierigkeiten

Ein zentrales Merkmal des Projekts war die enge Verzahnung aller Angebote mit den Lernorten Schule und Praxis. Die Begleitung fand direkt dort statt, wo die Auszubildenden lernen und arbeiten - niederschwellig, verbindlich und auf Augenhöhe. Die enge Zusammenarbeit zwischen Fachlehrkräften, Praxisanleitungen, Projektmitarbeitenden und Trägerorganisation erwies sich dabei als Schlüssel zum Erfolg. Sie ermöglichte es, frühzeitig auf Schwierigkeiten zu reagieren und passgenaue Hilfen zu entwickeln.

Insgesamt wurden durch PfAu rund 300 Auszubildende erreicht - viele davon mit erhöhtem Unterstützungsbedarf. Die Rückmeldungen sprechen eine deutliche Sprache: Die Abbruchquote sank signifikant. Fachlehrkräfte und Praxisanleitungen berichteten von einer spürbaren Entlastung im Ausbildungsalltag. Die Auszubildenden selbst gaben in Evaluationen an, durch die kontinuierliche Begleitung mehr Sicherheit, Selbstvertrauen und Motivation entwickelt zu haben. Die Praxisphasen, die häufig als besonders belastend empfunden werden, wurden durch die projektgestützte Reflexion und Unterstützung deutlich besser bewältigt.

Der in der Projektlaufzeit entwickelte Handlungsleitfaden von IN VIA Köln fasst die Erkenntnisse praxisnah zusammen und bietet Bildungsträgern, Schulen sowie politischen Entscheidungsträgerinnen und -tägern konkrete Empfehlungen. Er benennt die Bedingungen, unter denen Ausbildung erfolgreich verläuft - und wie Unterstützungsstrukturen so gestaltet werden können, dass sie wirken. Was jetzt zählt: Dauerhafte Integration statt befristeter Projekte.

Belastbare Ergebnisse

Das Projekt PfAu hat gezeigt, wie Ausbildungserfolge gezielt gefördert werden können - gerade für diejenigen, die ohne Unterstützung durch das Raster fallen würden. Die Ergebnisse sind belastbar, das Konzept erprobt und die Wirkung belegt. Doch statt dieses Wissen in dauerhafte Strukturen zu überführen, läuft das Projekt nun aus - allein deshalb, weil die Projektförderung endet.

Was es jetzt braucht, ist ein Umdenken auf politischer und institutioneller Ebene: Projekte wie PfAu dürfen nicht als einmalige Impulse betrachtet werden. Sie müssen als fester Bestandteil eines zukunftsfähigen Ausbildungssystems verankert werden. Eine strukturelle Förderung solcher Begleitmodelle ist kein „Nice-to-have“, sondern eine notwendige Investition in die Qualität und Nachhaltigkeit der Pflegeausbildung. Wenn der Pflegeberuf tatsächlich die gesellschaftliche Anerkennung erfahren soll, die seiner Bedeutung entspricht, dann muss das auch an der Basis beginnen: mit einer Ausbildung, die alle mitnimmt - und niemanden zurücklässt.

Claudia Kröll ist Fachbereichsleitung Inklusion und Arbeitsmarkt bei IN VIA Kath. Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit Köln.