sozial-Branche

Betreuung

Kritik an Höhe der Vergütung im Referentenentwurf



Berli (epd). Mehrere Sozialverbände fordern Korrekturen im Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung und zur Entlastung von Betreuungsgerichten und Betreuern (VBVG). Der Evangelische Bundesfachverband für Teilhabe (BeB) begrüßt zwar den Ansatz der Reform. Doch hält er den Entwurf an anderer Stelle für unzureichend. Das Wunsch- und Wahlrecht mittelloser Betreuter werde in wesentlichen Punkten eingeschränkt, heißt es in einer am 29. Oktober verbreiteten Mitteilung. Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGF) mahnte Nachbesserungen an.

„Die geplante Reform gefährdet die Betreuungssituation insbesondere für Menschen, die ihrer eigenen Wohnung leben wollen und nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügen“, warnte Frank Stefan, Vorstandsvorsitzender des BeB. „Die moderate allgemeine Erhöhung der Vergütungssätze reicht nicht aus. Sie deckt den Aufwand nicht, sodass viele Betreuungsvereine und Berufsbetreuer und -betreuerinnen gezwungen sein werden, ihr Angebot einzuschränken. Das wird das Wunsch- und Wahlrecht der Betreuten erheblich einschränken.“

Wunsch nach Paradigmenwechsel in der Betreuung

Der BeB fordert zudem eine faire Vergütung für eine assistierende Form von Betreuung, die den Aufwand für die Unterstützung eigenständiger Entscheidungen der Betreuten berücksichtigt. „Der Paradigmenwechsel hin zur assistierenden Betreuung ist dringend geboten“, betonte Stefan. „Dieser Tatsache muss endlich auch vergütungsrechtlich Rechnung getragen werden.“

Ähnliche Bedenken äußerte auch die BAGFW. Sie fordert eine Anpassung der Vergütungsstruktur, weil sich andernfalls die finanzielle Situation der Betreuungsvereine in Deutschland weiter verschärfen werde.

„Die vorgesehenen Vergütungen reichen nicht aus, um die strukturellen Defizite der Vereine zu beheben, die durch langjährige Unterfinanzierung entstanden sind“, betonte Michael Groß, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Besonders die fehlende Dynamisierung der Vergütung und die unzureichende Berücksichtigung steigender Personalkosten, die durch die anstehenden Tarifverhandlungen 2025 weiter zunehmen werden, sind zentrale Kritikpunkte.

Warnung vor existenzieller Bedrohung

Viele Betreuungsvereine sehen laut Groß in den geplanten Regelungen eine existenzielle Bedrohung. Mit den vorgesehenen Vergütungen können die Vereine ihre tarifgebundenen Mitarbeiterinnen nicht mehr ausreichend finanzieren. Bereits jetzt arbeiteten die Vereine an der Belastungsgrenze. Schon die zurückliegende Vergütungsanpassung im Jahr 2019 habe nicht ausgereicht, um die im Zeitraum von 2005 bis 2019 entstandenen Kostensteigerungen aufzufangen.

Der Referentenentwurf sieht den Angaben nach keine automatische Anpassung der Vergütung an zukünftige Tarif- und Kostensteigerungen vor, sondern nur eine erneute Evaluation. „Diese fehlende Planbarkeit führt dazu, dass viele Betreuungsvereine schließen und Berufsbetreuerinnen sich andere Tätigkeitsfelder suchen müssen“, so Groß weiter.

Die BAGFW hat eine Postkarten-Aktion initiiert, an der jeder Betreuungsverein teilnehmen könne. Ziel sei es, die Politik in den Kommunen auf die Not der Betreuungsvereine aufmerksam wird und sich gegen den geplanten Gesetzesentwurf wendet.

Dirk Baas