Stuttgart (epd). Die Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA) sieht das Startchancen-Programm grundsätzlich positiv. Zugleich wendet Claudia Seibold, Referentin Bildung und verbandsinterne Kommunikation, im Gespräch mit epd sozial jedoch ein: „Dieses Vorhaben ist alleine schon dadurch, dass es eine Bund-Länder-Initiative ist und die Auswahl der Schulen in den Ländern erfolgt, stark infrage gestellt.“ Wenn schon die Auswahlkriterien in den Bundesländern auseinandergingen, könnten die nachfolgenden Maßnahmen weder gemeinsam entwickelt noch evaluiert werden, lautet die Kritik der Expertin.
Außerdem bemängelt der Fachverband, dass die Träger der Kinder- und Jugendhilfe trotz ihrer langjährigen Erfahrungen bei Förderung junger Menschen, die mit schlechteren Startchancen ins Leben gestartet sind, nicht in die Programmplanung eingebunden seien.
„Bisher sind nur in wenigen Bundesländern die Kultusministerien mit den Verantwortlichen der Kinder- und Jugendhilfe ins Gespräch gegangen. Das ist aus unserer Sicht eine der zentralen Voraussetzungen für eine gute konzeptionelle Zusammenarbeit zum Wohl der Kinder und Jugendlichen“, betonte Seibold. Zugleich warnte sie vor einen inhaltlichen Engführung des Programmes: „Die Fokussierung allein auf die Leistungen in den Fächern Deutsch und Mathe wird nicht den gewünschten Erfolg bringen.“ Eine frühzeitige Kooperation der Länder mit den Trägern „wäre wünschenswert, sinnvoll und notwendig“.
Um junge Menschen mit schlechteren Startchancen besser zu fördern, seien zunächst vor allem auch die Lebensbedingungen der jungen Menschen in den Blick zu nehmen. Das heiße, neben der Schule Räume und Freiräume zu fördern, die auch Bewegung und soziales Lernen ermöglichten. „Erfahrungsgemäß verbessern sich die schulischen Leistungen, wenn junge Menschen etwa künstlerisch-kreative Dinge tun, handwerklich aktiv sind oder auch Sport trieben. “Der Ausbau außerschulischer Kooperationen ist zwar in Säule 2 des Startchancen-Programms vorgesehen, jedoch ist hier eine enge thematische Eingrenzung vorgenommen worden", rügte die Expertin.
Noch sei völlig offen, ob die Schulen wirklich weitere Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter anstellen werden. „In einigen Bundesländern zeichnet sich schon ab, dass das künftige neue Personal nicht den Standards der Schulsozialarbeit folgt, sondern abgesenkte Standards zugrunde gelegt werden“, erläuterte die Expertin. Zu befürchten sei auch, dass abgesenkte Standards auch für andere Programme, die in mehreren Bundesländern schon zur Förderung benachteiligter Schülerinnen und Schüler bestehen, übernommen werden.
Außerdem sehe sie kritisch, dass auslaufende Programme mit den Mitteln des Startchancen-Programms weitergeführt werden können: „Das bedeutet für diese Schulen, dass ein Teil des Geldes für bereits bestehende Angebote verwendet wird und somit nur der bisherige Status quo erhalten wird.“