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Flüchtlinge

Hintergrund

Ukrainische Geflüchtete auf dem deutschen Arbeitsmarkt



Frankfurt a. M. (epd). Erst ein kleiner Teil der seit Kriegsbeginn nach Deutschland geflüchteten knapp 1,2 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer hat Arbeit gefunden. Insgesamt waren im März 2024 zwar rund 526.000 Bürger aus der Ukraine den Arbeitsagenturen als erwerbsfähig gemeldet. Doch ein Teil dieser Personen kann faktisch nicht arbeiten - etwa, weil sie als alleinerziehendes Elternteil ein Kind betreuen oder weil sie Integrationskurse besuchen, um Deutsch zu lernen. Wie aus Daten des Mediendienstes Integration hervorgeht, hatten im Januar 2024 lediglich rund 172.000 ukrainische Staatsbürger eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Weitere rund 44.000 Personen gingen einer geringfügigen Beschäftigung nach.

Eine Analyse des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden ergab Mitte 2023, dass 41 Prozent der berufstätigen Kriegsflüchtlinge in Vollzeit arbeiteten, weitere 21 Prozent in Teilzeit - Selbstständige wurden nicht berücksichtigt. Dem Bericht zufolge waren Frauen seltener erwerbstätig als Männer (zuletzt jeweils 21 und 29 Prozent). Mitte 2023 arbeiteten 14 Prozent der Frauen und 29 Prozent der Männer mit Kindern unter sechs Jahren.

Hohes Bildungsniveau

Geflüchtete aus der Ukraine haben demnach im Durchschnitt ein sehr hohes Bildungsniveau, sowohl im Vergleich zu anderen Geflüchteten als auch im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in Deutschland. Fast drei Viertel von ihnen (72 Prozent) gelten als „hoch qualifiziert“, besitzen also einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss.

Ende 2022 gab etwa ein Fünftel der Geflüchteten (21 Prozent) an, in Berufsgruppen mit einem eher niedrigen Qualifikationsniveau zu arbeiten, beispielsweise in der Gebäudereinigung oder der Gastronomie. Weitere 23 Prozent waren in Jobs tätig, die hohe Qualifikationen erfordern: etwa in der Lehre und Forschung an Hochschulen, in der Softwareentwicklung und -programmierung, im Rechnungswesen oder Controlling.

122.000 Personen noch in Integrationskursen

Im März 2024 waren laut Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg rund 122.000 Ukrainerinnen und Ukrainer in Integrationskursen eingeschrieben - und standen dem Arbeitsmarkt damit nicht zur Verfügung. Mehr als 200.000 von ihnen haben inzwischen einen Kurs absolviert, rund 90 Prozent von ihnen mit Deutschkenntnissen auf A2- oder B1-Niveau.

Die Bereitschaft, in Deutschland zu arbeiten, ist unter den Kriegsflüchtlingen hoch: Bei einer Befragung im Frühjahr 2023 gaben 93 Prozent der nichterwerbstätigen Geflüchteten an, einer Arbeit in Deutschland nachgehen zu wollen.

In einer im Oktober 2023 veröffentlichten Online-Erhebung des Münchner Ifo-Instituts unter ukrainischen Geflüchteten gaben drei von vier Befragten an, dass sie entweder schon einen Job gefunden haben oder sich für eine Arbeit interessieren - gegebenenfalls auch unter dem eigenen Qualifikationsniveau. Nur zehn Prozent der Teilnehmenden äußerten, dass sie kein Interesse oder keine Möglichkeit haben, eine Beschäftigung aufzunehmen.



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