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Pflege

Als Azubi alleingelassen




Pflegeausbildung im Heim Lazarus in Berlin
epd-bild/Jürgen Blume
Pflegeverbände warnen vor einer Verschärfung des Pflegenotstandes. Sorgen bereiten ihnen die hohen Abbrecherzahlen bei der Pflegeausbildung. Viele angehende Pflegekräfte seien unzufrieden.

Frankfurt a. M. (epd). Pflegekräfte sind fast immer im Wettlauf gegen die Zeit. Manchmal schuften sie bis zur Erschöpfung. Auch Auszubildende in der Pflege bekommen die harten Arbeitsbedingungen zu spüren. Viele geben deshalb schon während ihrer Ausbildung auf. „Aus meinem Kurs haben zehn abgebrochen“, berichtet Yasmin Anders (Name geändert), die in Würzburg eine Ausbildung zur Pflegefachkraft macht. Auch sie, sagt die 26-Jährige, hatte zwischendurch Durchhänger.

Deutschlandweit versuchen Pflegeschulen und -betriebe, junge Menschen für den Einstieg in den Pflegeberuf zu gewinnen - was nicht immer von Erfolg gekrönt ist: Laut dem Pflegepanel des Bundesinstituts für Berufsbildung in Bonn schafften es im Jahr 2022 fast 80 Prozent von mehr als 900 befragten Pflegeschulen nicht, ihre Ausbildungsplätze komplett zu besetzen.

Ein realistisches Bild von der Pflege zeichnen

Anders hat während ihrer Lehre auch kritische Situationen erlebt: „Schon am Anfang meiner Ausbildung musste ich in einem Altenheim eine Wohngruppe mit 13 Bewohnern allein betreuen, weil kein Personal da war.“ Auch Medikamente habe sie austeilen müssen: „Das darf eine Auszubildende eigentlich nur unter Aufsicht tun.“ Es komme häufig vor, dass Pflege-Azubis Fachkräfte ersetzen müssten, sagt sie.

Anders ist es wichtig, mit ihrer Kritik für ein realistischeres Bild der Pflege-Ausbildung zu sorgen. Damit junge Leute Bescheid wissen, die sich mit dem Gedanken tragen, in die Pflege einzusteigen. Aber auch, damit sich die Ausbildung ändert. Ihren Namen möchte sie jedoch nicht in der Zeitung lesen: „Ich habe Angst, dass sich das auf mein Examen auswirkt“, erklärt sie.

Fachverband: Alarmierende Abbrecherzahlen

Seit 2020 durchlaufen Pflege-Azubis die sogenannte generalistische Ausbildung. Altenpflegerinnen und Krankenpfleger werden dabei in den drei Lehrjahren weitgehend gemeinsam und nicht mehr wie früher getrennt ausgebildet. Laut Bernhard Rappenhöner, Vorsitzender des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste in Nordrhein-Westfalen, sorgt die Generalistik für „alarmierende“ Abbrecherzahlen. Rappenhöner spricht von einer Abbrecherquote von 46 Prozent.

Für bpa-Bundeschef Bernd Meurer Grund genug, eine grundsätzliche Frage zu stellen: „Warum wurde das Erfolgssystem der Altenpflegeausbildung abgeschafft, nachdem es zehn Jahre lang massive Zuwächse bei den Azubis von insgesamt 60 Prozent aufweisen konnte?“ Das sei genau die Aufwärtsentwicklung, die man angesichts der weiter steigenden Zahlen von Pflegebedürftigen dringend wieder bräuchte. „Stattdessen wurden durch neue und komplizierte Ausbildungsabläufe viele Interessierte und viele kleine Ausbildungsbetriebe verprellt“, so Meurer, dei die Generalsitik am liebsten wieder abgeschafft sehen würde. „Wer sich jetzt noch einer sachlichen Diskussion um die Entwicklungen seit Einführung der generalistischen Pflegeausbildung und die Zukunft der Altenpflegeausbildung verschließt, handelt ideologiegetrieben und nicht im Sinne der Pflegebedürftigen, deren Versorgung vielerorts längst nicht mehr sichergestellt ist.“

Beim Personalmangel droht der Kipppunkt

Ein Mangel an Nachwuchs- und Fachkräften verschärft den Pflegenotstand. „Noch in diesem Jahrzehnt droht ein Kipppunkt“, sagte Anke Röver von der Vereinigung der Pflegenden in Bayern dem Evangelischen Pressedienst (epd). Laut der Studie „Pflegepersonalbedarf Bayern 2023“ werden ab 2028 mehr Pflegekräfte den Beruf verlassen, als Absolventen nach ihrer Ausbildung in den Beruf starten.

Dass die Ausbildung ein Hauptproblem bei der Behebung des Fachkräftemangels ist, geht aus der im Januar durchgeführten Online-Umfrage der Initiative „Attraktiver Arbeitgeber Pflege“ (aap) hervor. Fast 900 Beschäftigte nahmen daran teil. Gefragt wurde nach der Zufriedenheit im Pflegeberuf.

Viel Unmut beim Nachwuchs

Am unzufriedensten äußerten sich Auszubildende und junge Pflegekräfte. Sie sind mit ihrer Situation deutlich unzufriedener als examinierte Pflegerinnen und Pfleger, aber auch als Pflegehelferinnen und Pflegehelfer. Während ältere Pflegekräfte über 50 im Durchschnitt die „Zufriedenheitsnote“ 2,79 erteilten, lag der Durchschnitt bei den jungen Pflegerinnen und Pflegern unter 20 Jahren bei 3,12 und damit unter dem Gesamtdurchschnitt von 3,03.

Anja Hild vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe in Berlin sagt: „Wir hören aus unseren Arbeitsgruppen junger Pflegender häufig, dass die Praxisanleitungen durch erfahrene Kolleginnen und Kollegen nicht im geforderten Maß stattfinden.“

Laut einer Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung wurden im Jahr 2020 fast 3.700 Pflegeausbildungen abgebrochen. Häufig geben junge Menschen der Untersuchung zufolge aufgrund fehlender emotionaler und praktischer Unterstützung auf. Die Arbeitsatmosphäre werde nicht selten als „unfreundlich“ empfunden.

Pat Christ


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