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Klimaschutz

Sozial- und Umweltverbände: Förderprogramme und Klimageld nötig




Der steigende CO2-Preis macht auch das Tanken deutlich teurer. (Archivbild)
epd-bild/Tim Wegner
Die Ausweitung des EU-Emissionshandels wird Wohnen und Verkehr auch hierzulande deutlich teurer machen. Experten fordern von der Bundesregierung ein "kluges Gesamtpaket" zur Entlastung der Haushalte. Dazu sollte auch das Klimageld gehören, doch darüber entscheidet nicht allein die Bundesregierung.

Berlin (epd). Die Belastungen der Haushalte werden der Klima-Allianz Deutschland zufolge ab 2027 durch die Ausweitung des europäischen Emissionshandels auf Verkehr und Gebäude merklich steigen. Doch wie hoch die Mehrkosten dann etwa beim Tanken oder bei den Heiz- und Stromkosten je Bürgerin und Bürger sein werden und wie sie finanziell durch die Regierung kompensiert werden, ist noch völlig offen. Das gilt auch für den künftigen CO2-Preis. Gleichwohl ruft die Allianz die Bundesregierung auf, sich schon heute auf die zu erwartenden Zusatzkosten für die Haushalte vorzubereiten.

Es brauche ein „kluges Gesamtpaket“ für den Übergang zur Klimaneutralität. Dazu gehörten das angekündigte Klimageld sowie gezielte Klimaschutzmaßnahmen speziell für untere Einkommensgruppen, erklärte die Klima-Allianz am 13. Februar bei der Vorstellung einer Studie zu den Folgen des Emissionshandels in Berlin.

Studie untersucht Folgen des Emissionshandels für Deutschland

Die Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und des Öko-Instituts entstand im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland und ihrer Mitglieder Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Diakonie Deutschland, Germanwatch, Institut für Kirche und Gesellschaft, WWF Deutschland sowie des Deutschen Naturschutzrings. Der erste Teil der Untersuchung widmet sich den politischen Optionen zur nationalen Ausgestaltung des neuen EU-Emissionshandels. Im zweiten Teil geht es darum, welche Möglichkeiten des sozialen Ausgleichs bestehen, um Preissteigerungen abzufedern.

Die Ausweitung des europäischen Emissionshandels (ETS II) werde zu höheren und schwankenden CO2-Preisen führen, betonten die Studienautoren. „Um Preisschocks zu vermeiden und die Planbarkeit zu verbessern, sollte der nationale CO2-Preispfad bereits vor Einführung des ETS II angehoben und gleichzeitig ein sozialer Ausgleich geschaffen werden.“

Dahinter steckt folgende Überlegung: Damit kein Preisschock in Deutschland entsteht, wenn ab 2027 die CO2-Preise deutlich höher sein werden als der aktuelle Preis hierzulande, ist es sinnvoll, in mehreren Schritten den heutigen Preis schon deutlich anzuheben. Derzeit liegt der CO2-Preis in Deutschland bei 45 Euro pro Tonne. Vorteil dieses Vorgehens: Dann steigen auch die Einnahmen, die wiederum in staatliche Initiativen für mehr Klimaschutz fließen können. Zu den empfohlenen Klimaschutzmaßnahmen speziell für untere Einkommensgruppen gehören etwa Zuschüsse für energiesparende Elektrogeräte.

Konkreter CO2-Preis noch völlig offen

Niemand könne heute verlässlich sagen, wie hoch der CO2-Preis im künftigen europäischen Emissionshandel sein werde, sagte Swantje Fiedler vom FÖS. „Da hilft auch kein Blick in die Glaskugel.“ Der Preis werde sich frei am Markt bilden, sagte die Mitautorin der Studie. Oldag Caspar von Germanwatch erklärte, Deutschland müsse vorbereitet werden auf einen schnellen CO2-Preisanstieg ab 2027: „Vorsorge für soziale Gerechtigkeit schafft Akzeptanz für ambitionierten Klimaschutz.“

Empfohlen werden etwa soziale Tarife beim E-Auto-Leasing sowie Finanzhilfen für die Dämmung von Häusern und für den Einbau von Isolierfenstern. Für den Verkehrssektor regen die Experten ein soziales Deutschlandticket und der Ausbau des ÖPNV an.

Diakonie: Geld im Klimaschutzfonds reicht nicht

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, erklärte, die Bundesregierung müsse jetzt einen nationalen Klima-Sozialplan auf den Weg zu bringen, um all diese Schritte zur Entlastung vor allem der einkommensschwachen Haushalte gehen zu können: „Das Geld, das im Klimasozialfonds zur Verfügung steht, ist leider nicht ausreichend.“

Jan-Dirk Döhling, designierter Leiter des Instituts für Kirche und Gesellschaft der ev. Kirche von Westfalen, sagte, „das Wirrwarr beim Klimageld ist nicht akzeptabel. Das im Koalitionsvertrag versprochene Klimageld muss jetzt umgesetzt werden. Akzeptanz für den Klimaschutz schafft, wer jedem und jeder Einzelnen zeigt, Klimaschutz lohnt sich - für die Schöpfung, für die Zukunft und dann auch persönlich.“ Das Klimageld garantiere einen verlässlichen sozialen Ausgleich.

Stefanie Langkamp, Politische Geschäftsleiterin der Klima-Allianz Deutschland, sprach mit Blick auf das Klimageld von einem schwierigen Prozess, der maßgeblich von der EU-Gesetzgebung bestimmt werde. Zwar müssten die CO2-Einnahmen teilweise an die Bürgerinnen und Bürger zurückfließen - aber beim Klimageld, dessen Ausgestaltung und Höhe sei die Bundesregierung keineswegs alleiniger Herr des Verfahrens.

EU muss beim Klimageld mitreden

Das betonte auch Forscherin Fiedler: „Es gibt klare Einschränkungen für ein nationales Klimageld. So dürfen aus dem Klima-Sozialfonds (KSF) laut EU-Recht nur maximal 37,5 Prozent in ein Klimageld oder eine Einkommensunterstützung fließen.“ Und auch nur an vulnerable Gruppen.

Zur Höhe des nationalen Mindestpreises auf CO2 nennt die Studie laut Fiedler keine konkrete Zahl. Das sei ein überaus komplexer Vorgang, weshalb es schwer sei, derzeit einen exakten Preis zu nennen. Doch es gebe schlüssige Berechnungen, die sich auf 120 Euro je Tonne CO2 beliefen. „Der Preis kann aber auch noch höher steigen. Denn wenn die Klimaschutzziele nicht erreicht werden, muss die Regierung handeln.“ Und dann, so viel ist schon heute sicher, werden die finanziellen Belastungen noch einmal steigen.

Dirk Baas