Berlin (epd). Die Bundesregierung hat der Forderung der Bundesländer nach mehr finanzieller Unterstützung für die Versorgung von Flüchtlingen zum Teil nachgegeben. Für dieses Jahr gibt der Bund den Ländern eine Milliarde Euro mehr, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach rund sechsstündigen Verhandlungen mit den Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer am 10. Mai in Berlin mitteilte. Der Bund hatte bislang für dieses Jahr 2,75 Milliarden Euro zugesagt. Ein an der Zahl der Flüchtlinge ausgerichtetes Finanzmodell setzten die Länder allerdings nicht durch.
Darüber soll in Arbeitsgruppen weiter gesprochen und endgültig im November entschieden werden, wie aus dem Beschlusspapier der Bund-Länder-Runde hervorgeht. Die nun zugesagte zusätzliche Milliarde sollen die Länder dafür nutzen, ihre Kommunen zu entlasten.
Die Vertreter der Länder zeigten sich damit zunächst zufrieden. Er sei froh, dass man sich zusammengerauft habe, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD). Die eine Milliarde Euro sei in Zeiten einer schwierigen Haushaltslage „fair anzuerkennen“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Er betonte aber auch, der Bund müsse Verantwortung übernehmen, „die sich am Fluchtgeschehen orientiert“. „Atmendes System“ nennt dies Weil.
Das Beschlusspapier nennt eine Reihe von Maßnahmen und Ankündigungen, um Asylverfahren zu beschleunigen und abgelehnte Asylbewerber konsequenter abzuschieben. So verspricht die Bundesregierung unter anderem, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Der Ausreisegewahrsam soll Scholz zufolge von zehn auf 28 Tage verlängert werden.
Zudem verspricht der Bund, die angestrebten Migrationsabkommen intensiv voranzutreiben. Sie sollen dazu führen, dass Herkunftsstaaten abgelehnter Asylbewerber ihre Staatsbürger wieder zurücknehmen. Diese Maßnahmen seien notwendig, um zu gewährleisten, dass diejenigen in Deutschland Schutz bekämen, die Schutz benötigten, sagte Scholz. Weil ergänzte, man müsse sicherstellen, dass Menschen, die kein Bleiberecht haben, Deutschland auch verlassen.
Den Verhandlungen im Kanzleramt war ein Streit vorausgegangen, in dem die Positionen bei Bund und Ländern zunächst unversöhnlich schienen. Seit der Fluchtbewegung 2015 trägt auch der Bund Kosten für die Unterbringung und Versorgung für Flüchtlinge, für die eigentlich Länder und Kommunen allein zuständig sind. Für dieses Jahr hat der Bund pauschal 2,75 Milliarden Euro zugesagt. 1,25 Milliarden Euro soll es künftig dauerhaft jährlich geben.
Die Länder forderten aufgrund der gestiegenen Zahl von Flüchtlingen mehr finanzielle Unterstützung. Die Bundesregierung lehnte dies zunächst unter anderem mit dem Verweis ab, dass der Bund schon den Großteil der Kosten für Flüchtlinge aus der Ukraine übernehme und dies laut Beschlusspapier schon als „atmendes System“ betrachtet.
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine machten 2022 den weit überwiegenden Anteil der Flüchtlinge aus. Rund eine Million von ihnen nahm Deutschland auf. Allerdings steigt auch die Zahl Schutzsuchender aus anderen Kriegs- und Krisenregionen im regulären Asylsystem, für die Länder und Kommunen aufkommen, wieder an. 102.000 Erstanträge hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge von Januar bis Ende April dieses Jahres entgegengenommen, 78 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.