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Pflege

Studie: Verbot der Zeitarbeit führt nicht zu mehr Festanstellungen



Die zunehmende Zeitarbeit in der Pflege erhitzt die Gemüter. Diskutiert wird, ob der Gesetzgeber hier strengere Vorgaben machen sollte. Doch die könnten die Personalprobleme in Heimen und Kliniken verschärfen, wie eine neue Studie zeigt.

Köln (epd). Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat untersucht, wie sich mögliche gesetzliche Einschränkungen in der Zeitarbeit auf die Mitarbeitenden in der Pflege auswirken würden. Die Annahme, dass strengere Regelungen Zeitarbeitende in der Pflege zur Rückkehr in eine Festanstellung bringen würden, sei falsch, heißt es in einer Mitteilung des IW. „Diese Erwartung ist ohne empirische Grundlage. Nur 18 Prozent der befragten Zeitarbeitnehmer geben an, dass sie bei Einschränkung von Zeitarbeit diesen Weg gehen würden, wobei der Anteil für Fachkräfte noch einmal geringer ist.“ Befragt wurden zum Jahresanfang in die Zeitarbeit gewechselte Pflegefachkräfte.

Weiter heißt es in der Erhebung, dass 55 Prozent der Befragten in einen anderen Tätigkeitsbereich wechseln und weitere elf Prozent ihre Erwerbstätigkeit ganz aufgeben würden. „Somit ist für die meisten Zeitarbeitnehmer in der Pflegebranche die Zeitarbeit als Arbeitgeber ohne Alternative“, schreiben die Autoren. „Der Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel würde sich verschärfen und die Stabilität der Patientenversorgung verschlechtern, während den betroffenen Arbeitnehmern das Recht auf freie berufliche Entfaltung versagt würde.“

Keine Belege für aggressives Abwerben

Die Studie, für die rund 4.000 „Beobachtungen“ ausgewertet wurden, belege zudem, dass es derzeit keine nennenswerte Abwerbung von festangestellten Stammkräften durch Zeitarbeitsunternehmen gibt. Lediglich in 3,1 Prozent der Fälle sei das geschehen. „Für die Behauptung, es gebe ein aggressives Abwerbeverhalten seitens der Zeitarbeitsfirmen, wie von der Deutschen Krankenhausgesellschaft behauptet, findet sich somit kein empirischer Beleg.“ Ausschlaggebend für den Wechsel in die Zeitarbeit waren den Antworten zufolge vielmehr direkte Kontakte und Hinweise aus dem persönlichen Umfeld.

Knapp sieben von zehn Zeitarbeitskräften entschieden sich demnach für die Anstellung bei einem Zeitarbeitsunternehmen, weil sie sich dort leistungsgerecht entlohnt fühlten. Für knapp zwei Drittel war eine größere Arbeitszeitsouveränität ausschlaggebend.

Motive für Wechsel in Zeitarbeit sind vielschichtig

Tatsächlich zeigten sich Belege für Abwerbeversuche eher von Seiten der Pflegeeinrichtungen: „60 Prozent der Zeitarbeitnehmer haben ein Übernahmeangebot eines Einsatzbetriebes erhalten.“ Zweitens zeigt sich eine komplexe Motivlage für die Aufnahme einer Beschäftigung in der Zeitarbeit. „Eine attraktive Vergütung und Einfluss auf die Arbeitszeitgestaltung sind von großer Bedeutung. Viele Zeitarbeitnehmer fühlen sich in der Zeitarbeit aber auch in höherem Maße wertgeschätzt. Die Zeitarbeit ist mithin in der Lage, Kriterien für eine gute Qualität der Arbeit zu erfüllen.“

Für die allgemeinen Daten zur Zeitarbeit im Gesundheitswesen griffen die Autoren auf eine Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit (BA) zurück. Demnach waren zur Jahresmitte 2022 knapp 47.000 sozialversicherungspflichtige und geringfügig Beschäftigte als Zeitarbeitskraft in der Pflege, in Kliniken, in der Geburtshilfe oder dem Rettungsdienst tätig. „Zeitarbeitskräfte in den betrachteten Berufsgruppen bilden mit Blick auf die Anzahl aller Zeitarbeitskräfte ein kleines Segment. Ihre quantitative Bedeutung ist auch mit Blick auf die Anzahl aller sozialversicherungspflichtigen und geringfügig Beschäftigten in den betrachten Berufsgruppen überschaubar“, heißt es in der Studie.

Dirk Baas