Bremen (epd). Aus Sicht der Bremer Pflege-Expertin Jennie Auffenberg könnten bessere Arbeitsbedingungen dem Personalmangel in der Krankenpflege wesentlich abhelfen. Bundesweit könnten kurzfristig 260.000, bei optimistischer Schätzung sogar bis zu 580.000 Vollzeitstellen besetzt werden, indem Pflegerinnen und Pfleger zur Rückkehr in den Beruf motiviert würden, sagte die promovierte Sozialwissenschaftlerin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Noch mehr Pflegekräfte könnten zu einer Erhöhung ihrer Arbeitsstunden bewegt werden.
Auffenberg ist Referentin für Gesundheits- und Pflegepolitik bei der Arbeitnehmerkammer Bremen und hat die Umfrage „Ich pflege wieder, wenn...“ initiiert. Für die Studie wurden kürzlich bundesweit 12.700 ausgestiegene sowie in Teilzeit beschäftigte Pflegekräfte online befragt.
Obwohl die Motivation der Pflegekräfte hoch sei, scheide etwa ein Drittel der Beschäftigten innerhalb von acht Jahren aus. Während der Ausbildung steigen Auffenberg zufolge bereits 20 bis 30 Prozent aus. Zugleich spitze sich der Fachkräftemangel zu: Allein in den Krankenhäusern seien aktuell mindestens 100.000 Pflegestellen nicht besetzt. In der Realität vergingen jedoch mangels Bewerbungen 231 Tage, bis eine freie Stelle wieder besetzt werden könne.
„Die Leute steigen nicht aus, weil ihnen die Arbeit keinen Spaß mehr macht, sondern weil sie im Berufsalltag nicht anwenden können, was sie gelernt haben“, sagte Auffenberg. „Es sind Menschen, die sich einen Beruf ausgesucht haben, in dem sie nahe am Menschen arbeiten können.“ Doch komme die Zeit für menschliche Zuwendung in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen oft zu kurz.
Sehr viele Aussteiger seien bereit, in die Krankenpflege zurückzukehren, wenn die Arbeitsbedingungen stimmten, unterstrich Auffenberg. So erwarteten sie etwa eine bessere Bezahlung. „Dazu wünschen sie sich mehr Zeit für die Pflege, weniger Dokumentationsarbeit, verlässliche Arbeitszeiten, mehr Wertschätzung und einen respektvolleren Umgang vonseiten der Vorgesetzten.“ Viele Befragte hätten gesagt, dass für sie Kollegialität eine wichtige Ressource sei, um die psychischen Belastungen des Berufs aufzufangen. Nachtschichten und Wochenenddienste seien in Ordnung, wenn es verbindliche Dienstpläne gebe.