Berlin (epd). Rettungsdienste fordern Konsequenzen aus den Gewalttaten in der Silvesternacht. Die Angriffe seien „Höhepunkt einer seit Jahren beobachtbaren Verrohung und Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften“, sagte der Bundesvorsitzende des Arbeiter-Samariter-Bunds, Knut Fleckenstein, am 5. Januar in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Probleme, die in der Gewalt gegen Einsatzkräfte ihren Ausdruck finden, seien sehr vielschichtig. „Daher gibt es keine einfachen Lösungen. Die Einsatzkräfte werden zur Zielscheibe einer zunehmenden Aggressivität, Gewaltbereitschaft und Verrohung eines kleinen Teils der Gesellschaft.“
Der Verbandschef sagte weiter, es sei entscheidend ist, „dass die Übergriffe konsequent geahndet werden. Der Gewalt gegen Einsatzkräfte muss durch Abschreckung wirksamer vorgebeugt werden.“ Für ihn komme es darauf an, bestehendes Recht effektiv durchzusetzen, also die Täter schnellstmöglich zu ermitteln und vor Gericht zu bringen. „Der Rechtsstaat muss sich wehrhaft zeigen, was sich nicht in fortlaufenden Strafverschärfungen, sondern zuerst in der Rechtsdurchsetzung zeigt“, so Fleckenstein.
Der Vizepräsident des Bundesverbands eigenständiger Rettungsdienste und Katastrophenschutz, Sebastian Sommerfeld, forderte härtere Gesetze. Diese müssten abschreckend wirken.
Dem widersprach die Johanniter-Unfallhilfe. „Leider verdeutlicht Silvester, dass das reine Unter-Strafe-Stellen nicht von dem Begehen von Straftaten abhält“, sagte Pressesprecherin Therese Raatz auf Nachfrage. Auf Angriffe auf Rettungskräfte stehe bereits jetzt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. „Die Herausforderung an dieser Stelle ist die Identifikation der Täter und die Strafverfolgung. Harte Strafen bringen nichts, wenn die völlig ausgelastete Polizei der Angreifer nicht habhaft und der Tatbeweis nicht geführt werden kann“, so Raatz.
Dringender als eine Verschärfung der Strafen bräuchte es eine Aufwertung der Tätigkeit der Polizei, der Feuerwehr und des Rettungsdienstes. Und, so Raatz: Öffentlichkeitswirksame Kampagnen für mehr Respekt für Einsatzkräfte könnten dazu ebenfalls einen Beitrag leisten.
Diesen Ansatz vertritt auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK). „Wichtig ist für uns, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu erhöhen, dass Einsatzkräfte einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leisten und die Wertschätzung und den Respekt vor Einsatzkräften wieder zu stärken“, so Pressesprecherin Annkatrin Tritschoks gegenüber dem epd. Rettungskräfte begegneten Patienten und Angehörigen meist in Ausnahmesituationen: „Daher ist es wichtig, auf Deeskalation zu setzten. Auch ein gesteigertes Bewusstsein für Gefahrensituation ist notwendig, um den Eigenschutz sicherzustellen, so dass Kolleginnen und Kollegen beispielsweise erkennen, in welchen Situationen sie sich besser zurückziehen und zunächst auf Unterstützung durch andere Einsatzkräfte wie die Polizei warten sollten.“
„Die Gewalttäter gehören ermittelt und konsequent bestraft. Dazu gibt es geeignete Strafvorschriften, die allerdings auch entschieden angewandt werden müssen, sonst verfehlen sie ihre Wirkung“, sagte Malteser-Pressesprecher Patrick Pöhler dem epd. Er forderte zudem, dass wissenschaftlich ermittelt werden, „welche Mechanismen dazu führen, dass Einzelne aber auch Gruppen eine solche Gewaltbereitschaft entwickeln“. Auf Basis solcher Erkenntnisse müssten dann Programme etwa zu gezielter Sozialarbeit politisch umgesetzt werden, die helfen, Radikalisierung und Gewaltexzesse wirksam zu verhindern.
„Maßnahmen des Eigenschutzes, wozu etwa auch Anti-Gewalt- und Deeskalationstrainings gehören, sind im Rettungsdienst nichts Neues“, sagte der Sprecher. Sie seien grundsätzlicher Bestandteil in der in der Rettungsdienstausbildung. Und auch in Fortbildungen würden derartige Gefahrensituationen regelmäßig thematisiert.
Der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Banse, sprach von einer neuen Dimension der Gewalt. Der Staat mit seinen Organen müsse durchgreifen, sagte er dem epd. Die Strafmaße für solches Verhalten reichten aus, müssten aber ausgeschöpft werden.