sozial-Branche

Kinderbetreuung

Umfrage des Paritätischen: Qualitätsmängel in Kitas




Vielen Kitas fehlen die personellen Kapazitäten, sich um die Sprachförderung zu kümmern.
epd-Bild/Jens Schulze
Fachkräfte in Kindertagesstätten sind überwiegend unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen und sehen Defizite bei der Betreuung der Kinder. Das geht aus einer Umfrage des Paritätischen Gesamtverbandes hervor, die am 13. Juni in Berlin veröffentlicht wurde. Neu sind die Nöte nicht, doch durch Corona spitzte sich die Lage in vielen Kitas zu.

Berlin (epd). Der jüngste Kita-Bericht des Paritätischen Gesamtverbandes basiert auf einer Umfrage bei über 1.000 Kindertageseinrichtungen aus dem gesamten Bundesgebiet. Und er muss als Indiz für eine sehr angespannte Situation in der öffentlichen Kinderbetreuung gesehen werden. Der Paritätische fordert angesichts dieser alarmierenden Befunde konzertierte Anstrengungen aller politischen Ebenen zur Qualitätsentwicklung und Fachkräftegewinnung.

Knapp zwei Drittel der Befragten halten die Personalschlüssel für unzureichend, um den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Jede zweite Kindertagesstätte kann ihre Kapazitäten wegen des anhaltenden Fachkräftemangels nicht vollständig auslasten. Ein Drittel der Pädagoginnen und Pädagogen erklärten, die Finanzmittel reichten für eine ausgewogene Ernährung der Kinder nicht aus.

Strukturelle Defizite werden nicht nur bei den Personalschlüsseln, sondern etwa auch im Bereich der Kita-Finanzierung ausgemacht. Neu- und Ersatzanschaffungen seien kaum selbstverständlich.

Wohlhabende Gegenden im Vorteil

In Einrichtungen, die viele sozial benachteiligte Kinder betreuen, bewerten die Fachkräfte ihre Möglichkeiten und Mittel durchweg schlechter als in wohlhabenden Gegenden. Das betrifft der Studie zufolge auch die Sprachförderung.

Insgesamt gehen 60 Prozent der Umfrageteilnehmer davon aus, dass sie mit dem gegenwärtigen Personalschlüssel den Bedürfnissen der ihnen anvertrauten Kinder nicht gerecht werden können. Kindertageseinrichtungen in benachteiligten Sozialräumen sind davon besonders betroffen.

Genau dieser Zusammenhang wurde erstmals untersucht. Der Befund: Unabhängig von der Pandemie fehlt es insbesondere für Kitas in benachteiligten Sozialräumen an gezielter Unterstützung. „Die Fachkräfte vor Ort leisten Tag für Tag Enormes unter vielerorts wirklich schweren Bedingungen. Gerade dort, wo viele Kinder in Armut aufwachsen oder auf besondere Unterstützung angewiesen sind, klagen auch die Kitas über schlechtere Ausstattung. Hier braucht es dringend gezielte und bessere Unterstützung”, forderte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider: “Im gegenwärtigen System, das zeigt die Umfrage, bekommen insbesondere Kinder mit Benachteiligungen häufig nicht die Unterstützung, die sie bräuchten. Das muss sich ändern", schreibt Schneider im Vorwort der Studie.

Große Defizite in der Sprachförderung

Defizite belegt die Studie dabei unter anderem im Bereich der Sprachförderung: Je höher die sozialräumliche Benachteiligung, desto größer ist die Zahl der Kinder mit Unterstützungsbedarf bei der sprachlichen Bildung. Gleichzeitig könne dieser Bedarf mit dem gegenwärtigen Personalschlüssel überwiegend nicht gedeckt werden.

Auch die Ausbildung steht in der Kritik: Rund 40 Prozent der Teilnehmenden sind der Auffassung, dass die Ausbildung der Erzieherinnen nicht ausreichend auf den Kita-Alltag vorbereitet. Für die Anwerbung von Nachwuchs komme erschwerend hinzu, dass Fachkräfte sehr selten Aussicht auf Aufstiegsmöglichkeiten haben und zusätzliche Qualifikationen nur selten zu höheren Gehältern führen.

Gelder aus dem Gute-Kita-Gesetz anders einsetzen

An der Kita-Umfrage zur Qualität der Betreuung nahmen nach Angaben des Paritätischen 1.171 Fach- und Leitungskräfte aus Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet teil. Ausgewertet wurden die Antworten in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Osnabrück.

Der Verband will mit der Studie dazu beitragen, dass die Mittel aus dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz da investiert werden, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Ulrich Schneider: "Die Befunde sind erschütternd. Es ist schon ein Armutszeugnis, wenn es uns in diesem reichen Land nicht gelingt, jedem Kind eine gesunde Mahlzeit, bestmögliche Förderung in der individuellen Entwicklung und eine möglichst unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen.”

Bettina Markmeyer, Dirk Baas


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