Dortmund (epd). Niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten in Westfalen-Lippe sehen die flächendeckende ambulante Versorgung in Gefahr. Steigende Kosten für Praxen, Personal und Investitionen machten den Betrieb einer Praxis immer unrentabler, erklärte die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) am 7. August in Dortmund. Die Inflationsrate von aktuell mehr als sechs Prozent lasse die Ausgaben in die Höhe schnellen. Eine ausreichende Gegenfinanzierung sei wegen der gedeckelten Arzthonorare kaum noch möglich. Einnahmen und Ausgaben klafften immer weiter auseinander.

„Die Praxen können die gestiegenen Kosten nicht über höhere Preise ausgleichen, sondern müssen sie aus der eigenen Tasche bezahlen“, erklärte KVWL-Vorstandsvorsitzender Dirk Spelmeyer zum Start der bundesweiten Aktion aller Kassenärztlichen Vereinigungen unter dem Motto „PraxenKollaps - Praxis weg, Gesundheit weg!“.

Abwanderung zu Krankenhäusern

„Für junge Medizinerinnen und Mediziner darf die ambulante Versorgung keinesfalls unattraktiver werden“, mahnte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Volker Schrage. Medizinische Fachangestellte verließen die Praxen in Richtung Krankenhäuser, weil sie dort besser verdienten. „Das Bundesgesundheitsministerium und die Krankenkassen müssen jetzt dringend handeln, ansonsten kann eine flächendeckende ambulante Patientenversorgung nicht mehr gewährleistet werden.“

Bei den am 9. August startenden Finanzierungsverhandlungen zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Krankenkassen müsse eine deutliche Steigerung des Orientierungswertes und damit der Preise für alle ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen erzielt werden, forderte KVWL-Vorstand Thomas Müller. Sollten die Krankenkassen nicht bereit sein, ausreichend Geld für die ambulante Versorgung zur Verfügung zu stellen, werde sich die schwierige wirtschaftliche Lage der Praxen weiter zuspitzen.

Im Zuge der Aktion „#PraxenKollaps“ kündigte die KVWL eine gemeinsame Krisensitzung der Vertreterversammlungen aller Kassenärztlichen Vereinigungen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Berlin am 18. August an. Bereits im Juli hatte die KBV darauf hingewiesen, dass Praxen seit Jahrzehnten unter einer Unterfinanzierung litten. Hinzu käme ein akuter Mangel an qualifiziertem, nicht ärztlichen Personal und die fehlende Wertschätzung der Politik für die Arbeit der Praxisteams. Eine Folge sei Flucht aus dem System.