Frankfurt a.M., Berlin (epd). Mit den geplanten Kürzungen im Entwicklungsetat riskiert die Bundesregierung nach Einschätzung des Direktors der Denkfabrik CHA, Ralf Südhoff, ihre Glaubwürdigkeit. „Einerseits wird betont, dass Länder des Globalen Süden eine Allianz gegen den russischen Angriffskrieg schmieden sollen. Andererseits lässt man selbst Hungernde im Stich“, sagte Südhoff dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Länder wie Brasilien und Südafrika kritisierten bereits, dass ihre Kontinente vergessen würden, wenn Geld nur noch für die Unterstützung der Ukraine bereitstehe, sagte der Leiter des CHA („Centre for Humanitarian Action“), das sich mit Fragen rund um die humanitäre Hilfe beschäftigt.

Mit Blick auf die hohe Zahl der weltweit Hungernden sprach der CHA-Direktor von einer „Umkehr des Trends mit dramatischen Folgen“. Der Kampf gegen den weltweiten Hunger sei über viele Jahre relativ erfolgreich gewesen. Bis 2013 sei es innerhalb von zehn Jahren gelungen, mehr als 260 Millionen Menschen aus dem Hunger zu befreien - „trotz auch damals sehr starkem Bevölkerungswachstum“. Laut den UN haben weltweit etwa 735 Millionen Menschen nicht genug zu essen, deutlich mehr als noch vor vier Jahren.

Klimawandel und Konflikte für Anstieg verantwortlich

Für den Anstieg seien unter anderem der Klimawandel und Konflikte in vielen Ländern verantwortlich, sagte Südhoff. Zudem werde häufig unterschätzt, dass die Lebensmittelpreise bereits vor dem Ukraine-Krieg stark gestiegen sein. Dies sei ein Problem für von den Importen abhängigen Länder des Globalen Südens. „Das Welternährungssystem ist extrem fragil und unausgeglichen“, sagte Südhoff. Der durch Russland erzwungene Stopp der Exporte von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer verschärfe die Hungerkrise, die aber nicht allein am Krieg festgemacht werden dürfe. „Wir haben eine Welternährungskrise, auch wenn morgen der Krieg zu Ende ist“, betonte der Experte.

Die Denkfabrik mit Sitz in Berlin wurde im Jahr 2018 gegründet. Getragen wird das CHA von „Ärzte ohne Grenzen“, Caritas International, der Diakonie Katastrophenhilfe und dem Deutschen Roten Kreuz.