Agboville (epd). Moussa Sougue ist stolz auf seine Kakaoplantage. Die drei Hektar hegt und pflegt er mit viel Liebe für die Bäume. „Dein Feld ist dein Kapital, du musst dich gut darum kümmern“, sagt der 50-Jährige. Schon als Kind hat er auf der Farm seines Vaters den Umgang mit den Kakaopflanzen gelernt, wie man die Früchte richtig vom Baum schneidet, sodass wieder neue nachwachsen. Seit 2001 hat er sein eigenes Feld, etwa 20 Kilometer entfernt von der Stadt Agboville.

Hier ist es verhältnismäßig schattig, hohe Obstbäume ragen weit über die etwas mehr als zwei Meter hohen Kakaopflanzen. Ihre Früchte - unter anderem Mangos und Bananen - tragen zur Ernährung von Sougues Familie bei. Die Bäume sorgen außerdem für bessere Erträge, weil sie die Nährstoffe im Boden regulieren und die Kakaoschoten vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. Davon profitiert auch der Wald. Denn wenn die Ernten schlecht ausfallen, werden Wälder gerodet, um mehr Flächen für die Landwirtschaft zu erhalten. Von Mitte der 1980er Jahre bis 2015 ist die Waldfläche in der Elfenbeinküste um 50 Prozent geschrumpft.

Hälfte der Bohnen aus der Elfenbeinküste

Bei einem Besuch der Plantage informieren sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) über die Arbeitsbedingungen im Kakao-Sektor. Eine Woche waren die deutschen Regierungsvertreter in Westafrika unterwegs, zuerst in Ghana, dann in der Elfenbeinküste. Bei vielen Terminen und Gesprächen ging es um die Folgen des Konsums und Wirtschaftens hierzulande in den beiden Ländern. Die Elfenbeinküste ist der weltweit größte Exporteur von Kakao. Auch für die deutsche Schokoladenindustrie liefert das Land etwa die Hälfte der Bohnen.

Den beiden Regierungsvertretern aus Deutschland zeigt Sougue, wie die Kakaobohnen mit dem Messer geerntet werden. Schulze und Heil probieren es selbst und kosten gleich das Fruchtfleisch der frisch geöffneten Schote. „Schmeckt“, sagen beide nickend. Immer wieder betont Heil bei der Reise die Verantwortung von Unternehmen für die Menschenrechtslage auch im Ausland. „Wer global Profite macht, muss auch global Verantwortung für Menschenrechte übernehmen“, sagt er. Mit dem zu Beginn des Jahres in Kraft getretenen Lieferkettengesetz wolle Deutschland den Handel nicht einschränken, sondern fairer gestalten.

Der Arbeitsminister mahnt gute Arbeitsbedingungen, soziale Sicherung und mehr Engagement gegen Kinderarbeit im Kakao-Sektor an. Tatsächlich sind schwere und gefährliche Arbeiten für Kinder in der Elfenbeinküste seit 2017 verboten. Doch die Diskussion in dem westafrikanischen Land ist komplex. Es ist normal, dass Kinder ihren Eltern helfen und zum Einkommen beitragen. Gleichzeitig gibt es viele Heranwachsende im Grundschulalter, die aus den Nachbarländern Mali und Burkina Faso kommen, um auf den Feldern zu arbeiten.

Kakao-Anbau steht für 40 Prozent der Wirtschaftsleistung

Trotz aller Probleme ist die Produktion von Kakao ein wichtiger Wirtschaftszweig, etwa 40 Prozent der Wirtschaftsleistung verdankt die Elfenbeinküste dem Anbau. Ein Fünftel der Bevölkerung lebt laut der Weltbank davon, doch viele Bauern liegen mit ihrem Verdienst unterhalb der Armutsgrenze. Die größten Gewinne werden außerhalb des Landes gemacht. Das liegt auch daran, dass zum Beispiel in Deutschland auf fertige Produkte wie Schokolade Einfuhrzölle erhoben werden, auf Rohstoffe wie Kakao nicht.

Sougues vier Kinder gehen zur Schule, er kann dank seiner nachhaltigen Anbaumethode mit seinem Feld im Jahr rund drei Tonnen Kakao für den Export erwirtschaften. Ob seine Kinder auch Kakao anbauen werden, hängt davon ab, wie sich der Weltmarktpreis entwickelt. Aber solange er nicht weiter fällt, sichert der Kakao vorerst ihre Ausbildung und damit ihre Zukunft.

Bei ihrem Besuch auf seiner Plantage haben der deutsche Arbeitsminister und die Entwicklungsministerin viele Fragen. Zum Beispiel, ob Sougue eine Krankenversicherung habe. „Nein“, antwortet er. Und es ist klar: Bis es die von dem SPD-Politiker immer wieder beschworene „gute Arbeit“ und soziale Sicherung für alle Arbeitenden gibt, bleibt noch viel zu tun.