Erfurt (epd). Im Rahmen eines Internet-Gottesdienstes bekennt sich die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) zu ihrem Teil des Unrechts, das Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität in der Vergangenheit erfahren haben. Landesbischof Friedrich Kramer entschuldigt sich stellvertretend „für all das Leid, das seitens der Kirche bis heute mit verursacht und toleriert wurde“, teilte die EKM am 31. Januar in Erfurt mit.

Das Schuldeingeständnis gegenüber der sogenannten queeren Gemeinschaft sei Teil eines aufgezeichneten Gottesdienstes der EKM-OnlineKirche im Rahmen des weltweiten Queer-History-Month, erläuterte eine Kirchensprecherin. Unter dem Motto „Vielfalt und Glaube“ werbe Kramer für Umkehr und Erneuerung.

Die Landeskirche gehe zwar offen mit Betroffenen um, sagt Onlinepfarrerin Jennifer Scherf, die laut EKM mit Frau und Kind in Leipzig lebt und damit selbst zur queeren Gemeinschaft gehört. „Ich bin dankbar, in einer Kirche arbeiten zu können, die sich schon seit Jahren stark macht für die Rechte aller Menschen“, so Scherf. Die Richtlinien der EKM und auch der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) seien diesbezüglich sehr klar.

Dennoch gebe es Landeskirchen und überall auch Gemeinden, Christinnen und Christen, die diese Offenheit nicht lebten. Den Internet-Gottesdienst auf Abruf sieht sie auch als Statement der Dankbarkeit dafür, dass das Thema queere Gemeinschaft heute kein Tabu-Thema mehr in der Kirche sei.

„Wir glauben an eine vielfältige Schöpfung, die sich nicht nur an der ,Norm‘ orientiert“, beschreibt Onlinepfarrerin Jennifer Scherf die Position der OnlineKirche. „In Gottes wunderbarer Welt ist Platz für alle Menschen, unabhängig von ihrer geschlechtlichen Identität und sexuellen Orientierung, ihrem Familienbild oder sonst einer Ausprägung ihres Seins. Solange Frieden und Liebe unser Sein und Miteinander bestimmen, ist Segen drin, da sind wir uns sicher“, betonte sie.

Das Schuldbekenntnis beginne Kramer mit dem Satz: „Ich bekenne für unsere Kirche, wir haben uns schuldig gemacht, indem wir die Vielfalt der göttlichen Schöpfung nicht wahrgenommen und wertgeschätzt haben, sondern sie abgewertet haben“. Er entschuldige sich für das Beitragen und das Schweigen zu Ausgrenzung, Diskriminierung, Leid, Verfolgung bis hin zu Verletzung und Ermordung in der Vergangenheit.

„Wir sind Liebe, Anerkennung und Respekt schuldig geblieben und dies tut uns leid. Es tut mir leid“, zitierte die EKM den Bischof. Für alles, was er gesagt und getan habe, was verletzend gewesen sei, dafür bitte er um Vergebung. Kramers Auftritt ende mit den Worten „Lasst es uns besser machen. Dazu helfe uns Gott.“

Der Begriff „queer“ wird heute positiv als Selbstbezeichnung von und für Menschen gebraucht, die ihre Identität als außerhalbr gesellschaftlicher Normen, etwa als lesbisch, schwul, bisexuell, trans und intersexuell ansehen. Außerdem gilt er als Überbegriff für diejenigen, die nicht in die gängigen geschlechtlichen Normen passen. Der Queer-History-Month findet in vielen Ländern im Februar in Erinnerung an das Streben nach Teilhabe statt.