Im Beisein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat der Axel-Springer-Verlag am 6. Oktober in Berlin-Mitte ein neues Verlagsgebäude eröffnet. Der etwa 300 Millionen Euro teure futuristische Neubau des niederländischen Architekten Rem Koolhaas steht gegenüber dem alten Springer-Gebäude und erstmals auf östlicher Seite der einstmals geteilten Stadt. Auf mehr als 52.000 Quadratmetern und zehn Geschossen verteilen sich Büro- und Redaktionsflächen für mehr als 3.000 Mitarbeiter. Das Zentrum des Gebäudes bildet ein 45 Meter hohes Atrium mit terrassenförmigen Arbeitsbereichen.

In seiner Rede appellierte der Bundespräsident an die Medien, ihrer Verantwortung in der Demokratie gerecht zu werden. Im digitalen Zeitalter treibe größtmögliche Erregung die "Logik der Plattformökonomie" an, sagte Steinmeier. Dagegen müsse sich Qualitätsjournalismus behaupten.

"Existenzielle Auseinandersetzung"

"Wenn ich mit meinen Mutmaßungen richtig liege, wird sich der Qualitätsjournalismus, auf den die Demokratie zählen muss, auf unbekannte Zeit gegen die digitale Enteignung von Urheberrechten, gegen die Verflachung und Verzerrung, ja gegen den vollständigen Glaubwürdigkeitsverlust der Inhalte behaupten müssen", sagte der Bundespräsident. Das sei für den Journalismus eine "existenzielle Auseinandersetzung". "Entgehen wird ihr niemand", sagte Steinmeier. Die digitale Transformation zu verweigern, sei keine Option. Einer Revolution weiche man nicht aus.

Journalismus müsse sich vornehmen, "vor allem unterscheidbar zu bleiben von den schillernden Produkten der Empörungsökonomie, die in dichter Frequenz Feindbilder, Ressentiments und Vorurteile bedient", warnte der Bundespräsident. Die Verantwortung der Medien sei heute größer denn je.

Konkret warnte Steinmeier vor Falschinformationen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. "In einer Pandemie wirken falsche Informationen wie ein Superspreader. Und spätestens wenn der gläubige Maskenverweigerer oder Impfgegner sich infiziert hat, schlägt die Realität zurück", sagte Steinmeier und fügte hinzu. "Die Realität, sie ist das, was bleibt, auch wenn man nicht daran glaubt."

Für Interaktion konzipiert

Der Bundespräsident bezeichnete das neue Verlagsgebäude als Symbol für den radikalen Umbau eines Verlages in ein Medienunternehmen, "eine Antwort auf die Anforderungen und die Herausforderungen der Digitalisierung". Steinmeier erinnert daran, dass vor 54 Jahren, am 6. Oktober 1966, Verlagsgründer Axel Springer das gegenüberliegende alte Verlagsgebäude im Beisein des damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke eröffnet hatte.

Springer-Chef Mathias Döpfner nannte das Gebäude eine "Antwort auf die aktuellen Herausforderungen". "Wir wollten mit dem Neubau ein Symbol und einen Beschleuniger unseres eigenen Wandels schaffen. Der Auftrag sei lange vor Corona gewesen, die Frage neu zu beantworten, warum man im digitalen Zeitalter überhaupt noch Büroräume brauche. Das sei Architekt Rem Koolhaas "spektakulär gelungen".

Koolhaas sagte, die Corona-Pandemie und die gleichzeitige digitale Beschleunigung zeige die Notwendigkeit von Räumen, die für die Interaktion von Menschen konzipiert sind. Der Neubau biete seinen Nutzern verschiedenste räumliche Gegebenheiten, "von intim bis monumental".