Vor 100 Jahren wurde das Bauhaus von Walter Gropius (1883-1969) gegründet. Zunächst in Weimar ins Leben gerufen und beheimatet, gingen die Bauhäusler schon einige Jahre später aufgrund des politischen Drucks nach Dessau. Diese Stadt in Sachsen-Anhalt mit dem charakteristischen und auffälligen Bauhaus-Hauptgebäude von Gropius, zugleich Sitz der Stiftung Bauhaus Dessau, ist bis heute eng mit dem Namen Bauhaus verbunden. Dort erlebte die Hochschule für Gestaltung von 1925 bis 1932 ihre Blütezeit, bevor sie sich 1933 in Berlin unter dem Druck der Nationalsozialisten selbst auflöste.

In Dessau entstand die Alltagskultur der Moderne: Schrifttypen, Möbel, Textilien, Tapeten und Architektur. Das Bauhaus gilt als eine der wichtigsten kulturellen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts, es beeinflusste maßgeblich die Auffassung von Architektur und Design weltweit. Heute ist Dessau-Roßlau nach der Fusion mit der Stadt Roßlau mit mehr als 80.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt in Sachsen-Anhalt nach Halle und Magdeburg und verweist stolz auf meisten authentischen Bauhausbauten weltweit. Dort kann man in die Bauhausgeschichte eintauchen und sich mit den Ideen des Bauhauses vertraut machen.

"Dieses Haus muss man gesehen haben"

Das Hauptgebäude aus Stahlbeton und Glas, das Ende 1926 eröffnet wurde, befindet sich nur wenige Gehminuten vom Hauptbahnhof in Dessau-Roßlau entfernt. Auffällig sind die großen Fensterfronten, die das helle Gebäude förmlich einhüllen. An der Seite ist ein großer Schriftzug "Bauhaus" angebracht. Über eine zweigeschossige Brücke, die für Verwaltung und das Büro des Bauhaus-Direktors vorgesehen war, wurde die einstige Gewerbeschule mit den Werkstätten verbunden. Mit einem großen Fest war das Gebäude damals eröffnet worden. "Dieses Haus muss man gesehen haben", schrieb das "Berliner Tageblatt" im Dezember 1926.

"Mit seinen klaren Linien, der damals revolutionären Glasvorhangfassade und den offenen Werkstattflächen kann man es auch als 'gebautes Curriculum' verstehen", sagt die Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau, Claudia Perren. "Zum einen ging es darum, neue Lehr- und Lernmethoden zu etablieren. Zum anderen hatte man den Anspruch, überzeugende Antworten auf die gestalterischen Herausforderungen der damaligen Zeit zu finden." Perren sagt, es sei wichtig zu betonen, "dass das Bauhaus eben nicht nur ikonische Designobjekte hervorbrachte, sondern dass dahinter in erster Linie ein pädagogisches Konzept stand".

Zweitgrößte Bauhaussammlung der Welt

Im Krieg wurde auch der Gebäudekomplex in Dessau durch Bomben getroffen und beschädigt. Die entstandenen Schäden wurden zunächst notdürftig repariert. 1972 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt und erstmals restauriert. Nach der Ernennung zum Weltkulturerbe durch die Unesco im Jahr 1996 folgten dann umfassende Sanierungsarbeiten, die 2006 abgeschlossen wurden. Für Bauhaus-Fans oder Interessierte wartet Dessau in diesem Jahr jedoch nicht nur mit restaurierten Originalbauten und Jubiläumsprogrammen auf, die Eröffnung eines neuen Museums am 8. September soll ein Höhepunkt im Jubiläumsjahr werden.

Die 1994 gegründete Stiftung Bauhaus Dessau verfügt nach Berlin über die zweitgrößte Bauhaussammlung der Welt. Um diese endlich umfassend präsentieren zu können, entsteht derzeit mitten in der Stadt das neue Bauhaus Museum Dessau. Perren betont: "Dabei geht es uns nicht darum, einzelne Design-Ikonen auf einen Sockel zu stellen. Vielmehr wollen wir auf anschauliche Art vermitteln, welche Fragen die damaligen Bauhäuslerinnen und Bauhäusler beschäftigten, wie sie sich einer Gestaltungsaufgabe näherten und wie ihre Lösungen dann konkret aussahen."

In dem neuen Haus soll die Geschichte der Schule anhand der originalen Möbel, Dokumente, Fotografien, Kunstwerke und Zeichnungen erzählt werden. Und es soll laut Perren auch als Ort etabliert werden, "an dem Platz ist für neue Begegnungen, Ideen und Experimente - wie schon am historischen Bauhaus". Am 23. Februar wird das Museum - noch als Baustelle - erstmals öffnen und mit einem Auftakt einen Vorgeschmack auf das Jubiläumsprogramm präsentieren. Jährlich zählt die Stiftung Bauhaus Dessau bisher etwa 100.000 Besucher, die sich für die Originalbauten interessieren.