Berlin (epd). Von stillem Gedenken am Vormittag bis zu Glockenschlägen für die Opfer zum Anschlagszeitpunkt am Abend: Berlin hat am 19. Dezember an die zwölf Toten der Terrorattacke auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz vor zwei Jahren erinnert. An dem 2017 eingeweihten Mahnmal für die Opfer wurden Kränze für die Toten aus sechs Ländern niedergelegt. Bei einer Gedenkandacht in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche rief Pfarrer Martin Germer am Abend jedes einzelne Opfer in Erinnerung. Für 20.02 Uhr waren bei reduzierter Beleuchtung und Stille auf dem Weihnachtsmarkt zwölf Glockenschläge des Glockenspiels im alten Turm der Kirche vorgesehen - symbolisch je ein Glockenschlag für jedes Opfer.
Vertreter der Bundesregierung wiesen am Jahrestag auf die nach dem 19. Dezember 2016 verbesserten Regelungen für Terroropfer hin. Angemahnt wurde vor dem Hintergrund mehrerer laufender Untersuchungsausschüsse eine weitere Aufarbeitung der Geschehnisse.
Für die Bundesregierung bezeichnete Regierungssprecher Steffen Seibert eine bessere Unterstützung der Opfer als zentral. Dies drücke sich auch aus in der Ernennung des Opferbeauftragten, des SPD-Bundestagsabgeordneten Edgar Franke. "Das alles macht das grausame Geschehen nicht ungeschehen", sagte Seibert. Es könne aber zusätzliches Leid nach der Tat verhindern. Die Gedanken seien am Jahrestag des Anschlags bei den Opfern und all jenen, für die das Leben nach dem 19. Dezember 2016 nicht mehr so sei wie vorher.
"Zu bürokratisch gehandelt"
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte, er denke auch persönlich "immer wieder an diesen traurigen Tag zurück". Die Gebete und Gedanken seien an diesem Tag bei den Opfern und Hinterbliebenen. "Die Ereignisse in Straßburg haben auf schmerzliche Weise gezeigt, dass wir nicht darin nachlassen dürfen, uns gegen solchen menschenverachtenden Terrorismus zur Wehr zu setzen", fügte der Bundesinnenminister hinzu.
Kränze für die Opfer wurden am Vormittag niedergelegt unter anderem vom Opferbeauftragten sowie Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) und dem evangelischem Bischof Markus Dröge. Bei einer Gedenkandacht am Abend in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche sprach Pfarrer Germer auch Versäumnisse bei der Betreuung der Opfer an. Es sei in den zurückliegenden zwei Jahren "vieles nicht geschehen, was aus heutiger Sicht nötig gewesen wäre". Dies habe zum Teil daran gelegen, dass es noch nicht die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben habe. "Es wurde oft aber auch zu bürokratisch und zu schematisch gehandelt", fügte Germer hinzu. Bei der Gedenkandacht wurde auch das Friedenslicht aus Bethlehem an die Anwesenden verteilt, und die Kerzen wurden später am Gedenkort abgestellt.
Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) warb dafür, dass alle Bundesländer Beauftragte für die Opfer von Terroranschlägen berufen. Bisher gebe es diese erst in fünf Bundesländern, sagte sie im ZDF-"Morgenmagazin". Der Opferbeauftragte Franke sagte dem SWR, der Staat habe aus den Versäumnissen nach dem Anschlag gelernt. Die psychologische Hilfe und Betreuung nach Anschlägen sei verbessert worden, und auch die finanziellen Hilfen wie Entschädigungen für Angehörige und Opfer seien deutlich aufgestockt worden. Insgesamt seien vier Millionen Euro an Opfer und Hinterbliebene ausgezahlt worden.
"Nicht in Angst verfallen"
Der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) rief dazu auf, sich nicht einschüchtern zu lassen. Niemand könne ein Attentat ausschließen, sagte er im RBB-Inforadio. Worauf es aber ankomme, sei nicht "in Angst zu verfallen".
Bei dem Terroranschlag vom 19. Dezember 2016 waren auf dem Berliner Weihnachtsmarkt nahe der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche zwölf Menschen aus Deutschland, Polen, Tschechien, der Ukraine, Israel und Italien getötet und mehr als 70 zum Teil schwer verletzt worden.