Der WDR hat Vorwürfe zurückgewiesen, verantwortliche Führungskräfte hätten in den vergangenen Jahren Hinweise auf sexuelle Belästigung durch zwei Fernsehkorrespondenten nicht ausreichend ernst genommen. In beiden jetzt bekanntgewordenen Fällen seien Vorwürfe und Gerüchte geprüft worden, hätten sich aber nicht erhärten lassen, teilte der Sender am 13. April in Köln mit. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte eine lückenlose Aufklärung der Fälle.

In einem der beiden Fälle habe es 2010 eine hausinterne Untersuchung gegeben, erklärte der WDR. Alle Betroffenen hätten jedoch ausdrücklich anonym bleiben wollen, etwaige Vorfälle hätten sich nicht konkretisieren lassen. Die Anschuldigungen hätten daher nicht abschließend aufgeklärt werden können. In dem anderen Fall sei der damalige Chefredakteur Jörg Schönenborn nach seinem Amtsantritt Gerüchten nachgegangen, die sich auf die Zeit um 1990 bezogen hätten, erklärte der Sender. Die Prüfung habe jedoch keinen Nachweis für die Gerüchte erbracht.

Korrespondent freigestellt

Erst 2016 seien konkrete Vorwürfe erhoben worden, die konsequent überprüft worden seien, hieß es. Dem betreffenden Mitarbeiter sei schriftlich die Kündigung angedroht worden für den Fall, dass sich die Vorwürfe erhärteten oder neue Vorwürfe bekannt würden. Der beschuldigte TV-Korrespondent ist inzwischen wegen Belästigungsvorwürfen freigestellt.

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte berichtet, Schönenborn, der heute Fernsehdirektor beim WDR ist, habe einen der Beschuldigten vor Jahren befördert, obwohl er von den Vorwürfen gewusst habe. Den anderen habe er "auf prestigeträchtige Korrespondentenstellen" geschickt, obwohl er die Gerüchte über sexuelle Belästigung aus den 90er Jahren gekannt habe. Schönenborn erklärte dazu, er habe die Personalentscheidungen damals "auf der Grundlage der mir vorliegenden Fakten" getroffen, und fügte hinzu: "Mit dem Wissen von heute hätte man damals andere Entscheidungen getroffen."

DJV fordert Aufklärung

Zuvor hatten das Recherchebüro "Correctiv" und der "Stern" berichtet, mehrere Frauen hätten dem Auslandskorrespondenten sexuelle Belästigung vorgeworfen. Der Mann habe unter anderem anzügliche Nachrichten geschrieben und nach einer internen Untersuchung 2017 einen Eintrag in die Personalakte erhalten. In einem weiteren Fall hätten mehrere Frauen 2010 vertrauliche Gespräche mit einer Personalrätin geführt. In der Folge sei aber nicht etwa der Mann abgemahnt worden, gegen den die Vorwürfe erhoben wurden, sondern ein Hinweisgeber habe eine Ermahnung bekommen. Ihm sei verboten worden, von sexueller Belästigung in der Programmgruppe zu reden.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) in NRW forderte, den Worten nun auch Taten folgen zu lassen. Die WDR-Geschäftsleitung müsse die Vorwürfe lücken- und schonungslos aufklären, erklärte DJV-Landesgeschäftsführer Volkmar Kah. Der Sender müsse zudem nicht nur die jetzt aufgefallenen Fälle aufarbeiten, sondern auch die Strukturen, wie mit solchen Vorwürfen umgegangen werde. "Das Signal, dass vermeintliche Täter mehr oder weniger ungeschoren davonkommen, Kollegen, die Zivilcourage zeigen und sich für Aufklärung einsetzen, ist fatal", sagte er.