Der falsche Ryan Gosling war der Star des Abends. Ob auf dem roten Teppich vor dem Theater Marl, in der Sitzreihe beim Einnehmen der Plätze oder nach der Show - stets stand Ludwig Lehner im Blitzlichtgewitter der Fotografen. Die ProSieben-Komiker Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf hatten es 2017 geschafft, den Koch aus Bayern in die Übertragung der "Goldenen Kamera" im ZDF einzuschleusen - und der Fake fiel erst auf, als der falsche Gosling live vor Millionenpublikum seinen Preis Joko und Klaas widmete. Für diesen Streich gab es am Abend des 13. Oktober den Grimme-Preis in der Kategorie Unterhaltung.

Lehner, der dem Hollywoodstar Gosling verblüffend ähnlich sieht, durfte eine der begehrten Trophäen in Empfang nehmen. Die Moderatorin der gut zweistündigen Preisgala, die TV-Journalistin Annette Gerlach, brachte die Absurdität des Moments auf den Punkt: "Sie kriegen jetzt den Grimme-Preis, obwohl Sie weder Schauspieler noch Regisseur sind", sagte sie durchaus anerkennend zu dem 28-Jährigen. Mit der realen Preisverleihung an einen Fake-Preisträger vollendete sich die "bitterböse Medienkritik", die die Jury in der als "#GoslingGate" bekanntgewordenen Aktion sah.

"Marl nie langweilig"

Auch der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann war bei der 54. Vergabe des wichtigsten deutschen Fernsehpreises ein gefragter Mann und sorgte für zahlreiche Lacher. "Marl wird nie langweilig", antwortete er betont bierernst auf die Frage der Moderatorin, ob mit dem inzwischen vierten Grimme-Preis nicht langsam die Luft raus sei. Die Auszeichnung bekam er diesmal für seinen Beitrag "Max Giesinger und die deutsche Industriemusik" aus dem "Neo Magazin Royale". Darin zeigt er auf, dass die Musik der sogenannten neuen deutschen Pop-Poeten oft nur aus beliebigen Versatzstücken zusammengesetzt ist.

Höhepunkt des prämierten Böhmermann-Beitrags ist der Nonsens-Song "Menschen Leben Tanzen Welt", den Schimpansen aus dem Gelsenkirchener Zoo zufällig aus Textfragmenten zusammengebastelt hatten. Damit wollte Böhmermann eigentlich in diesem Jahr auch den Musikpreis Echo gewinnen - was allerdings nicht funktionierte. "Wir hätten vielleicht noch ein paar bissige Holocaustreferenzen einbauen sollen", ätzte Böhmermann auf der Bühne in Richtung Echo. Einen Tag zuvor waren die Rapper Kollegah und Farid Bang mit dem Musikpreis geehrt worden. Mit Songzeilen wie "Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen" hatten sie in der Öffentlichkeit scharfe Kritik auf sich gezogen.

"Babylon Berlin"

Die meisten Grimme-Einzelpreisträger entfielen in diesem Jahr auf die historische Krimiserie "Babylon Berlin", die in der Kategorie Fiktion erfolgreich war. Gleich 14 Personen bekamen die Trophäe, wodurch es auf der Bühne des Marler Theaters ziemlich eng wurde. Regisseur und Autor Tom Tykwer bestätigte, dass die Koproduktion von ARD und Sky ab Oktober im Ersten zu sehen sein wird. Zwei neue Staffeln seien bereits in Arbeit und könnten in gut anderthalb Jahren ausgestrahlt werden, ergänzte Achim von Borries, der neben Tykwer und Henk Handloegten zu den Schöpfern der Serie gehört.

Für ernste Töne bei der Preisverleihung sorgten der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und die Direktorin des Grimme-Instituts, Frauke Gerlach. Sie verwiesen auf bedrohte Pressefreiheit weltweit und auf die Notwendigkeit eines seriösen Journalismus in Zeiten von Fake News, wie er in der Grimme-Kategorie Information & Kultur ausgezeichnet wird. "Heute hat man den Eindruck, dass Regierungschefs fiktionaler sind als das Fernsehen", sagte Laschet in Anspielung auf US-Präsident Donald Trump. Wo Fake zur Realität werde, sei eine Auszeichnung wie Grimme enorm wichtig. "Wenn es heute keinen Grimme-Preis gäbe, müsste man ihn dringend erfinden", resümierte der Ministerpräsident.