In Mainz wird es keinen Bibelturm geben. Beim ersten Bürgerentscheid der Stadt stimmten am 15. April 77,3 Prozent der Wähler (49.700) gegen die geplante Erweiterung des Gutenberg-Museums. Für den Plan des Stadtrats und der Stadtspitze stimmten nur 22,7 Prozent (14.600). Die Wahlbeteiligung war mit 40 Prozent überraschend hoch. Mit 64.200 gültigen Stimmzetteln wurde die Mindestbeteiligung von 24.000 Wählern von insgesamt 161.000 stimmberechtigten Bürgern der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt klar übertroffen.

Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), der mit der Mehrheit des Stadtrats für einen Bau geworben hatte, sagte am Abend, es bleibe "eine richtige Entscheidung", die Bürger abstimmen zu lassen. "An jedem Mainzer Küchentisch wurde über Gutenberg geredet und das war gut." Er kritisierte aber die teils verletzend geführten Debatte: "Manches habe ich als zutiefst unmainzerisch empfunden." An Rücktritt habe in der Stadtspitze jedoch "garantiert niemand" gedacht. "Der Museum der Zukunft wird die Unterstützung von Bund und Land brauchen," bekräftige Ebling.

Bürgerprotest

Der Stadtrat hatte vor dem Bürgerentscheid beschlossen, dass in Nachbarschaft des Doms ein rund 20 Meter hoher Turm als Anbau des Gutenberg-Museums zur Ausstellung der kostbaren Gutenberg-Bibeln entstehen soll. Mit der Errichtung des Bauwerks mit einer fensterlosen Fassade aus Metallbuchstaben sollte die überfällige Sanierung des vor über 100 Jahren gegründeten "Weltmuseums der Druckkunst" eingeleitet werden. Für den Bau des Turms als ersten Abschnitt der Modernisierung des Museums hatte die finanzschwache Kommune fünf Millionen Euro bereitgestellt. Wie die weiteren Bauphasen finanziert werden sollten, war bislang noch unklar.

Gegen das Projekt hatte sich eine Bürgerinitiative gebildet und mehr als 10.000 Unterschriften gesammelt. Die Kritiker lehnen den modernen Bau in direkter Nachbarschaft zum 1.000 Jahre alten Mainzer Dom und die notwendige Abholzung mehrerer alter Platanen ab. Sie werfen der Stadt vor, kein Finanzierungskonzept für die komplette Sanierung zu besitzen und forderten einen Bürgerentscheid. Aufgrund des Protests setzte der Stadtrat trotz seines Beschlusses den Bürgerentscheid selbst an.