Trier/Düsseldorf (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, haben zu einem verantwortungsvollen Umgang mit modernen vorgeburtlichen Untersuchungsmethoden aufgerufen. "Unsere Gesellschaft ist geprägt von vielfältigen Optionen, unter denen wir diejenige auszusuchen gewohnt sind, die uns am ehesten entspricht", sagte Bedford-Strohm zur Eröffnung der ökumenischen "Woche für das Leben" am 14. April im Trierer Dom. Beim Umgang mit menschlichem Leben gelte aber etwas anderes. Dort müsse die Achtung für die Würde menschlichen Lebens die Grundlage für jede Entscheidung sein, mahnte er.
Kardinal Marx sagte, er könne die Sorgen der Eltern sehr gut verstehen. "Jeder hofft, dass sein Kind gesund ist." Wenn das in Frage stünde, kämen Ängste auf, die Familien sehr belasten. Es gebe ethische Leitlinien und Werte, die Eltern und Ärzten Orientierung geben könnten. Die Kirche sei dankbar für Eltern, die sich trotz einer schwierigen Situation für ein Kind mit Behinderung entscheiden.
"Dem Leben verpflichtet"
Die jährliche "Woche für das Leben" ist eine bundesweite Aktion der katholischen und der evangelischen Kirche in Deutschland. Unter dem Motto "Kinderwunsch. Wunschkind. Unser Kind!" finden bis 21. April in den Gemeinden Gottesdienste und Veranstaltungen statt zu verschieden Aspekten der besseren medizinischen Versorgung für Mutter und Kind.
"Pränataldiagnostik ist zuallererst dem Leben verpflichtet", erklärte Bedford-Strohm. Sie solle Frauen bei ihrer Schwangerschaft so gut wie möglich medizinisch begleiten und die Risiken für die Frau und das werdende Leben begrenzen. "Niemand darf von einem moralischen Hochpodest aus über die schwierigen Konfliktsituationen hinweggehen, die entstehen, wenn Eltern durch Pränataldiagnostik mit abzusehenden schweren Schäden in der embryonalen Entwicklung konfrontiert werden", betonte der Ratsvorsitzende der EKD. Sie bräuchten einfühlsame Beratung und Begleitung.
Kritik an Ausweitung
Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, warnte vor den gesellschaftlichen Folgen neuer Methoden der Pränataldiagnostik. Wenn Untersuchungen auf bestimmte Krankheiten flächendeckend zum Einsatz kämen, sehe er "die große Gefahr, dass das Recht auf Leben immer stärker von bestimmten gesellschaftlich normierten Kriterien abhängig gemacht wird", sagte Rekowski am 13. April in Düsseldorf. Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker erklärte, eine menschenwürdige Gesellschaft entstehe nicht durch Selektion des Kindes, sondern nur durch eine weitreichende Inklusion der Familien mit behinderten oder kranken Kindern.
Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), die Caritas Behindertenhilfe und der Deutsche Caritasverband kritisierten die geplante Ausweitung der kassenärztlichen Leistungen in der Schwangerschaftsvorsorge auf den sogenannten Bluttest. Dies sei als Hinweis darauf zu verstehen, "dass Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft zunehmend nicht mehr erwünscht sind", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung anlässlich der "Woche für das Leben". Mit diesem Bluttest bei der Mutter werden mögliche Veränderungen im Erbgut des ungeborenen Kindes wie etwa Trisomie-21 bestimmt.
Die Familienberatung pro familia ermutigte werdende Mütter und Eltern, das bestehende Beratungsangebot für Schwangere stärker zu nutzen. Es wäre hilfreich, Paare würden sich bereits informieren, bevor sie die Tests machen, "aber das ist eher die Ausnahme", sagte die Ärztin Katharina Rohmert vom Bundesverband dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die pränatale Diagnostik liefere nur Hinweise auf mögliche Schädigungen, "es sind ja keine Beweise", erklärte die Medizinerin. 95 bis 97 Prozent aller Kinder kämen gesund zur Welt.