Die EU-Kommission hat dem deutschen Chemiekonzern Bayer die Übernahme des US-Agrar-Riesen Monsanto erlaubt. Die Fusion sei an umfangreiche Auflagen geknüpft, erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am 21. März in Brüssel. Trotzdem hagelte es Kritik von Umweltschützern und Entwicklungsexperten, die höhere Preise für Saatgut und eine weitere Industrialisierung der Landwirtschaft befürchten.

Monsanto und Bayer gehören zu den weltgrößten Anbietern von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln, der US-Konzern vertreibt unter anderem das umstrittene Pestizid Glyphosat. Durch die Übernahme entsteht nach Kommissionsangaben "der weltweit größte integrierte Anbieter von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln".

Auflagen

Damit der neue Konzern keine zu große Marktmacht bekommt, hat sich Bayer zu umfangreichen Verkäufen verpflichtet. Sie belaufen sich laut EU auf über sechs Milliarden Euro. Unter anderem wolle Bayer fast sein gesamtes Geschäft für das Saatgut von großflächig angebauten Pflanzen wie Sojabohnen und Raps verkaufen.

Die Fusions-Entscheidung erntete den Auflagen zum Trotz viel Kritik aus umwelt- und entwicklungspolitischer Perspektive. Der NABU sieht die Entscheidung "im Gegensatz zu den Forderungen von Umweltschützern und Verbrauchern auf der ganzen Welt, die sich eine umweltverträglichere, gift- und gentechnikfreie Landwirtschaft wünschen".

Die Grünen-Europaabgeordnete Maria Heubuch erklärte: "Schon heute teilen sich Konzerne die Märkte in Entwicklungsländern auf, dieser Trend wird sich nun noch verschärfen." Skeptisch ist auch "Brot für die Welt". "Wir sehen es durchaus als Gefährdung der Welternährung an", da nun nur noch vier Konzerne den Saatgut- und Pestizidbereich kontrollieren würden, sagte Stig Tanzmann, Agrarexperte des evangelischen Hilfswerks.

Vertreibungen befürchtet

Die Menschenrechtsorganisation FIAN verweist auf eine weitere Gefahr. Schon heute erschwerten in vielen Ländern staatliche Regeln die Eigenproduktion von Saatgut durch Landwirte sowie dessen lokalen Verkauf und Tausch. Der Einfluss der Konzerne, die in dieser Richtung Druck auf die Politik ausübten, nehme mit Fusionen zu, meint FIAN-Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes. "Wir befürchten, dass die Kleinproduzenten, die ja nach wie vor für 70 Prozent der Weltbevölkerung die Nahrung herstellen, dass die weiter an den Rand gedrängt werden", sagte Mimkes dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Misereor beruft sich auf eigene Erfahrungen mit Partnern weltweit, wenn es die Folgen der industriellen Landwirtschaft beschreibt: "Durch die Förderung großflächig angebauter Monokulturen wie Soja und Mais werden viele Bäuerinnen und Bauern von ihrem Land vertrieben", heißt es in einer Mitteilung des katholischen Hilfswerks. Die Gesundheit von Millionen Menschen in den Anbaugebieten leide unter dem Einsatz von Pestiziden.

Fünf Tage für 750 Seiten

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisierte das Verfahren, das zur Fusionsentscheidung führte. Zwar habe die AbL eine Stellungnahme abgeben können, doch unter fragwürdigen Umständen: "5 Tage Zeit, um 750 Seiten der Bewertung der Kommission zu lesen und dazu Stellung zu nehmen, wobei alle relevanten Marktdaten und Informationen geschwärzt sind und es keine öffentlich zugänglichen aktuellen Marktdaten gibt."

Inhaltliche Fehler bei der wettbewerbsrechtlichen Prüfung wirft der EU-Kommission die Initiative "Konzernmacht beschränken" vor. Die EU habe etwa die Bedeutung vor- und nachgelagerter Produktionsstufen zu unkritisch betrachtet. "Dabei ist es das ausdrückliche Ziel von Bayer-Monsanto, in Zukunft 'integrierte Lösungen', sprich Kombipakete von Saatgut und Pestiziden, anzubieten, die sie auch über ihre digitale Plattform verkaufen wollen", erklärte das Bündnis aus knapp 30 zivilgesellschaftlichen Organisationen.