

Freiburg (epd). Über 70 Jahre alten wohnsitzlosen Menschen ist auch in der Corona-Pandemie die Unterbringung in einer Obdachlosengemeinschaftsunterkunft mitsamt gemeinsam genutztem Bad und Küche zumutbar. Allerdings muss die zuständige Kommune zur Vermeidung einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Virus ein Hygienekonzept für die Unterkunft erstellen, entschied das Verwaltungsgericht Freiburg in einem am 17. April veröffentlichten Beschluss.
Konkret ging es um eine 71-jährige, unter Betreuung stehende obdachlose Frau, die an einer paranoiden Schizophrenie erkrankt ist. Bislang lebt sie vorübergehend in einer Obdachlosenunterkunft mit abgeschlossener Wohneinheit sowie eigener Küche und Bad. Als die Frau in eine andere Unterkunft umverlegt werden sollte, zog sie vor Gericht.
In der neuen Obdachlosenunterkunft würden Küche, Bäder und Flur gemeinschaftlich genutzt. Dies führe zu einem höheren Infektionsrisiko mit dem SARS-CoV-2-Virus und dessen Mutationen. Mit 71 Jahren sei sie aber besonders gefährdet, erklärte die Wohnsitzlose. Erst wenn sie ihre zweite Coronaschutzimpfung erhalten habe, könne von ihr ein Umzug verlangt werden.
Dem widersprach das Verwaltungsgericht. Eine Obdachlosenunterkunft sei lediglich als Überbrückung gedacht. Ein Anspruch auf eine wohnungsmäßige Versorgung bestehe nicht. Die derzeitige Corona-Pandemie führe auch nicht dazu, "dass Obdachlose generell im Alter von über 70 Jahren nicht mehr in Obdachlosengemeinschaftsunterkünften untergebracht werden dürfen oder können". Zwar bestehe bei der Antragstellerin wegen ihres Alters ein "gewisses erhöhtes Gefährdungspotenzial". Dem könne die Kommune aber mit einem noch auszuarbeitenden Hygienekonzept für die Unterkunft begegnen.
Allein die Bereitstellung von Masken und Desinfektionsmitteln reiche hierfür nicht aus. Ein Hygienekonzept müsse zusätzlich die Einhaltung eines 1,5 Meter großen Mindestabstandes festlegen, regelmäßiges Lüften und die Reinigung der Gemeinschaftsräume sicherstellen und festlegen, wie bei einem Auftreten eines Covid-19-Falles vorgegangen werden muss.
Az.: 5 K 731/21