sozial-Politik

Teilhabe

Hintergrund

Was ist die rechtliche Betreuung?



Erwachsene Menschen können aus unterschiedlichen Gründen geschäftsunfähig sein. Sie können zur Unterstützung einen gesetzlichen Betreuer bekommen, der ihnen Entscheidungen abnimmt. Diese Hilfe stellt aber zugleich einen Eingriff in persönliche Rechte dar.

Wenn eine volljährige Person mit einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht allein regeln kann, bekommt sie eine gesetzliche Betreuerin oder einen gesetzlichen Betreuer. Dafür müssen entweder die oder der Betroffene selbst oder Dritte einen Antrag beim Betreuungsgericht stellen. Das Gericht prüft dann, ob eine Betreuung erforderlich ist und legt fest, für welche Aufgaben die Person Hilfe braucht. Das können zum Beispiel Wohnungs- und Vermögensangelegenheiten sein. Dabei darf das Gericht nicht gegen den freien Willen der betreuungsbedürftigen Person entscheiden. Außerdem darf nur so lange eine Betreuerin oder Betreuer bestellt werden, wie es nötig ist.

Eingriff in Grundrechte

Das Gericht versucht zunächst, einen Ehrenamtlichen für das Betreuungsamt zu finden. Das kann zum Beispiel ein Ehepartner oder ein volljähriger Verwandter oder eine Verwandte sein. Ist das nicht möglich, wird eine Berufsbetreuerin oder ein Berufsbetreuer eingesetzt.

Besonders viel Verantwortung kommt den Vertreterinnen und Vertretern zu, wenn das Gericht ihnen die Betreuung in allen Angelegenheiten überträgt. Weil dies einen besonders starken Eingriff in Grundrechte darstellt, muss die Anordnung besonders genau geprüft werden. Deshalb muss das Gericht schon dann eine Verfahrenspflegerin oder einen Verfahrenspfleger bestellen, wenn die Betreuung in allen Angelegenheiten möglich erscheint. Die Verfahrenspflegerinnen und -pfleger sollen die Interessen der Betroffenen vor Gericht vertreten.

Eingeschränkt geschäftsfähig

Selbst bei einer Vollbetreuung gibt es aber einige Rechte, die nie stellvertretend wahrgenommen werden können. Dazu gehört zum Beispiel das Heiraten, das Wählen, das Aufsetzen eines Testaments oder eine Adoption. Allerdings können auch diese höchstpersönlichen Rechte beschränkt werden. So setzt beispielweise eine Adoption voraus, dass die potenziellen Eltern uneingeschränkt geschäftsfähig sind. Geschäftsunfähig sind wiederum Menschen mit dauerhaften geistigen Krankheiten.

Der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen gibt die Gesamtzahl der Betreuungsverfahren Ende 2016 mit knapp 1,3 Millionen an. Laut einer Studie des Iges Instituts im Auftrag des Bundesjustizministeriums aus dem Jahr 2018 wären bis zu 15 Prozent der rechtlichen Betreuungen vermeidbar. Dafür müssten aber andere Hilfen wie der allgemeine Sozialdienst effizienter genutzt werden. Aktuell ist eine Reform des Betreuungsrechts geplant, die laut Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) "entsprechend den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention verstärkt am Selbstbestimmungsrecht der Betreuten ausgerichtet" werden soll.



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