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Corona

Britische Virus-Mutation verbreitet sich schnell




Jens Spahn
epd-bild/Christian Ditsch
Wie eine Hydra mit nachwachsenden Köpfen: Das Coronavirus hat Varianten entwickelt, in Deutschland ist die britische auf dem Vormarsch. Die EU spricht von einem möglichen "Paradigmenwechsel". Experten warnen unterdessen vor zu großen Hoffnungen auf die versprochenen flächendeckenden Schnelltests.

Die britische Mutation des Coronavirus verbreitet sich auch in Deutschland schnell. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am 17. Februar in Berlin, inzwischen seien 22 Prozent der Neuansteckungen Infektionen mit der britischen Virus-Variante. Vor zwei Wochen seien es noch sechs Prozent gewesen. Unterdessen stellte die EU-Kommission neue Maßnahmen gegen Virus-Varianten vor.

Spahn zufolge verdoppelt sich ungefähr jede Woche der Anteil der Mutation an der Gesamtzahl der Ansteckungen. Die britische Variante könnte auch in Deutschland bald die dominierende werden, sagte er. Die südafrikanische Variante des Coronavirus ist demnach zufolge für 1,5 Prozent der Infektionen verantwortlich. Mit Blick auf die Verbreitung der Varianten warnte der Gesundheitsminister: "Wir müssen sehr vorsichtig sein, wenn wir den Lockdown verlassen." Die Erfolge dürften nicht verspielt werden. Obwohl sich die Varianten weiter verbreiteten, steckten sich insgesamt weniger Menschen an.

Brüssel schiebt neue Gegenmaßnahmen an

In Brüssel hat die EU-Kommission zusätzliche Maßnahmen gegen neue Varianten vorgeschlagen und dabei auch Notfallzulassungen für Impfstoffe ins Gespräch gebracht. Neue Varianten entstünden schnell, warnte Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Die Verbreitung der zunächst in Großbritannien, Südafrika und Brasilien identifizierten Varianten könne einen "Paradigmenwechsel" im Kampf gegen Corona darstellen, hieß es in einer Kommissionsmitteilung. Denn die Varianten seien stärker ansteckend "und in einigen Fällen wurden sie mit einer potenziell erhöhten Schwere der Erkrankung in Verbindung gebracht".

Daher will die Kommission zum Beispiel die Entwicklung spezieller Tests für Varianten und die Genomsequenzierung mit mindestens 75 Millionen Euro bezuschussen. Zudem rief sie ein 21 Länder umfassendes Netzwerk für klinische Tests ins Leben. Das Netzwerk soll die Zusammenarbeit und den Datenaustausch für Tests von Corona-Impfstoffen und Corona-Medikamenten erleichtern. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Erforschung von Impfungen für Kinder und junge Leute.

Impfstoffzulassung soll beschleunigt erfolgen

Mit Blick auf die Zulassung von Impfstoffen richtet die Kommission den Blick auf das Prozedere für Grippe-Impfstoffe. Die neuen Varianten der Influenza machen regelmäßig neue Impfstoffe nötig, deren Zulassung schneller geht als bei völlig neuen Präparaten. Auch für an neue Varianten angepasste Corona-Impfstoffe soll es der Behörde zufolge eine "beschleunigte Zulassung" geben.

Darüber hinaus bringt die Kommission eine "neue Kategorie der Notfallzulassung von Impfstoffen auf EU-Ebene mit geteilter Haftung unter den Mitgliedsstaaten" ins Gespräch. Bisher gab es in der EU keine Notfallzulassungen für Corona-Impfstoffe. Stattdessen wurde auf reguläre sogenannte bedingte Marktzulassungen gesetzt. Ein weiterer Punkt der vorgestellten und vorgeschlagenen Maßnahmen sind bessere Vorbereitungen für die Impfstoffproduktion.

Probleme bei Schnelltests erwartet

Derweil warnen Kommunen und Mediziner warnen vor falschen Erwartungen der Bevölkerung an kostenlose Corona-Schnelltests, die Spahn angekündigt hat. Die Menschen sollten nicht glauben, "ab 1. März stünden überall für alle die Schnelltests in großer Zahl zur Verfügung", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, am 18. Februar den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Aus dem Impfstart haben wir gelernt, dass Organisation und Beschaffung sowie Verteilung für viele Millionen Menschen gleichzeitig eine Mammutaufgabe darstellt."

Landsberg forderte ein stufenweises Vorgehen. "Wenn die Tests noch nicht in ausreichender Zahl vorhanden sind, ist es sinnvoll, sich zunächst auf Kitas und Schulen zu konzentrieren", sagte er. "Auch der Einsatz von mobilen Teams, die die Schnelltests in Schulen und Kitas kurzfristig umsetzen, kann ein richtiger Ansatz sein." Landsberg mahnte zugleich eine schnelle Zulassung der Eigentests an.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuvor angekündigt, dass sich ab Anfang März alle Bürgerinnen und Bürger in Testzentren oder Apotheken von geschultem Personal mit kostenlosen Schnelltests auf das Corona-Virus testen lassen können.

Weitere Strategie fehlt

Auch bei den Medizinern im öffentlichen Gesundheitsdienst stößt die Einführung flächendeckender Schnelltests auf Vorbehalte. "Es bringt bei der Pandemie-Bekämpfung nichts, einfach nur viele kostenlose Tests anzubieten", sagte die Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert. Sie verlangte "eine Strategie und klare Regeln".

Für Patientenschützer Eugen Brysch kommt es jetzt darauf an, dass diese Angebote millionenfach täglich im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung stehen. "Überfällig ist eine Zertifizierung durch unabhängige Referenzlabore", sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz dem epd. Der Bundesgesundheitsminister müsse dafür sorgen, dass nur geprüfte Schnelltests aus Steuermitteln bezahlt werden.

Bettina Markmeyer, Phillipp Saure, Markus Jantzer