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Sterbehilfe

Rat der EKD debattiert über Suizidassistenz



Nach der unter anderem von Theologen angestoßen Debatte um die Position der evangelischen Kirche zur Suizidassistenz hat sich der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am 30. Januar mit dem Thema befasst. In der rund dreistündigen Diskussion sei es um ethisch-theologische Überlegungen sowie rechtliche und praktische Fragen gegangen, die durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom vergangenen Jahr aufgeworfen worden seien, schrieb der Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm anschließend auf seiner Facebook-Seite.

Er bekräftigte dort seine Haltung, wonach der Lebensschutz Vorrang habe. Zugleich räumte er Dilemmasituationen ein, "für deren Bewältigung derzeit keine eindeutigen Antworten und Regelungen bestehen".

Bundesverfassungsgericht kippte Verbot

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das 2015 verabschiedete Verbot der organisierten - sogenannten geschäftsmäßigen - Suizidassistenz gekippt. Nach Ansicht der Richter umfasst das Recht auf selbstbestimmtes Sterben die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, und erlaube dabei auch die Hilfe Dritter.

Katholische und evangelische Kirche hatten das Urteil kritisiert. Mit einem Gastbeitrag prominenter Vertreter der evangelischen Kirche in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", in dem gefordert wurde, Suizidassistenz für evangelische Einrichtungen nicht komplett auszuschließen, wurde eine neue Debatte über diese Position entfacht. Die Autoren des Beitrags sind Diakonie-Präsident Ulrich Lilie, der Theologe Reiner Anselm, die Theologin Isolde Karle, der hannoversche Landesbischof Ralf Meister, der Palliativmediziner Friedemann Nauck und der Jurist Jacob Joussen, der dem Rat der EKD angehört.

Gegen assistierten Suizid als "normale Leistung"

An der digitalen Ratssitzung nahmen Bedford-Strohm zufolge Lilie und Anselm teil. Der Ratsvorsitzende betonte im Anschluss, der assistierte Suizid dürfe nicht zu einer normalen Option unter anderen werden. Zugleich müssten Kirche und Diakonie Menschen gerade in Grenzsituationen seelsorgerlich beraten und begleiten. Übereinstimmung habe es in dem Punkt gegeben, dass die Diakonie durch die Bereitstellung palliativer Versorgung, Seelsorge, Beratung und die Arbeit der Hospize Suizide zu verhindern versucht. Eine Beratung in diakonischen und evangelischen Einrichtungen sei "immer eine Beratung zum Leben und kann nicht neutral bleiben", schrieb er.

Die Diskussion innerhalb der evangelischen Kirche ist damit nicht abgeschlossen. Auch in der Politik wird über Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erneut debattiert. Am 29. Januar wurden erste Gesetzentwürfe veröffentlicht mit konkreten Plänen, wie der Zugang zu tödlich wirkenden Mitteln für die Selbsttötung künftig reguliert werden könnte.