

Berlin (epd). Einer neuen Studie zufolge geraten viele Kliniken in Deutschland wegen der anhaltenden Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schieflage. Hauptgrund seien Einnahmeverluste durch verschobene Operationen, teilte die Deutsche Krankenhausgesellschaft am 29. Dezember in Berlin mit. Sie verwies auf die Resultate des jüngsten Krankenhaus-Barometers des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI). Die Linkspartei und die Grünen fordern ein generell anderes Finanzierungssystem des Gesundheitswesens.
Nach der Studie hat die Pandemie nicht nur Auswirkungen auf die Allgemein- und Intensivstationen. Auch in den OP-Bereichen führte sie zu merklichen Beeinträchtigungen. In der ersten Pandemiewelle von März bis Mai 2020 ist die Zahl der stationär durchgeführten Operationen den Angaben nach im Durchschnitt um 41 Prozent und bei ambulanten Operationen um 58 Prozent zurückgegangen. "Allein in diesem Zeitraum lagen die Erlösverluste bei den betroffenen Kliniken bei etwa 2,5 Millionen Euro pro Haus", teilte die DKG mit.
Die meisten Kliniken hätten die OP-Auslastung von 2018 noch nicht erreicht. Grund hierfür seien nach wie vor die Zurückhaltung der Patienten bei planbaren Operationen, erforderliche Schutzmaßnahmen und gestiegene Hygiene-Anforderungen sowie Freihaltekapazitäten für Corona-Patienten in den Intensivbereichen. Der Dachverband geht davon aus, dass die hohen Infektionszahlen einen normalen OP-Betrieb vielerorts weiter erschweren werden.
"Die Krankenhäuser stehen vor einer ungewissen Zukunft. Es ist zu befürchten, dass sich die Entwicklung aus der ersten Welle während der zweiten Welle verstärkt. Die Versorgung hilfsbedürftiger Patienten ist in unseren Kliniken aber zu keinem Zeitpunkt gefährdet", erklärte der DKG-Präsident Gerald Gaß.
Schon vor der Krise sei die Lage vieler, meist kleinerer Krankenhäuser nicht rosig gewesen. Jetzt aber hätten sich die Probleme dramatisch zugespitzt. Bereits 2019 hat laut DKG fast jede zweite Klinik (44 Prozent) rote Zahlen geschrieben. Aktuell erwartet weniger als ein Drittel der Häuser für 2020 ein positives Jahresergebnis. Nur noch 18 Prozent der Kliniken beurteilen ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als gut.
Damit setzt sich der Abwärtstrend der vergangenen Jahre fort. Seit 2016 ist der Anteil der Krankenhäuser mit positivem Jahresergebnis von 61 (DKI-Umfrage 2017) auf aktuell 29 Prozent gesunken. Umgekehrt ist der Anteil der Häuser in schwieriger wirtschaftlicher Lage kontinuierlich gestiegen. Für 2021 erwartet nur knapp ein Viertel der Krankenhäuser eine wirtschaftliche Verbesserung.
"Weil nicht alle Corona-bedingten Erlösausfälle und Mehrkosten eins zu eins gedeckt werden, ist davon auszugehen, dass sich für viele Kliniken die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert", sagte Gaß. Vor diesem Hintergrund forderte der DKG-Präsident weitere unterstützende Maßnahmen zur Bewältigung der Lasten der Pandemie.
Gleichzeitig hat der Fachkräftemangel laut DKI-Studie im Krankenhaus die OP-Bereiche erreicht. 2020 konnte fast jede zweite Klinik offene Stellen im nicht-ärztlichen OP- und Anästhesiedienst nicht besetzen. Bundesweit sind hier 3.000 Vollzeitstellen unbesetzt.
Die Ergebnisse des Krankenhaus-Barometers 2020 beruhen nach den Angaben auf einer schriftlichen Umfrage. Beteiligt haben sich insgesamt 438 Krankenhäuser ab einer Größe von 100 Betten.
Bernd Riexinger, Vorsitzender der Links-Partei, sagte, dass Krankenhäuser in einer Pandemie pleite gehen, sei absurd. "Der Gesundheitsminister muss sofort handeln und das System der Fallkostenpauschale aussetzen. Den Krankenhäusern muss finanziell geholfen werden."
Mittelfristig brauche es eine solidarische Gesundheitsversicherung, in die alle mit allen Einkommen einzahlen. "Dann können Krankenhäuser bedarfsgerecht finanziert werden", sagte der Parteichef.
Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Gesundheitspolitik der Grünen, sagte, der drohende Finanzierungsengpass bei den Krankenhäusern zeige sehr deutlich, "dass es einen drängenden Reformbedarf in der Krankenhauspolitik und bei der Krankenhausfinanzierung gibt".
Es sei gut, dass Minister Spahn schnell klar gestellt habe, dass die drohenden Liquiditätsprobleme im neuen Jahr angegangen werden sollen. "Alles andere wäre unverantwortlich. Die Krankenhäuser müssen handlungsfähig bleiben", fordert die Grünen-Politikerin. Es müsse sichergestellt werden, dass Krankenhäuser, die zur Sicherstellung der Versorgung nötig seien, nicht aus finanziellen Schwierigkeiten schließen müssten.
Klein-Schmeink warb für eine andere Finanzierung der Gesundheitspolitik: "Wir haben Vorschläge für die Reform des Entgeltsystems und der Krankenhausplanung vorgelegt. Wir halten einen deutlich höheren Anteil an einer fallzahlunabhängigen Finanzierung der Vorhaltekosten und eine stärkere Differenzierung nach Versorgungsstufen für notwendig."