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Bundesregierung

Missbrauchsbeauftragter Rörig will Amt vorzeitig niederlegen




Johannes-Wilhelm Rörig
epd-bild/Heike Lyding
Der unabhängige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, gibt vorzeitig sein Amt ab. Der beharrliche Kämpfer gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen will die schwierige Aufgabe nicht bis 2024 fortsetzen.

Der unabhängige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, will überraschend sein Amt vorzeitig niederlegen. "Nach mehr als neun Jahren werde ich mich zum Ende dieser Legislaturperiode aus dem Amt des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs zurückziehen, auch um mich neuen Herausforderungen stellen zu können", teilte Rörig am 4. Dezember in Berlin mit.

Bis zu seinem Ausscheiden werde er sich weiterhin "mit voller Kraft und ganzem Herzen für einen konsequenteren Kampf gegen sexuellen Missbrauch und seine Folgen einsetzen", sagte er. Rörig hatte das Amt 2011 von seiner Vorgängerin Christine Bergmann übernommen. Die Stelle wurde unter seiner Führung aufgewertet. Im vergangenen Jahr wurde er für eine neue fünfjährige Amtszeit berufen. Rörig wäre regulär also bis 2024 im Amt.

"Kinderpornografie in Terrabytedimension"

Der 61-Jährige erklärte, es freue ihn, "dass trotz geringer Ressourcen und ohne gesetzlichen Auftrag zukunftsfähige Strukturen der Betroffenenbeteiligung und unabhängigen Aufarbeitung auf Bundesebene etabliert werden konnten". Er forderte, das Amt weiter zu stärken und auf gesetzlicher Grundlage dauerhaft fortzuführen. Rörig hat den Angaben zufolge Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), zu deren Ressort seine Stelle gehört, über seine Entscheidung informiert und gebeten, seine Nachfolge rechtzeitig zu regeln.

Rörig trat beharrlich für einen intensiveren Kinderschutz ein und forderte immer wieder konsequente Schritte, um sexuelle Gewalt in Deutschland stärker einzudämmen. Er verwies auf jährlich mehr als 20.000 Fälle von Kindesmissbrauch und "Kinderpornografie in Terrabytedimension".

Erst am vergangenen Donnerstag mahnte Rörig einen erheblichen Nachbesserungsbedarf beim Kampf gegen den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen an. Im Familienausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags beklagte er, dass es bislang "keinen erkennbaren Rückgang der Fallzahlen" gebe. Rörig sprach von einer "erschreckenden Normalität" in diesem Bereich.

In Verhandlungen mit den Kirchen

Anfang des Jahres hatte Rörig einen "Pakt gegen sexuellen Missbrauch" gefordert. Dafür werde die Unterstützung aller Bürger benötigt. Ausdrücklich appellierte er an den "ersten Mann im Staat", Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Er müsse "diesen Abgrund der Gesellschaft in seine Reden aufnehmen" und damit die Priorität erhöhen, sagte Rörig.

Auch von den Kirchen verlangte er eine umfassende Aufarbeitung ihrer Missbrauchsskandale. Dazu gehöre, Betroffenen Unterstützung bei der individuellen Aufarbeitung zu geben und sie mit starken Rechten auszustatten. Mit der katholischen Kirche einigte sich Rörig im Frühjahr auf verbindliche Kriterien für die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den eigenen Reihen. Mit der evangelischen Kirche laufen die Verhandlungen noch.

Bevor Rörig am 1. Dezember 2011 sein Amt als Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs antrat, arbeitete der ausgebildete Jurist 13 Jahre lang im Bundesfamilienministerium, zuletzt als Unterabteilungsleiter. Zuvor war er Richter am Arbeitsgericht Berlin.

Markus Jantzer