Karlsruhe (epd). Das Verurteilung des früheren Krankenpflegers Niels Högel zu lebenslanger Haft wegen Mordes in 85 Fällen ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verwarf mit einer am 11. September veröffentlichten Entscheidung die Revision des Angeklagten und eines Nebenklägers. Das Landgericht Oldenburg hatte Högel im Juni 2019 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, die besondere Schwere der Schuld festgestellt und ihm lebenslang verboten, beruflich in der Kranken- und Altenpflege oder im Rettungswesen tätig zu sein. Vom Vorwurf, weitere 15 Personen ermordet zu haben, war Högel freigesprochen worden.
Das Landgericht hatte es als erwiesen angesehen, dass Högel zwischen dem Februar 2002 und dem Juni 2005 insgesamt 85 Patienten tötete, indem er ihnen medizinisch nicht indizierte Medikamente verabreichte, die zu einem Herzstillstand oder Zusammenbruch des Kreislaufs führten. Dabei sei es ihm in erster Linie darum gegangen, sich danach um die Reanimation der Patienten zu bemühen zu können. Wegen seiner besonderen Fähigkeiten bei dieser Behandlung habe er sich im Falle einer erfolgreichen Wiederbelebung die Bewunderung von Kollegen und Ärzten sowie dankbarer "geretteter" Patienten versprochen.
Högel habe in Kauf genommen, dass seine Bemühungen scheitern und die Patienten zu Tode kommen könnten. Tatsächlich waren die Reanimationsversuche - soweit es überhaupt hierzu kam - in den abgeurteilten Fällen erfolglos, so dass die Patienten binnen kurzer Zeit starben.
Das Landgericht hatte die Motive des Angeklagten für die Tötung als niedrige Beweggründe gewertet. In der Mehrzahl der Fälle nahm es auch das Mordmerkmal der Heimtücke an, weil Högel die Arglosigkeit der Patienten ausnutzte. Im Prozess hatte der Beschuldigte 43 Mordvorwürfe eingeräumt. In seiner Revision hatte Högel Verfahrensfehler sowie rechtliche Mängel des Urteils geltend gemacht. Zudem hatte sich ein Nebenkläger mit der Rüge gegen den Freispruch in einem Fall gewandt, in dem das Landgericht sich von einer Tötungshandlung des Angeklagten nicht hatte überzeugen können.
Die daraufhin veranlasste Überprüfung des Urteils und des Verfahrens habe keinen Rechtsfehler ergeben, teilte der BGH mit. Sämtliche Rügen seien ohne Erfolg geblieben.
Az.: 3 StR 624/19