Bochum, Koblenz (epd). Als Ergänzung zu der im Zwei-Jahres-Turnus erscheinenden Vergütungsstudie des Beratungsunternehmens contec für das Top-Management der Sozialwirtschaft ist nun die Vergütungsstudie 2019 mit Fokus auf Einrichtungsleitungen der stationären Altenhilfe erschienen. Für die Studie, die contec in Zusammenarbeit mit dem IEGUS – Institut für europäische Gesundheits- und Sozialwirtschaft sowie mit dem RheinAhrCampus der Hochschule Koblenz erstellt hat, wurden 650 Leitungskräfte der stationären Altenhilfe über die Höhe und Zusammensetzung ihrer Vergütung befragt.
Nach der Bereinigung von unvollständigen, doppelten oder unplausiblen Antworten gingen 226 Datensätze in die Auswertung ein. Auch wenn die Studie statistisch nicht repräsentativ ist, bietet sie eine sehr gute Orientierungsgröße sowohl für Führungskräfte und deren Gehaltsverhandlungen als auch für Arbeitgeber, um sich im Wettbewerb einordnen zu können. Die Angaben über die Vergütungshöhe erfolgen anhand der beiden Parameter Median und 75-Prozent-Quartil, die auch von der Rechtsprechung bei externen Vergleichen zur Überprüfung der Angemessenheit der Vergütung für Geschäftsführungen herangezogen werden.
Das Hauptaugenmerk der Studie liegt auf dem Bruttogesamtgehalt der Führungskräfte sowie den verschiedenen Gehaltskomponenten, aus denen sich dieses zusammensetzt. Die Angaben werden anhand der Einrichtungsgröße verglichen, die sich durch die Beschäftigtenzahl (pro Kopf und Vollzeitäquivalente), die Anzahl vollstationärer Betten/Plätze und den Umsatz darstellen lässt. Das Bruttogesamtgehalt der befragten Einrichtungsleitungen beträgt im Median 67.875 Euro.
Eine Kernbeobachtung ist: Wie schon bei der letzten Top-Management Studie lässt sich bei Einrichtungsleitungen ein struktureller Zusammenhang zwischen Einrichtungsgröße und Vergütungshöhe feststellen. Je größer die Einrichtung, desto höher die Vergütung. Neben dem Jahresfestgehalt zählen zum Bruttogesamtgehalt: variable bzw. leistungsbezogene Vergütungen, Firmenwagen (zur privaten Nutzung), Zuschüsse zur Altersversorgung und vermögenswirksame Leistungen, aber auch Fahrtkosten-, Verpflegungs-, Miet- oder Kinderbetreuungszuschüsse. Das Jahresfestgehalt macht bei den befragten Führungskräften rund 95 Prozent des Bruttogesamtgehalts aus. Variable Gehaltskomponenten erhalten 34 Prozent der befragten Führungskräfte, der Median dieser variablen Vergütung liegt bei 4.500 Euro pro Jahr.
Weitere Einflussfaktoren, die die Studie untersucht hat, sind die Trägerschaft des Unternehmens, das Geschlecht der Führungskraft, deren Qualifikation und mögliche zusätzliche Organfunktionen (Geschäftsführung oder Vorstand). Alle diese Faktoren beeinflussen die Vergütung. So zeigt sich bei Einrichtungsleitungen ein Gender-Gap: Frauen verdienen im Median rund 13 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Führungskräfte, die neben der Einrichtungsleitung auch noch eine geschäftsführende oder Vorstandsfunktion innehaben, werden dagegen besser vergütet.
Die befragten Leitungskräfte freigemeinnütziger Träger erhalten im Median eine knapp sieben Prozent höhere Vergütung als ihre Kolleginnen und Kollegen aus privater Trägerschaft. Erwartungsgemäß verdienen Führungskräfte auch mehr, wenn sie eine höhere Qualifikation vorweisen können. Das gilt sowohl für den Schulabschluss (Einrichtungsleitungen mit Fachabitur oder allgemeiner Hochschulreife verdienen besser als jene mit einer mittleren Reife) als auch für den Abschluss der Ausbildung (ein Hochschulabschluss sorgt für bessere Vergütung gegenüber der Berufsausbildung). Die dargestellten Zusammenhänge können zwar jeweils auch in Teilen auf die Einrichtungsgröße zurückgeführt werden, lassen sich aber nicht vollständig dadurch erklären. Ein möglicher Anhaltspunkt für die höhere Vergütung bei freigemeinnützigen Trägern könnten deren jeweilige Tarifverträge sein.
Mit Blick auf die Zusatzleistungen ist unter den Einrichtungsleitungen insbesondere die betriebliche Altersversorgung verbreitet. Einen Arbeitgeberzuschuss zur Altersversorgung erhalten 65 Prozent der befragten Führungskräfte (in Form eines Arbeitgeberzuschusses zu Pensions- und Unterstützungskassen, Direkt- oder Lebensversicherungen). Weniger verbreitet sind Firmenwagen zur privaten Nutzung. Lediglich ein Drittel der Befragten bekommt einen solchen zur Verfügung gestellt.
Die Umfrage war sowohl an Einrichtungs- als auch an Pflegedienstleitungen (PDL) gerichtet. Aufgrund eines relativ geringen Rücklaufs von PDL werden die Ergebnisse für diese Position nicht in den allgemeinen Vergleich aufgenommen. Auch bei den PDL lässt sich ein struktureller Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Vergütung erkennen. Im Median beträgt das Bruttogesamtgehalt der befragten Pflegedienstleitungen 54.211 Euro und liegt damit rund 20 Prozent niedriger als das der Einrichtungsleitungen. Variable Vergütungsbestandteile spielen für die Befragten in dieser Position kaum mehr eine Rolle. Bei den hier vorliegenden Ergebnissen macht das Jahresfestgehalt 99 Prozent des Bruttogesamtgehalts aus.
Interessant ist die Beobachtung über die allgemeine Zufriedenheit der Einrichtungsleitungen mit ihrer Vergütung und ihrem Arbeitsplatz. Nur 57 Prozent, also etwas über die Hälfte der Befragten, geben an, ihre Vergütung als angemessen zu empfinden. Zugleich würden mehr als drei Viertel der Führungskräfte ihren Arbeitgeber weiterempfehlen und zwei Drittel geben an, im Großen und Ganzen zufrieden mit ihrem Arbeitsplatz zu sein. Arbeitgeber sollten also ihren Blick nicht nur auf die materiellen Vergütungsbestandteile richten, sondern auch weitere potenziell attraktivitätssteigernde Faktoren und nicht-monetäre Vergütungsbestandteile in Erwägung ziehen, beispielsweise flexible Arbeitszeitmodelle und Vertrauensarbeitszeit.