Stuttgart (epd). Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, appellieren die Kindertagesstätten in Deutschland an die Bundesländer, den Kita-Trägern mehr Spielraum bei der Besetzung von offenen Stellen einzuräumen. Unter anderem sollten pädagogisch weitergebildete Direkteinsteiger aus anderen Berufsfeldern und Quereinsteigerinnen leichter in die Kinderbetreuung wechseln können, schlägt die Arbeitsgruppe "Fachkräfte" im Deutschen Kitaverband in einem Positionspapier vor.
Die Arbeitsgruppe wirbt für multifunktionale Teams, in denen Direkteinsteiger oder Quereinsteiger mit "interessanten Vorerfahrungen" etwa als Biologe, Handwerker oder Sportpädagogin mit pädagogisch ausgebildetem Erziehungspersonal und Verwaltungsfachkräften zusammenarbeiten. "Kita-Teams müssen vielfältiger werden", sagte Kitaverbands-Vorsitzende Waltraud Weegmann.
Pädagogisch weitergebildeten Direkteinsteigern aus anderen Berufsfeldern oder Quereinsteiger brächten neue Themen in die Kitas und erschlössen den Kindern zusätzliche Wissensgebiete. Da die Kinder heute mit teils acht bis zehn Stunden täglich weit mehr Zeit in einer Kita als früher verbrächten, könnten die Mitarbeitenden aus anderen Berufen einen Teil des Alltags der Kinder mitgestalten. Zudem sollen mehr kaufmännische Kräfte die Erzieherinnen und Erzieher von Verwaltungsaufgaben entlasten.
Um mehr Akademiker für die Kinderbetreuung zu gewinnen, sprach sich der Verband außerdem für eine bessere Bezahlung studierter oder ausgebildeter Betreuerinnen aus. Zudem sollten die angehenden Betreuungs-Fachkräfte schon während des Studiums Praxiserfahrung in Kitas sammeln, ähnlich der dualen Ausbildung in anderen Berufen. Dabei müssten die Erziehungs-Aspiranten eine Ausbildungsvergütung erhalten. Dies würde die Ausbildung attraktiver machen, argumentierte Weegmann.
Die Qualifikationen der Fachkräften aus Deutschland und dem Ausland müssten zudem schnell, unbürokratisch und bundesweit einheitlich anerkannt werden, am besten über die Träger selbst, forderte Weegmann. Wer einmal anerkannt sei, dürfte in einem anderen Bundesland nicht noch einmal in eine Nachprüfung. Eine ähnliche Vereinfachung empfiehlt der Verband für pädagogische Kräfte, die im EU-Ausland eine Berechtigung zur Arbeit als Fachkraft in der Kindertagesbetreuung erworben haben.
Laut Kitaverband fehlen über 100.000 Erzieherinnen und Erzieher. Durch Corona habe sich die Lage verschärft, da geschätzt rund 10 Prozent der Kindergarten-Kollegen vom Alter oder durch Vorerkrankungen als Risikogruppe derzeit nicht arbeiten könnten. Dem gesetzlichen Anspruch auf einen Kita-Platz je Kind könnten viele Einrichtungen nicht mehr nachkommen.
Dabei strebt der Kitaverband einen Mindespersonalschlüssel für Kinder unter drei Jahren von 1:3 an, bei Kindern über drei Jahren von 1:7 und im Hort von 1:12.
Bei einer Lockerung der Einstellungskriterien empfiehlt der Kitaverband 10 Prozent pädagogische Akademiker, 50 Prozent pädagogische Fachkräfte, 20 Prozent Pädagoginnen in Ausbildung, 10 Prozent Quereinsteigerinnen oder Spezialisten aus anderen Berufen sowie 10 Prozent Unterstützungskräfte etwa zur Entlastung von Verwaltungsaufgaben.