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Niedersachsen

Befragung der Pflegekräfte verzögert sich weiter



Das Drama um die Evaluation der Pflegekammer Niedersachsen geht weiter. Bis die Gerichte in letzter Instanz entschieden haben, setzt das Sozialministerium die Befragung der Pflegekräfte aus.

Die Befragung der rund 78.000 Mitgliedern der Pflegekammer Niedersachsen verzögert sich weiter. Das Verwaltungsgericht Hannover lehnte am 23. Juli einen Eilantrag eines Mitglieds ab, das die Weitergabe seiner Adressdaten an den Versanddienstleister verhindern wollte, sagte ein Sprecher des Gerichts dem Evangelischen Pressedienst (Az. 10 B 3846/20). Dennoch kann die Befragung nicht erneut anlaufen.

Einem Sprecher des Sozialministeriums zufolge hat der Kläger eine Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angekündigt. Darum werde bis zu einer Entscheidung in letzter Instanz die Befragung ausgesetzt. Die Präsidentin der Pflegekammer, Nadya Klarmann, forderte Rechts- und Planungssicherheit ein.

Datenleck stoppte Umfrage

Die nach einem Datenleck Anfang Juni abgebrochene Befragung zur Zukunft der Pflegekammer war am Dienstag mit einem überarbeiteten 14-seitigen Fragebogen erneut gestartet worden. Wenige Stunden später stoppte das auftraggebende Sozialministerium auf Bitten des Verwaltungsgerichts die Evaluation bereits wieder. Das Ergebnis der Befragung soll für die Landesregierung politisch bindend sein.

Das Gericht wies alle Bedenken des Antragstellers zurück. Das Sozialministerium habe die Daten des Antragstellers beim Versanddienstleister gelöscht und angeboten, über einen individuellen Zugangscode sicherzustellen, dass der Antragsteller trotzdem an der Befragung teilnehmen kann. Damit seien seine Rechte gewahrt. Auch könne er nicht für die übrigen Mitglieder der Pflegekammer den Datenschutz einfordern.

Kammer: Nerven werden strapaziert

Weil das Sozialministerium die Befragung vornehme, sei allenfalls die Pflegekammer in ihrem Selbstverwaltungsrecht betroffen, hieß es. Dagegen vorzugehen sei jedoch eine Angelegenheit der Kammer und nicht des Antragstellers.

Kammerpräsidentin Klarmann sagte: "Dieses hin und her um die weitere Zukunft der Pflegekammer zehrt an den Nerven." Die inhaltliche Arbeit der Kammer dürfe nicht länger durch eine zermürbende Diskussion um ihre weitere Existenz gelähmt werden. Die Kammer müsse für ihre Arbeit wissen, wie es für sie weitergeht: "Dazu gehört auch, dass uns die vom Land Niedersachsen zugesicherte Anschubfinanzierung endlich ausgezahlt wird."

Die Pflegekammer Niedersachsen besteht seit 2017, sie ist die dritte und größte ihrer Art in Deutschland. SPD und CDU hatten die Evaluation der Kammer im Koalitionsvertrag zur Hälfte der Legislaturperiode vereinbart. Seit der Gründung war es immer wieder zu Protesten gegen die Einrichtung gekommen. Der Widerstand richtete sich gegen die Zwangsmitgliedschaft und Pflichtbeiträge. Mitte Juni hatten sich Kammer und Landesregierung darauf geeinigt, dass für das Jahr 2020 keine Beiträge erhoben werden.

Jörg Nielsen