sozial-Politik

Corona-Krise

Millionen US-Bürger verlieren ihre Krankenversicherung



Die Corona-Krise trifft die USA schwer. In dem Land sind nicht nur weltweit die meisten Infizierten registriert. Millionen Beschäftigte werden entlassen. Besonders dramatisch: Wer seinen Job verliert, kann auch seine Krankenversicherung verlieren.

Mit der Corona-Pandemie steigt in den USA die Arbeitslosigkeit. Job-Verlust bedeutet für viele Amerikaner auch Verlust der Krankenversicherung, denn etwa die Hälfte der Versicherten ist über den Arbeitgeber versichert. "Medicaid", die staatliche Versicherung für die Einkommensschwächsten, sowie das vor zehn Jahren eingeführte Versicherungssystem "Obamacare" sollen die Betroffenen auffangen. Doch Barack Obamas Reform wird von seinem Amtsnachfolger Donald Trump angefeindet.

Die Gesundheitsversorgung ist in den USA selbst in guten Zeiten ein Flickenteppich. Das gewerkschaftsnahe Wirtschaftsinstitut "Economic Policy Institute" kommt zu dem Schluss, dass rund 3,5 Millionen Menschen wegen Entlassungen in der zweiten Märzhälfte ihre Krankenversicherung verloren haben. In diesem Zeitraum haben sich nach Angaben des Instituts fast neun Millionen arbeitslos gemeldet.

Große regionale Unterschiede

Wer Versicherungsschutz vom Arbeitgeber verliert, hat die Möglichkeit, wenn er sich das leisten kann, die Versicherungsprämien eine Zeit lang selber weiterzuzahlen. Oder er kann mit Hilfe der von Obamacare eingerichteten "Versicherungsbörsen" eine Police kaufen. Der Staat zahlt dabei Geringverdienern einen Teil der Prämien.

Eine weitere Möglichkeit ist Medicaid. Hier können die Bundesstaaten die Einkommensgrenzen festlegen, ab der Medicaid greift. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen republikanisch regierten Bundesstaaten und Bundesstaaten, in denen die Demokarten die Mehrheit haben. So kann sich im demokratischen Maryland über Medicaid versichern, wer im Monat weniger als 1.468 Dollar verdient. Im republikanischen Bundesstaat Mississippi liegt die Grenze hingegen bei 2.116 Dollar.

Versicherungsbörsen unterscheiden sich von Staat zu Staat. In einem Dutzend demokratischer Bundesstaaten haben die Börsen wegen Corona die normalerweise auf sechs bis acht Wochen begrenzte Anmeldefrist verlängert. Die nationale Versicherungsbörse healthcare.gov, die in den meisten der 50 Staaten zuständig ist, hat das nicht getan. Noch ist nicht absehbar, ob und wie schnell die Ämter bei der Versicherung und bei der Arbeitslosenhilfe mit der Nachfrage fertig werden - und folglich arbeitslos gewordene US-Bürger krankenversichert bleiben können.

Steiler Anstieg der Arbeitslosenrate

Finanzminister Steve Mnuchin hat laut Informationsdienst thehill.com angekündigt, die Arbeitslosenrate könnte wegen der Corona-Krise auf 20 Prozent ansteigen. Im Januar lag sie bei 3,5 Prozent. Eine Analyse der Notenbank warnte vor einem Anstieg auf 32 Prozent.

Krankenhäuser sind in den USA verpflichtet, in dringenden Fällen Patienten zu behandeln - egal wie sie versichert sind. Entweder die Krankenhäuser bleiben auf den Kosten sitzen, oder die Patienten werden hinterher zur Kasse gebeten.

"Obamacare" ist einer der großen politischen Streitpunkte in den USA. Seit Verabschiedung des Gesetzes 2010 ist der Anteil der Nichtversicherten zwischen 19 bis 65 Jahren von 20 Prozent auf zwölf Prozent zurückgegangen. Trump hat mehrmals angekündigt, er wolle das Gesetz abschaffen. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums argumentieren Politiker um Präsidentschaftsanwärter Bernie Sanders, die Corona-Krise führe vor, dass die USA eine umfassende staatliche Versicherung brauchen. Für 2021 wird mit einem starken Anstieg der Krankenversicherungskosten gerechnet.

Konrad Ege