Berlin (epd). Der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe - Frauen gegen Gewalt (bff) kritisiert den Gesetzentwurf der Bundesregierung über das Soziale Entschädigungsrecht (SER). Nicht alle Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung Erwachsener seien darin eindeutig umfasst, teilte der Verband am 29. Oktober in Berlin mit. Er sieht die Gefahr, dass Frauen nach sexualisierter Gewalt von Leistungen ausgeschlossen werden.
Viele betroffene Frauen machten die Erfahrung, dass ihre Anträge auf Entschädigungsleistungen abgelehnt werden. Besonders problematisch sei der zu erbringende Nachweis von Ursachen und Folgen einer Gewalttat. "Die im Referentenentwurf aufgenommene Vermutungsregel ist unverzichtbar, sollte aber auch für psychosomatische Folgen gelten", erklärte die Frauenorganisation.
Betroffene hätten auch weiterhin keine Rechtssicherheit bei sexuellen Übergriffen ohne zusätzliche Gewaltanwendung. In Deutschland gelte im Strafrecht "Nein heißt Nein", dieser Grundsatz müsse auch im Entschädigungsrecht umgesetzt werden. Der Verband begrüßte, dass der Regierungsentwurf auch Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung Minderjähriger umfasst.
Anträge auf Entschädigung würden meist abgelehnt, wenn Frauen sich nicht aus der gewalttätigen Beziehung herausbegeben. Es werde ihnen dann eine Mitschuld an der erlebten Gewalt gegeben.
Weil das geplante Gesetz erst ab 2024 gilt, kämen die Regelungen für viele Opfer zu spät. Taten, die zwischen 2020 und 2024 verübt werden, würden noch nach dem alten Recht beurteilt. "Es braucht daher eine Regel zu rückwirkenden Entschädigungsleistungen", fordert der Frauenverband.