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Verband: Häusliche Pflege bedeutet höheres Armutsrisiko für Frauen




Frau bei der häuslichen Pflege
epd-bild/Werner Krüper
Ein Pflegefall in der Familie erhöht das Armutsrisiko von Frauen, denn sie sind es meistens, die die Pflege übernehmen. Dafür treten sie im Beruf kürzer oder geben ihn auf. Der Sozialverband Deutschland fordert einen finanziellen Ausgleich.

Töchter, Schwiegertöchter, Ehefrauen: Wenn es in der Familie einen Pflegefall gibt, sind es zu 70 Prozent Frauen, die sich zu Hause um den Angehörigen kümmern. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) warnte am 29. Oktober in Berlin vor den Folgen. Häusliche Pflege trage zur Altersarmut von Frauen bei, bilanzierte Verbandschef Adolf Bauer und forderte einen finanziellen Ausgleich analog zum Elterngeld nach der Geburt eines Kindes. Die Zukunft von rund drei Millionen pflegender Frauen bereite ihm ernste Sorge, sagte Bauer.

Der Verband präsentierte ein Gutachten, wonach schon sechs Monate Unterbrechung der Berufsarbeit einen dauerhaften Lohnverlust von neun Prozent bedeuten. Bei einem Jahr Unterbrechung wächst die Lohnlücke im Vergleich zu ununterbrochener Berufstätigkeit auf 15 Prozent. Die Unterbrechung oder Einschränkung der Erwerbsarbeit wirkt sich finanziell umso negativer aus, je später im Lebenslauf sie erfolgt, da Frauen und Männer im Durchschnitt erst mit 55 Jahren das höchste Lohnniveau ihrer Berufslaufbahn erreichen. Das ist dann auch das Alter, in dem die Pflege der Eltern oder Schwiegereltern wahrscheinlicher wird.

Kein Ausgleich für Einkommensverluste

Weitere Folgen unterbrochener oder eingeschränkter Berufsarbeit sind niedrigere Rentenansprüche und mehr Altersarmut. Zwar gehen zwei Drittel (65 Prozent) der pflegenden Frauen weiter ihrer Erwerbsarbeit nach, doch arbeiten sie in der Regel Teilzeit. Im Durchschnitt sind sie den Angaben zufolge 21 Stunden pro Woche mit der Pflege beschäftigt. Insgesamt pflegen derzeit rund 4,5 Millionen Menschen in Deutschland zu Hause einen Angehörigen, mehr als zwei Drittel sind Frauen.

Laut der Studie im Auftrag des SoVD werden die staatlichen Hilfen nicht gut angenommen und reichen nicht aus. Die Rentenpunkte für pflegende Angehörige kompensierten die Einkommensverluste nicht. Das zinslose Darlehen zur Überbrückung von Pflegezeiten werde kaum angenommen. Eine Lohnersatzleistung analog zum Elterngeld könne hingegen die Einkommenssituation der pflegenden Frauen verbessern und dazu führen, dass mehr Männer die Pflege übernehmen.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat ein Familienpflegegeld analog zum Elterngeld ins Gespräch gebracht, zugleich aber erklärt, das sei ein Zukunftsprojekt. Die Koalition von Union und SPD hat dazu keine Vereinbarungen getroffen.

Bettina Markmeyer